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21. Dezember 1971: Steuerbescheid Sekundensache

21.12.2021, 07:00 Uhr
21. Dezember 1971: Steuerbescheid Sekundensache

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Neben dem Rechenzentrum der Oberfinanzdirektion München – es arbeitete bisher auch für Nürnberg – steht in der Nürnberger Voigtländerstraße die zweite Computerzentrale der bayerischen Steuerverwaltung. „Der Lastwagen-Pendelverkehr mit Steuerbescheiden zwischen Nürnberg und München war nicht der letzte Schrei“, sagte Oberfinanzpräsident Dr. Karl Schmitt und Staatssekretär Dr. Karl Hillermeier betonte, daß die Finanzämter nun auch „automationsgerecht“ organisiert werden müssen. Vorbild ist das Finanzamt in Fürth, dessen Modell auch von anderen Finanzämtern in Nord- und Südbayern übernommen werden soll. Als erstes Bundesland hat der Freistaat Bayern begonnen, schrittweise eine neue Organisationsform für die Finanzämter zu schaffen, die den vielfältigen Möglichkeiten auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung angepaßt ist. Die einzelnen Steuerfälle können dadurch wesentlich zügiger behandelt werden; der Steuerpflichtige erfährt früher, wieviel er zurückerhält oder vielleicht auch nachzahlen muß. Die Inbetriebnahme des Nürnberger OFD-Rechenzentrums im Gebäudekomplex des Zentralfinanzamtes ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Jährlich rund 3,3 Millionen Steuerbescheide für die Regierungsbezirke Ober-, Mittel-, Unterfranken und Oberpfalz werden hier maschinell erstellt.

Eine Million ist es allein aus dem Lohnsteuerjahresausgleich, eine halbe Million betreffen die Einkommensteuer, 150 000 die Umsatz- und weitere 150 000 die Gewerbesteuer. Außerdem fallen 1,3 Millionen Umsatzsteuer-Voranmeldungen an. Noch einmal 1,2 Millionen Bescheide ergeben sich aus der Bewertung von Grund-, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen. Dieses gewaltige Arbeitspensum ist für den Computer kein Problem. Seine Schaltzeiten betragen nur Milliardstel Sekunden. 36 000 Additionen fünfstelliger Zahlen kann er innerhalb einer Sekunde bewältigen, bis zu 14 Programme gleichzeitig abwickeln. Über die tägliche Schwerarbeit hinaus bleiben immer noch etliche Rechenreserven übrig. Das ist auch notwendig, um das Endziel erreichen zu können: Die Konten aller Steuerpflichtigen des Oberfinanzbezirks werden maschinell im Nürnberger Rechenzentrum geführt; die Finanzämter sind mit Datenendgeräten (Terminals) ausgestattet und stehen auf dem Wege der Fernübertragung in ständiger Verbindung mit der Zentrale. 1973 wird das erste Finanzamt angeschlossen. Eines Tages wird das Computerzentrum 13 Millionen Buchungen jährlich bearbeiten. Zur derzeitigen Datenverarbeitungsanlage im Gesamtwert von rund fünf Millionen Mark gehört außer der Zentraleinheit – dem Computer – noch eine Reihe peripherer Geräte. U. a. sechs Magnetplattenspeicher, vier Zwillings-Magnetbandgeräte, zwei Lochkartenleser sowie zwei Schnelldrucker, die am laufenden Band die Steuerbescheide versandfertig auswerfen. Für einen späteren Zeitpunkt plant die OFD, ihr Rechenzentrum, um eine zweite Anlage gleicher Ausstattung zu erweitern.

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