Ob Fleisch oder Brot: Was einen Sommelier ausmacht
07.01.2021, 15:12 Uhr"Ein Fleischsommelier ist genau wie jeder andere Sommelier ein Botschafter, ein Genussbotschafter.", erklärt Dirk Freyberger, Fleischsommelier und Metzgermeister aus Nürnberg. Sein Beruf wird sofort mit Feinschmeckern und Wein verbunden, dabei steckt noch viel mehr dahinter. Zwar sind die Fachrichtungen breit gefächert, so sind manche Sommeliers seltener zu finden als andere. Während gerade Wein- und Biersommeliers stärker vertreten sind, gibt es gerade einmal 80 Brotsommeliers in Deutschland und einen davon findet man schon in Schwabach. Ähnlich ist es mit einem Fachmann für Gewürze. Sven Freyberger ist einer von 140 Gewürzsommeliers, die sich um Pfeffer, Kräuter und Co. kümmern.
Das Tätigkeitsfeld ist dabei weit mehr als die Beratung des Gastes am Tisch. Beim Fleischsommelier fängt es schon vor der Schlachtung an. Dabei steht das Tier im Mittelpunkt, also die unterschiedlichen Anforderungen an Haltung und Fütterung, welche Einfluss auf den späteren Geschmack haben. Auch die weitere Verarbeitung des Fleisches gehört dazu. Wo finde ich beispielsweise welches Stück Fleisch am Rind und wie verarbeite ich es am Besten?
Bei einem Butterbrot kann man nicht viel falsch machen. Und trotzdem steht und fällt es am Brot. Gerade da lässt sich da viel experimentieren. Dazu erzählt Brotsommelier Gerd Distler: "Also erstmal überleg ich mir was. Da steh ich dann auch mal alleine in der Bäckerei und probiere herum, rede auch mal mit den Kollegen und lasse die mal probieren." So verwendet Distler auch alte Rezepte, welche heute kaum noch verwendet werden und entwickelt diese weiter.
Wasser ist nicht gleich Wasser
Dabei muss der Sommelier auch auf die Anforderungen des Gastes an das Produkt einstellen. "Ein Sportler braucht ein Wasser mit Magnesium und einem höheren Mineralgehalt.", so Harald Schuster, Wassersommelier bei der Brauerei Pyraser. Beim Wasser spielt daher der Ursprungsort eine große Rolle, da dieser Einfluss auf den Mineralgehalt hat. Manchmal geht es aber auch um die Verbindung von Getränk und Essen. David Hertl, Biersommelier und Braumeister erzählt dazu: "Du hast eine Vorgabe, z. B. das Fleisch. Es stellt sich die Frage: Welches Getränk passt? Dabei ist es wichtig zu beachten, dass eins von den beiden geschmacklich gepusht werden soll, aber man beide schmecken muss." Bezeichnet wird dies als Foodpairing und ist essentiell im Beruf des Sommeliers.
Denn gerade das richtige Genießen bzw. Schmecken ist Teil der Ausbildung des Sommeliers. Wichtig sind aber auch der Anbau und die Herstellung, sowie Gläserkunde, Getränkekunde und betriebswirtschaftliche Grundlagen. Dabei muss man Wein- und Biersommeliers getrennt betrachten. Die Ausbildung des letzteren dauert zwei Wochen und die des Weinsommeliers fünf Jahre und ist IHK-geprüft. Die Voraussetzungen für den IHK-geprüften Sommelier sind eine abgeschlossene Ausbildung oder mindestens fünf Jahre Berufserfahrung in der Gastronomie. Letztendlich muss ja auch sichergestellt werden, dass der Genussbotschaft seine Produkte auch gut vertreten kann.
Den Gewürzsommelier mal genauer aufs Korn genommen
Sven Freyberger ist Gewürzsommelier und Metzgermeister. Zusammen mit seinem Bruder betreibt er die vom Großvater geerbte Metzgerei Freyberger. Im Interview mit Lukas Schreiner erzählt er alles über den Beruf des Gewürzsommeliers.
Lukas Schreiner: Wie kommt man auf die Idee Gewürzsommelier zu werden?
Sven Freyberger: Die Idee zum Sommelier ist in den letzten fünf bis acht Jahren aufgekommen. Mir ging es um das Hintergrundwissen zum Produkt und das Bewusstsein dafür. Beim Fleischsommelier beispielsweise sieht man das Fleisch von einer neuen Seite. Das ist mit den Gewürzen genauso. Nur gibt es da eine größere Vielfalt. Da geht es von Tee und Gewürzhändler über Koch, Bäcker bis hin zur Industrie. Wichtig sind einfach das Aroma und der Geschmack.
Lukas Schreiner: Wie wird man Gewürzsommelier?
Sven Freyberger: Es gibt dazu Schulungen. Ich hab mich da für ein Stipendium beworben und wurde angenommen. Das ist nur für Metzger ausgeschrieben und normalerweise würde die Ausbildung zwischen 3.000,- und 4.000,-€ kosten. Der Kurs war dann siebenmal zwei Tage Unterricht in Vollzeit mit Sommelierabend und Abschlussprüfung.
