Bäcker Herbert Gugel: „Wir wollen, dass es schmeckt“

16.12.2020, 12:40 Uhr
Bäcker Herbert Gugel: <strong>„Wir wollen, dass es schmeckt“</strong>

© Gesa Prophet

Herbert Gugel steht in seiner Backstube in Herpersdorf. Jeder Griff sitzt, wenn er den Brotteig aus der Knetmaschine holt und auf dem Holztisch beidhändig zu makellosen Laiben formt. Der Duft von frischem Gebäck liegt in der Luft. Schon mit 14 Jahren half Herbert Gugel in der Backstube seiner Eltern mit. Er ist in den Beruf des Bäckers hineingewachsen. Auch sein Sohn, Sebastian Gugel, möchte einmal den Betrieb übernehmen. Das ist nicht selbstverständlich – viele Bäckereien finden keinen Nachfolger.

Ganz verschwinden werden die kleinen Bäckereien laut Markus Döllner nicht. Er ist der Obermeister der Bäcker-Innung Nürnberg. „Mittlerweile ist die breite Masse gut aufgestellt“, sagt er. Kleine Bäckereien müssten sich anders positionieren auf dem Markt, wenn der Discounter und der Großbäcker auf der anderen Straßenseite sind.

„Man muss das Handwerkliche herausstellen“, sagt Döllner. Dafür kommen die Kunden auch von weiter her. Trotzdem ist der Rückgang der backenden Betriebe eindeutig. 1990 waren es noch über 100 Bäckereien in Nürnberg und Umgebung, heute hat die Innung nur noch 41 Mitglieder.

Bäcker-Quiz


Sie haben ja die Bäckerei Ihrer Eltern übernommen, kam kein anderer Beruf in Frage?

Gugel: Nein. Ich war schon als 14-jähriger Bub samstags in der Backstube und habe mitgeholfen. Dann habe ich woanders gelernt und hier schließlich den Betrieb von meinen Eltern übernommen.

Warum haben Sie nicht direkt hier gelernt?

Gugel: Da hatte mein Bruder noch das Geschäft. Viele haben gesagt, es wäre besser, wenn man woanders lernt und nicht im Familienbetrieb.

Ihren Sohn haben Sie aber selbst hier ausgebildet.

Gugel: Ja, wir wussten, was wir an ihm haben. Es gibt viele, die wegen ein bisschen Bauchweh zuhause bleiben. Aber unser Sohn nicht. Er war kein einziges Mal krank. Wieso sollte man so jemanden verschenken?

Wie viele Mitarbeiter haben Sie denn insgesamt?

Gugel: Wir sind zu viert in der Backstube und vier im Laden vorne. Samstags helfen noch zwei weitere Kolleginnen im Laden aus.

Hier in der Backstube stehen viele Maschinen. Arbeiten Sie grundsätzlich mehr mit den Maschinen oder auch noch viel mit den Händen?

Gugel: Beides. Wir mussten früher in der Schule noch lernen, Teige mit der Hand zu machen. Heute helfen uns die Maschinen dabei. Die „eisernen Gesellen“ hat mein Vater sie genannt. Die muss man auch pflegen. Auswiegen, Rundmachen, Formen – das müssen wir mit der Hand machen.

Wie sieht denn ein normaler Tag für Sie aus?

Gugel: Montag haben wir frei. Dienstag bis Freitag stehe ich um halb eins auf und bin um acht Uhr ungefähr fertig. Dann mache ich Büroarbeiten und nachmittags räume ich noch zwei Stunden auf. Ins Bett geht es nach dem Mittagessen, so um halb eins bis vier Uhr. Und abends kommt es darauf an, wie lange der Film ist und wie lange wir schauen wollen. Aber es gibt ja jetzt Plattformen, wo man den Film einfach stoppen und am nächsten Tag schauen kann (lacht).

War dieser Tagesablauf für Sie als Jugendlicher ein Problem? Hatten Sie Angst, irgendetwas zu verpassen?

Gugel: Nein, gar nicht. Ich bin auch am Wochenende ausgegangen. Ich hatte einen Freund, der selbst Schnaps gebrannt hat. Mit dem war ich einmal unterwegs und kam Sonntag um acht Uhr morgens nach Hause. Mein Vater ist dann aufgestanden und in die Kirche gegangen (lacht).

Was gefällt Ihnen denn besonders gut an Ihrem Beruf?

Gugel: Dass man etwas kreiert. Wenn die Leute kommen und wir sehen, dass es ihnen schmeckt.

Gibt es auch etwas, das hnen nicht gefällt?

