12. Januar 1970: Mini-Wasalauf um den Entenberg

12.1.2020, 08:05 Uhr
12. Januar 1970: Mini-Wasalauf um den Entenberg

© Contino

547 Frühaufsteher hatten ihre Bretter eingepackt, um sich eine eisig verschneite Winterlandschaft im Langlauf zu erwandern. Und sie wurden alle für ihre kühne Entscheidung reichlich belohnt. Nach dem grauen Vortag mit Eisregen begrüßte die Hobby-Sportler eine strahlende Sonne und ein weiß-blauer Himmel. Der Deutsche Ski-Club Nürnberg gewann die Wette mit dem Wettergott. Unaufhörlich hatte am Samstag beim Vorsitzenden Günter Ludwig das Telefon geklingelt. Skiläufer wollten wissen, ob der Termin für den Volksskilauf in Anbetracht der Wetterlage nicht verschoben wird. Doch es blieb dabei – auf Treu und Glauben.

Start bei Sonnenaufgang

Bereits bei Sonnenaufgang machten sich die Mitglieder auf den Weg, um die verharschte Piste einzulaufen und zu präparieren. Punkt acht Uhr zahlten die ersten Teilnehmer im Gasthaus in Oberhaidelbach ihr Nenngeld. Die Startzeit durften sie sich zwischen neun und elf selbst wählen. Der jüngste Skiläufer war erst sieben Jahre alt, der älteste bereits 69. Eine Familie kam sogar aus Berlin angeflogen, um in Franken skizuwandern. Andere reisten aus München, Regensburg und dem Harz an.

„Naß“ ist zünftig

Sieht man von einigen ehrgeizigen Langlaufexperten ab, die sich‘s nicht nehmen ließen, auch bei einem Volkslauf „in sportlich“ zu machen, so gaben doch die skiläuferischen Dilettanten den Ton an. Jeder nach seinem Geschmack: Trainingsanzüge und Bundhosen, schnittige Langlaufskier und betagte „Selbstgestrickte“ waren zu sehen; in Spezial- und reinen Abfahrtsbindungen bemühte man sich um den rechten Halt. Zu unverhofften Ehren kam der gute alte Kabelzug, und so mancher stolze Step-Besitzer quälte sich schwitzend und fluchend über die 17 Kilometer lange Loipe, die sich nach den ersten 50 Durchgängen im schönsten Pulverschnee präsentierte.

Aber die Zeit spielte diesmal wirklich keine Rolle und kostete für schnell und langsam gleich viel. Draufgezahlt haben höchstens einige wenige, die sich mit einem ängstlichen Hopser in den tiefen Schnee vor den wie Lokomotiven schnaufenden und dampfenden „Verfolgern“ in Sicherheit bringen mußten. Meist genügte der kurze Ruf ,,hepp“ und die Langsamläufer sprangen. Ein bißchen naß zu werden, auch wenn der Schnee einmal in die Hose rutscht, gilt in Skifahrerkreisen ja als zünftig.

1971 offenes Rennen

In fünf Stunden – die angegebene Sollzeit benötigte fast keiner, – waren vier Kontrollpunkte zu passieren. Der schnellste Läufer bewältigte die Strecke rund um den Entenberg in einer Stunde und zehn Minuten – doch das war einsame Sonderklasse. Als die tapferen Wandersleut das Ziel erreichten, wurden sie für ihre Leistung mit der Volksskilauf-Plakette in Bronze und mit einem Becher Erbsensuppe aus der Gulaschkanone der Bereitschaftspolizei belohnt.

Etwa 200 Skiläufer erkämpften sich die silberne Nadel – sie hatten bereits am 1. Lauf im letzten Jahr teilgenommen. Für den nächsten Volksskilauf 1971 plant der Deutsche Skiclub Nürnberg ein offenes Rennen der Rennläuferklasse. Die Langlaufexperten sollen dann eine Viertelstunde früher auf die Strecke geschickt werden, bevor die gemütliche Gruppe – „dabei sein ist alles“ – folgt.

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