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5. Dezember 1971: Der Karolinenstraße kann geholfen werden

5.12.2021, 07:00 Uhr
5. Dezember 1971: Der Karolinenstraße kann geholfen werden

© Ranke

Aber: die Fußgängerzone Breite Gasse ist auf dem besten Weg, dem renommierten Viertel zwischen Lorenzkirche und Weißem Turm den Rang abzulaufen. Diese für jedermann klar erkennbare Tatsache hat natürlich ihre Ursachen. Sie ist nicht allein erklärbar aus dem Entschluß der Stadt, die Breite Gasse für den Autoverkehr zu sperren.

Die Gründe für das Stagnieren der Karolinenstraße liegen zutiefst in der Stadtplanung und sind mit Problemen verknüpft, die sich aus der Architektur ergeben, Deshalb beschäftigt sich damit unter anderem, der Kreisvorstand des Bundes Deutscher Architekten. Grundsätzlich ist zu sagen, daß man sich bei Betrachtung der baulichen Substanz von Nürnberg von dem Gedanken freimachen muß, der Wiederaufbau der Stadt sei abgeschlossen. Gewiß, nach dem Krieg, in der „Ära Schmeißner“ wurde Großes geleistet. Abgeschlossen aber ist der Wiederaufbau keinesfalls.

Ähnlich wie in München gibt es auch in Nürnberg noch riesige Baulücken. Im übrigen ist die Meinung, in Nürnberg seien die Zerstörungen des Krieges allesamt beseitigt, psychologisch leicht zu erklären: 1945 waren die Zerstörungen so gewaltig, daß die Lücken, die es jetzt noch gibt, nicht ins Bewußtsein dringen. Diese Lücken gibt es auch noch in der Karolinenstraße, und zwar ausgerechnet auf der attraktiven Südseite. Wie überhaupt die Südseite nicht so gut aufgebaut ist, wie sie es sein könnte. Der eilige Fußgänger merkt es kaum: eine ganze Menge von Gebäuden erstreckt sich nur bis zum ersten Stock.

Ab da kommt Luft – ausgerechnet in der Karolinenstraße ist der Kolonialstil der ersten Nachkriegsjahre noch zu besichtigen. Dabei würde sich die Straße durchaus für den Bau von Appartement-Wohnungen anbieten, was sie weiter beleben könnte. Daß dies nicht geschieht, ist nicht schuld der Hausbesitzer und Bauherren. Schuld ist die Stadt, die hartnäckig beim Wohnungsbau auf der Errichtung von Stellplätzen für Autos besteht. Das aber ist in der Karolinenstraße nicht, oder doch nur unter extrem hohen Kosten (Tiefgaragen) möglich. Es würde wohl der ganzen Stadt zugute kommen, wenn sie gelegentlich die sogenannte Reichsgaragenordnung etwas großzügiger oder auch gezielter handhaben würde.

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