Lukas Schreiner: Und um was geht es dann in der Ausbildung?
Sven Freyberger: Inhaltlich ging es um Themen wie Sensorik, Warenkunde, Hintergrundwissen, die Erzeugung, aber auch die Geschichte.
Lukas Schreiner: Moment, was ist denn mit Geschichte gemeint? Das hat doch eigentlich eher weniger mit dem Umgang von Gewürzen zu tun.
Sven Freyberger: Das stimmt so nicht ganz. Der Beruf Sommelier hat geschichtlich mit dem Transport zu tun. Da fand ja viel über die Seidenstraße statt. Darauf unterwegs waren Händler, die ihre Waren transportieren wollten. Einer musste sich ja bei dem Transport um die Waren kümmern. Zum einen um sie vor Räubern und Wildtieren zu schützen, zum anderen musste die Ware richtig gelagert werden, damit sie beim Transport nicht beschädigt oder schlecht wird. Dadurch kannten sich die Händler mit den Produkten einfach aus. Das Wissen übertrug sich dann auch hier. Der Begriff Sommelier kommt wahrscheinlich daher auch von dem Begriff "Säumler".
Lukas Schreiner: Stichwort "Schlecht werden", was ist denn an Gepflogenheiten weit verbreitet, was man aber bei Gewürzen unbedingt vermeiden sollte?
Sven Freyberger: Da fällt mir sofort weißer Pfeffer ein. Pfeffer besteht aus zwei Teilen, einmal die Schale mit dem Aroma und der Schärfe und der Kern, welcher ohne Öl ist. Nachdem der weiße Pfeffer ja nur aus dem Kern besteht, ist er aus Sicht eines Sommeliers sinnlos, weil das gute Zeug ja in der Schale steckt. Das ist auch etwas, was jeder im Selbstversuch bemerken kann. Einfach mal einen hochwertigen Pfeffer in einem Mörser zerkleinern und probieren. Das schmeckt ganz anders, viel kräftiger. Auch die Lagerung in durchsichtigen Gläsern ist nicht gut. Das entzieht die Würzkraft, genauso wie Korkengläser
Lukas Schreiner: Was wäre dann die richtige Verpackung für die Lagerung?
Sven Freyberger: Abgeschlossene Dosen bzw. Blechdosen. Da kommt nichts rein und es geht auch nichts raus. Wichtiger ist aber: weniger kaufen, dafür aber mit mehr Qualität. Und sich einfach daran orientieren: Was benutze ich oft? Was benutze ich weniger? Klar ist es billiger, wenn ich in Masse kaufe, aber mir geht es ja um den Geschmack und es ist sinnvoller, auch mal das teure Gewürz in kleinen Mengen zu kaufen.
Lukas Schreiner: Also sollte man lieber Kräuter selbst anbauen oder kann man auf die Produkte aus der Dose vertrauen?
Sven Freyberger: Definitiv selber anbauen! Es hat den einfachen Effekt, dass man das Ergebnis ganz anders wertschätzt. Das ist auch die Aufgabe des Sommeliers, den Leuten zeigen, was passiert bis das Produkt bei uns landet und wie das die Verfügbarkeit beeinflusst. Man kriegt heute alles vorgesetzt. Da wird nichts mehr hinterfragt und man hat da kein eigenes Wissen. Dadurch geht dann auch manche Tradition verloren.
Lukas Schreiner: Was meinen Sie genau damit?
Sven Freyberger: Naja, beispielsweise Obst und Kräuter gehören ja auch zu den Gewürzen. In meiner Kindheit gab es Mandarinen nur an Weihnachten. Warum braucht es die den das ganze Jahr über? Oder beim Thema Fleisch. So ein richtiges Steak braucht eigentlich nur Salz und Pfeffer.
Klar sind viele Gewürze spannend, aber wird das auch gebraucht? Auch solche Sachen wie Industriesalz, also Salz das kein Wasser zieht. Da stellt sich mir die Frage: Warum? Warum muss ich billiges Gewürz kaufen? Man löffelt es ja nicht. In Betrieben ist das nochmal was anderes, aber als Privatperson fahre ich besser, wenn ich weniger, hochwertiger und frischer kaufe und damit auch nur saisonal. Wissen Sie wann und wie lange Erdbeeren eigentlich reif sind? Die gibt es eigentlich nur ein paar Wochen im April und trotzdem findet man ganzjährig im Supermarkt welche. Man verliert einfach die Wertschätzung und das muss man sich bei den Gewürzen vor Augen führen. Die Produkte dürfen und sollen deshalb auch ihren Preis haben.
Lukas Schreiner: Weniger ist mehr?
Sven Freyberger: Genau.
Lukas Schreiner: Hätten Sie denn noch zum Schluss einen Geheimtipp?
Sven Freyberger: Roter Kampot-Pfeffer, den frisch im Mörser mahlen und zusammen mit Salz auf ein Steak. Es gibt kaum was Besseres. Der ist aber nicht der rote Pfeffer aus der Pfeffermischung. Das sind eigentlich nur getrocknete Beeren und kein Pfeffer.
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