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5. Oktober 1971: Steuerzahler: „Jetzt reicht es“

5.10.2021, 07:00 Uhr
5. Oktober 1971: Steuerzahler: „Jetzt reicht es“

© NN

Die Organisation protestiert deshalb ab heute mit einer Plakat-Aktion gegen die neuen Gas-, Wasser- und Strompreise, gegen die höheren Gebühren, mit denen sich Nürnberg seine Leistungen entgelten läßt, sowie gegen den 360prozentigen Gewerbesteuer-Hebesatz. „Nürnberg stellt da immer neue, traurige Rekorde auf“, heißt der Vorwurf.

An die Stadträte richtet sich der Appell, endlich wie gute Hausväter die Ausgaben nach den Einnahmen zu richten und die Interessen der Bürger, nicht nur allein die der Verwaltung, wahrzunehmen.

Auf den gelb-rot-schwarzen Plakaten übt der Bund der Steuerzahler Kritik vor allem in sechs Punkten. Er attackiert wegen der Bemühungen der SPD-Fraktion, ein eigenes Schulreferat zu erschaffen, die Ämterflut. „Brauchen wir wirklich ein achtes, neuntes und zehntes Referat? Haben wir nicht schon genug und überbesetzte Behörden?“ Der Kommentar zum städtischen Krankenhaus lautet: „Planungsfehler über Planungsfehler!“

Die Bevölkerung wird erinnert an das ständig wachsende Defizit der städtischen Bühnen (1971: 13 Millionen DM; 1972: 15 Millionen DM), an das Hallenbad Süd („Mit 13 Millionen DM eines der teuersten Hallenbäder Deutschlands“) und an den geplanten Ausbau des Stadions für die Fußballweltmeisterschaft („Viel zu teure Lösung“). Auch das Kulturreferat wird erwähnt: „Skandale über Skandale: Arrabal, Dürer-Oper, Blechkunstwerke, Prozesse ...“

In der vom 20. September datierten, aber erst gestern verbreiteten Presseerklärung zur Plakataktion heißt es unter dem Motto: „Nürnberger – jetzt langt’s“: „Die Steuerzahler erbost dabei, daß die Mehrheit der Nürnberger Stadträte den Einflüsterungen der Verwaltung wie blind folgt und Nürnberg auf zahlreichen Gebieten bezüglich der Belastungen der Bürger in eine Spitzenstellung emporgetrieben worden ist, daß aber auf der anderen Seite doch immer wieder Geld für gewagte Projekte vorhanden ist.“

„Zu wenig Fachleute“

Im übrigen aber stellt der Bund der Steuerzahler fest: meiner Meinung nach treffe es nicht zu, daß Nürnberg zu wenig Geld habe. Vielmehr habe die Stadt nur das Sparen und das sorgsame Wirtschaften verlernt. Das gelte insbesondere für die Verwaltung, die – parteipolitisch durchsetzt und ohne die ausreichende Zahl von Fachleuten – immer wieder dem Stadtrat Vorschläge unterbreite, mit denen die Finanzlage mit Sicherheit verschlechtert werde.

Die Forderung, auf den Ausbau des Stadions zu verzichten, verknüpft die Organisation mit dem Verlangen nach Rationalisierung in der Verwaltung. „Nürnberg leistet sich noch immer den Luxus zu vieler und zu teurer Ämter, so beispielweise je ein Amt und einen Leiter für die Stadtbibliothek, das Stadtarchiv und die Stadtbücherei.

In der Erklärung wird außerdem darauf hingewiesen: „Während andere Städte private Bühnen fördern, um eigene, kostspielige Bühnen zu vermeiden, komme Nürnberg nicht von den Defiziten für die städtischen Bühnen los.“ Aber zu wenig Geld für Kindergärten“, meint der Steuerzahler-Bund auf seinem Protestplakat.

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