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3. November 1971: Historischer Mautkeller im neuen Gewand

3.11.2021, 07:00 Uhr
3. November 1971: Historischer Mautkeller im neuen Gewand

© NN

Am 4. Oktober wurde damit begonnen, den Mautkeller gründlich zu renovieren. Besonderen Wert legt Willy Böhm, ein gelernter Koch, der nach wie vor als Gastronom in Roth tätig ist, auf die Modernisierung der Küche und der Wirtschaftsräume. Sie erhielten hygienische Chromstahltische und einen neuen Küchenherd, auf dem die Essen für die 900 Plätze das Gaststätte in angemessener Zeit zubereitet werden können.

Der Mautkeller besteht aus zwei großen Gasträumen und den drei Nebenräumen "Bürgerstube", "Vogelbauer" und "Ratsstube". Auch das Geschirr wurde zum Teil erneuert und durch Chromargansachen ersetzt. Die Kühlanlage erhielt völlig neue Kühlmaschinen, die Frischluftzufuhr wurde renoviert und hergerichtet. Dadurch, daß der Dunst in der Küche abgesaugt wird, bleibt die Luft im Lokal von Essensdünsten frei.

Neu angeschafft wurden auch Registrierkassen, die die Getränkesteuer getrennt auswerfen. Auch eine Notbeleuchtung in allen Räumen wurde installiert. Als weitere Novität findet der Gast eine geschmackvoll gestaltete Speisekarte, auf der täglich – Ruhetag kennt man im Mautkeller nicht – neben den ständigen Gerichten mehr als 20 Speisen der Tageskarte zur Auswahl stehen.

Als kinderfreundliches Lokal bietet der Mautkeller auch einen "Kinderteller" für die Kleinen an. Dafür, daß der Betrieb reibungslos abläuft, sorgen außer Willy Böhm 30 Leute vom Personal, darunter vier Köche, vier Kochlehrlinge und eine Kaltmamsell. In der hauseigenen Metzgerei sorgt ein Metzger für ständig frisches Fleisch.

Zur fränkischen Küche paßt natürlich ein gutes Bier. Das schmackhafte Tucher-Bier gibt es in den verschiedensten Sorten in der Flasche und – für Kenner – als Pils vom Faß.

Während heute das kühle Helle durch die Kehlen der durstigen Gäste rinnt, war in früheren Zeiten der Mautkeller eine Weinstube. Er wurde damals "Herrenkeller" genannt und diente dem Rat der Freien Reichsstadt. Allerdings – und das erscheint uns heute mehr als merkwürdig – war dieser Weinkeller weder von den anderen Stockwerken der Mauthalle aus noch von der Straße her zu betreten.

Man mußte vielmehr durch einen unterirdischen Gang, einen Tunnel von der Königstraße her zum Eingang des "Herrenkeller" kommen. Erst im Jahre 1929 wurde ein direkter Zugang zu der Straße geschaffen. Professor Ludwig Ruff leitete den Umbau, der Kunstmaler Gries malte die Gewölbe aus.

Bis dahin hatte die Mauthalle schon ein langes Leben hinter sich. Sie wurde in den Jahren 1498 bis 1507 von Hans Beheim dem Älteren, einem bekannten Nürnberger Steinmetz, errichtet und als Kornhaus verwendet. 1572 wurde in dem Gebäude, das bis dahin "Das ander neu angefangt Kornhaus bei Sant Claren" genannt wurde, die sogenannte Obere Waage und die Zollverwaltung untergebracht.

Durch das Wort Zoll = Maut erhielt das Haus seinen neuen Namen. Erst im 19. Jahrhundert wurde die Zollverwaltung in die Nähe des Eisenbahngeländes verlegt. Deshalb verkaufte der bayerische Staat, dem die Mauthalle seit dem Ende Nürnbergs als Freie Reichsstadt – im Jahre 1806 — gehörte, sie 1896 wieder an die Stadt. Die Verhandlungen über den Verkauf hatten schon bereits im Jahre 1872 begonnen. Als Kaufsumme setzte man 500.000 Goldmark fest. Die Finanzierung übernahm zu drei Fünftel die Heilig-Geist-Spital-Stiftung und zu zwei Fünftel die Land-Almosen-Amts-Stiftung.

Zunächst hatte die Stadt Pläne, die Mauthalle als Leihhaus und dann als Hopfenhalle zu verwenden. Beides zerschlug sich, so daß man schließlich die Einrichtung von Läden beschloß. Die Leitung des Umbaus, der weitere 300.000 Mark kostete, hatte Paul Seegy. Es wurden große Schaufensteröffnungen eingebrochen, und 18 teils einfache, teils doppelte Läden entstanden. Während das östliche Portal erhalten blieb, wurde die westliche Seite, die bisher aus drei Toröffnungen bestanden hatte, umgestaltet: zwei Tore wurden zugemauert und das dritte wie das östliche Portal hergerichtet.

Im März 1943 wurde die Mauthalle bei einem Luftangriff getroffen. Am 2. Januar 1945 noch einmal und diesmal so schwer, daß sie völlig ausbrannte. Auch der Mautkeller blieb nicht verschont. Am 15. Oktober 1953, nachdem die Mauthalle wiederhergestellt war, wurde er als Gaststätte wiedereröffnet.

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