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4. Dezember 1971: Überwältigende Mehrheit für Hans Ehrt

4.12.2021, 07:00 Uhr
4. Dezember 1971: Überwältigende Mehrheit für Hans Ehrt

© Hans Kammler

Mit der überwältigenden Mehrheit von 522 von 552 Stimmen wurde er bei der Außerordentlichen Mitgliederversammlung gestern abend als Nachfolger von Walter Luther gewählt. Ehrt kann sich künftig auf folgende „Mannschaft“ stützen: 2. Vorsitzender Herbert Wartha, 3. Vorsitzender Franz Schäfer (wie bisher); z.b.V.- Leute: Rudolph Mader und Dr. Reiner Heßler; Rechnungsprüfer: Dr. Held und H. Hacker.

Walter Luther eröffnete die Außerordentliche Mitgliederversammlung mit den Worten: „Bei der letzten Hauptversammlung war die Clubwelt noch in Ordnung. Wir standen vor der Meisterschaft. Die Ursachen für den verpaßten Aufstieg sind uns heute noch nicht bekannt. Fest steht, daß die Leistungen der Mannschaft beschämend waren. Als einziger Trost blieben uns die Einnahmen, die wir – wie erwartet – in der Aufstiegsrunde machten. Deshalb ist die Finanzlage auch noch nicht so besorgniserregend wie behauptet wird. An der Mannschaft wird es liegen, ob wir wieder bessere Einnahmen erzielen können“.

Nach ihm wiederholte Horst Röder, Sprecher Gruppe „Club 70“, seine Vorwürfe: „Beim Club ist eine Mißwirtschaft getrieben worden!“ Der Club befinde sich, so Röder, in einem finanziellen und spielerischen Chaos. Der Versammlung stellte er die Frage: Wer hat dem Verein mehr geschadet, die Vorstandschaft, die es soweit kommen ließ, oder die Gruppe, die den Mißstand kritisierte?“ Um 19.59 Uhr sprach dann Luther die entscheidenden Worte zu seinem Rücktritt: „Ich bin es leid, dem Verein als Schießscheibe zu dienen und als Dorftrottel hingestellt zu werden!“ Der Vorsitzende eines Vereins, ganz gleich, wie er heiße, habe außer gelegentlichen Appellen keinen Einfluß auf die erste Fußballmannschaft, dem Träger des Vereins. Wörtlich: „Ich bin nicht verantwortlich dafür, wenn ein Spieler einen Elfmeter verschießt, und ich bin es auch nicht, wenn ein Abwehrspieler einen haltbaren Ball passieren läßt“.

Und: „Der deutsche Fußball befindet sich in einer fatalen Lage. Der Profifußball ist nicht organisch gewachsen. Er ist eine Frühgeburt. Meine Vorgänger Franz und Müller haben immer wieder darauf hingewiesen“. Entschieden wies Luther den Vorwurf Röders zurück, die Vorstandschaft habe leichtfertig gehandelt und eine Mißwirtschaft getrieben. „Als einer der wenigen Vereine hat die Lizenzspielerabteilung 1,5 Millionen Mark in sechs Bundesligajahren erwirtschaftet.“ Leider hätten beim Club der Haß, die Emotionen Oberwasser bekommen. „Ich resigniere enttäuscht, daß die Vorstandschaft wenig Verständnis von seiten einiger Mitglieder für ihre Arbeit gefunden hat. Als Mitglied werde ich dafür kämpfen, daß mein Nachfolger bessere Arbeitsbedingungen bekommt!“ Um 20.30 Uhr war die Ära Luther als Vorsitzender beendet.

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