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11. Mai 1971: Im Mal-Zoo des Meisters

11.5.2021, 07:01 Uhr
11. Mai 1971: Im Mal-Zoo des Meisters

© Kammler

Jürgen Rohmeder, der das Studio einrichtete, ist der Ansicht, „daß große Kunstausstellungen ohne didaktische Gestaltung sich eines höheren Effizienzgrades berauben, der wegen der erheblichen Kosten. die aus der öffentlichen Hand bestritten werden, unbedingt zu fordern ist.“

Durch den Einsatz didaktischer Mittel will Rohmeder erreichen, daß die Besucher des Studios vielleicht über Dürer hinaus eine Schulung für die Betrachtung von Kunstwerken erfahren.

So wurde das Werk Dürers nach allen Regeln der Kunsthistorie zerlegt. Die Einzelteile finden sich auf einer Allee von Stellwänden wieder, die der Betrachter schrittweise zu einem Dürer-Erkenntnis-Puzzle zusammensetzen kann. Auf großen Fotos und in kleiner Schrift findet er eine Fülle von Informationen über die Arbeitstechnik Dürers, die Entstehungsprozesse seiner Bilder, kunsttheoretische Überlegungen und geistesgeschichtlicher Einflüsse.

So werden viele falsche Vorstellungen über Dürer korrigiert. Die „Betenden Hände“ werden in ihrem künstlerischen Kontext als Vorstudie zu dem „Heller Altar“ gezeigt. An ähnlichen Beispielen dokumentiert das Studio die genauen und präzisen Vorstudien, die den großen Werken des Malers vorangingen.

Ein ausgestopfter Hase, der zum „behutsamen Streicheln“ einlädt, leitet auf einen ganzen Zoo von Viechern über, die sich in Dürers Werken tummeln. Die Tiere sind einmal bildinhaltlich als Verkörperung von Dürers Ideen von der Natur und Übernatur anzusehen, zum anderen spielen sie in der Ikonographie eine große Rolle als Träger allegorischer Elemente.

Die didaktischen Leidensstationen dieses ungemein bildenden Kreuzweges werden durch einige spielerische Momente gemildert. Mehrere Perspektive-Apparate regen den Besucher an, sich auch einmal in diesem Metier zu versuchen. Verblüffung erregt die Demonstration der Spiegeltechnik, die Dürer zu seinen Selbstbildnissen benutzte.

In einem Proportionsnetz auf einem anderen Spiegel, kann der Betrachter seinen Kopf mit Dürerschen Entwürfen in Einklang bringen. Ein eigener „Spielraum“ soll vor allem jugendliche Besucher zur Betätigung animieren. Nach projezierten Vorlagen können sie Dürers Werke nachzeichnen oder aus Ausschneidebogen unfertige Bilder ergänzen. In kleinen Filmkojen werden Dürerfilme und Tonbild-Folgen gezeigt.

Am Ende des Dürer-Studios findet sich ein Zitat Albrecht Dürers: „Doch hüte sich ein jeglicher, von denen zu lernen, die da wohl von der Sache reden und daneben mit den Händen allweg sträfliche unrichtige Werke gemacht haben, denen ich viele gesehen habe. Denn wenn du ihnen folgst, so verführen sie dich, das bezeugt ihr Werk und ihre Unkunst.“

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