9. Februar 1970: Blitz und Witz

9.2.2020, 07:00 Uhr
9. Februar 1970: Blitz und Witz

© Ulrich

Die Nürnberger sind dieses nicht gewöhnt und blieben deshalb scharenweise zu Hause. Diejenigen, die da doch gekommen waren und sich einen gar gewaltigen Lustgewinn versprachen, die dachten im Innersten ihres Herzens an das schöne Lied vom Schalerl Kaffee auf dem Kanapee und beweinten ihre kalten und nassen Füße.

Am Hauptmarkt stand schon etliches Volk herum. Es ist Chronistenpflicht, die-ses zu vermelden. In Zweier-, sogar bis zu Dreierreihen wurde die Straße der Lustigkeit gesäumt. Von der Terrasse am Kröll-Cafe erklang munteres deutsches Liedgut, wie der treue Husar, der aber auch die Frage nicht beantwortete, wer das alles bezahlen soll. Ein Faschingsgewaltiger mit Orden und buntem Hut begrüßte von da jeden einzelnen Wagen. Manchen aber auch nicht, der hoffentlich dessenthalben nicht beleidigt ist.

Narren hatten es schwer

Das Wetter schien ein Einsehen zu haben, als sich die Spitze des Zuges über den Hauptmarkt wand. Kurzfristig setzte der batzige Segen von oben aus und die gräuslichen Druden aus Medine (Schopfloch) und aus vielen anderen Orten, wo altes Brauchtum noch gepflegt wird, ritten ihre Besen auf dem Trockenen. Am Anfang kam Folklore und da war schon so manches Lustige dabei. Die Necker und Dämonen aus Kipfenberg beispielsweise oder die Benneberggeister atis Neresheim. Die Schwanenritter und ihre Burgfrauen waren diesmal zu Fuß. Wahrscheinlich taten ihnen die Pferde leid.

Sie hatten es heuer nicht leicht, die professionellen Nürnberger Gaudiherrschaften.

Bei diesem Wetter auch noch fröhlich sein – das war schon höhere Kunst. Die bunten Fräcke der Elfer und Präsidenten troffen vor Nässe, an Röckchen und Miedern der Gardemädchen wippte nichts mehr. Nur die ganz Unentwegten hatten ihre farblichen und sonstigen Reize nicht im dicken Wintermantel versteckt. Die Akustik allerdings war gut. Wer sich nicht den Schnupfen vom Wetter holte, rief sich wenigstens die Kehle heiser.

Die Zuschauer waren da schon zurückhaltender. Der eine oder andere lustige Hut befand sich zwar auf des einen oder anderen Kopf – daß jedoch jemand entlang dem Zug „Ahaa“ gerufen haben soll, wird als Gerücht energisch zurückgewiesen. Schnapsflaschen kreisten und am meisten amüsierten sich noch die Kinder.

Weniger über die Schönheiten des Zuges. Ihnen kam es auf die Bonbons an, die in diesem Jahr nachgerade verschwenderisch aus den Wagen geworfen wurden. Ein flinker und wendiger Knabe konnte gestern leicht ein paar Pfund Süßigkeiten nach Hause tragen. Meistens fielen die Naschereien auf die aufgespannten Regenschirme, so daß sich zum Schneetreiben das Gefühl gesellte, es hagelt auch noch. Der politische und kommunale Witz war im fränkischen Fastnachtszug kaum vertreten. Vielleicht sollte man hier den Kölnern und Mainzern ganz den Vortritt lassen. Und sich dafür noch mehr, als das bisher dankenswerter- und auch lustigerweise schon geschieht, der Folklore zuwenden.

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