Gugel: Da gibt es nichts. Der Beruf muss einem Spaß machen. Es gibt vieles, wie das frühe Aufstehen, die körperliche Arbeit, überall Dampf – das muss Spaß machen, sonst ist man fehl am Platz.

Bilden Sie selbst aus?

Gugel: Ja, zurzeit ist nur ein Azubi im Verkauf. Er ist der einzige in ganz Nürnberg im ersten Lehrjahr. Zu ihm haben wir gesagt: „Du hast den Vorteil, du bist immer der beste Schüler“. Im September werde ich wahrscheinlich wieder einen nehmen. Der hat hier schon ein Schnupperpraktikum gemacht.

In der Backstube haben Sie zurzeit keinen Azubi. Warum wollen immer weniger die Ausbildung zum Bäcker antreten?

Gugel: Es kann am frühen Aufstehen liegen, an den Arbeitszeiten. Es ist nicht nur im Bäckerhandwerk so, es betrifft generell das Handwerk. Die meisten wollen heute studieren.

Also Sie denken: es ist generell ein Problem in Handwerksberufen.

Gugel: Ja, das zum einen. Außerdem gibt es nicht mehr viele backende Betriebe. Als der Laden noch meinem Vater gehörte, gab es in einem Eck vier Bäcker. Jetzt gibt es viel mehr große Filialen mit einem Betrieb, wo gebacken wird, und ganz vielen Verkaufsstellen.

Sind diese Filialen für Sie große Konkurrenten?

Gugel: Ein Kunde kam mal zu meiner Frau in den Laden und hat gefragt, ob sie den Slogan vom Großbäcker gegenüber kennt. „Man schmeckt den Unterschied“. Er hat dann gesagt: „Deswegen komme ich zu Ihnen.“ Wir essen selbst auch unsere Reste und werfen nichts weg. Wir wollen, dass es schmeckt.

Wissen Sie, wie es anderen Bäckern geht?

Gugel: Also die Bäcker, die Cafés oder Hotels beliefern, hatten jetzt durch die Krise schon zu kämpfen. Wir selbst liefern nur an eine Metzgerei, die die Semmeln auch weiterhin gebraucht hat. Wir hatten also Glück. Aber es gab viele, die zu kämpfen hatten.

Wie sehen Sie den Beruf in der Zukunft?

Gugel: Die Leute schauen wieder mehr auf Natürliches. Ich glaube, dass es wieder anders wird. Vor allem jetzt mit der Krise sind die Leute ganz anders. Sie merken wieder: hier ist es auch schön, man muss nicht in weite Ferne schweifen.

Was könnte den Beruf attraktiver für junge Leute machen?

Gugel: Die Leute wollen früh ihre Semmeln, da kann man nichts ändern. Wir können nicht nachmittags anfangen. Ich weiß nicht, wieso die Jugend den Beruf nicht ergreifen möchte. Man kann kreativ sein, hat Möglichkeiten, Neues zu machen, etwas zu entwickeln. Mein Sohn ist die Ausnahme. Er war schon im Laufstall vorne im Laden dabei. Er ist da hineingewachsen.

Lässt sich Ihr Beruf mit dem Familienleben gut vereinbaren?

Gugel: Da meine Frau mitmacht, geht es. Wir haben den gemeinsamen Betrieb. Unter der Woche haben wir zwar verschiedene Arbeitszeiten. Aber das Wochenende haben wir dann für uns.


Er ist die Zukunft

Auch die nächste Generation arbeitet bereits im Familienbetrieb mit: Sebastian Gugel. Er war schon als Kind immer mit dabei, machte die Ausbildung bei seinem Vater in der Backstube und möchte eines Tages das Geschäft übernehmen. „Zu sehen, was alles aus einem kleinen Teig entstehen kann“, fasziniert ihn besonders am Beruf. Heutzutage erlernen wenige junge Leute den Beruf des Bäckers. Sebastian Gugel ist die Ausnahme. Doch er kennt die Gründe: „Einerseits geht es ums Geld, man verdient nicht so viel. Andererseits wahrscheinlich das frühe Aufstehen. Viele gehen feiern um die Uhrzeit.“ Für den jungen Bäcker ist das allerdings kein Problem. Er macht samstags oder sonntags die Clubs der Umgebung unsicher. „Meine Freunde kennen mich nicht anders.“ Momentan arbeitet er zusätzlich im Verkauf. Dort trifft der Bäckersohn viele bekannte Gesichter, die bei ihm einkaufen. Darunter auch viele seiner Freunde. „Da macht es immer Spaß, zu quatschen. Das ist das Schöne bei uns.“

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