Fränkischer Polizeichef scheitert mit "Blitzer-Klage"

23.12.2010, 19:02 Uhr
Fränkischer Polizeichef scheitert mit

© Eduard Weigert

Der Leitende Polizeidirektor für Westmittelfranken, Raimund Swoboda, der in einer Tempo- 10-Zone in der Gostenhofer Hauptstraße mit 29 Sachen unterwegs war, wollte gegen einen Bußgeldbescheid der Stadt vorgehen. Auf eine Weihnachtsamnestie konnte der 60-Jährige jedoch nicht hoffen: Die Richterin verurteilte den Betroffenen zu besagten 35 Euro Geldbuße. Auch muss er die Gerichts- und Anwaltskosten tragen.

Selbstbewusst betritt Raimund Swoboda den Sitzungssaal. Jeder Platz ist besetzt — von Polizeikollegen und Bürgern, die über das skurrile Verfahren bereits aus den Medien erfahren hatten und nun wissen wollen, ob der Polizeichef von Justitia Extrawürste gebraten bekommt. Richterin Silke Weidner erläutert zunächst den klaren Sachverhalt: Swoboda war am 11. Juni um 8.05 bei einer Lasermessung mit einer Geschwindigkeitsübertretung von 19 Stundenkilometern geblitzt worden. Im Ton eines Lehrmeisters erläutert der Polizeidirektor der jungen Richterin seine Sicht der Dinge: Ein solches Verkehrszeichen komme in der Straßenverkehrsordnung überhaupt nicht vor. Seit Jahren fahre er die Strecke und plötzlich sei das Schild dort. Auch der Standort sei rechtswidrig, ja es sei damals nicht einmal zu sehen, sondern von einem Kastenwagen verdeckt gewesen.

Swoboda hegt zudem Zweifel am verfassungsmäßigen Vorgehen der Verwaltung. Der komme es nicht auf die Verkehrssicherheit in diesem Bereich an, sondern auf die Geschwindigkeitskontrolle. Verteidiger Peter Lihs hierzu: „Es riecht danach, dass Kraftfahrer an dieser Stelle zur Kasse gebeten werden sollen“. Und tatsächlich sind an jenem Morgen von 451 Fahrzeugen 300 in die Blitz-Falle geraten. Ein Messbeamter der Stadt Nürnberg schildert im Zeugenstand, dass dort nach wie vor zu schnell gefahren werde — auch nachdem es nun auch eine Fahrbahnmarkierung Tempo-10 gebe. Die Stadt habe sich im Frühjahr dazu entschlossen, das Tempo von 30 auf 10 zu reduzieren, weil es dort den St. Elisabeth Kindergarten und das Kinderhaus Momo gebe.

Polizeichef Swoboda, der nach wie vor die Strecke zur Arbeit wählt, versteht nicht, warum nicht auch im Bereich der dort ansässigen Schulen das Tempolimit reduziert wurde. Inzwischen halte er sich an Tempo-10, gerate aber ständig in Konfliktsituationen. Radler und Pkw überholten ihn und er bekäme regelmäßig den Finger gezeigt. Richterin Weidner hielt an diesem Punkt dem Polizeichef das Lichtbild aus der Akte vor, das ihn wohl telefonierend zeigt. Hierzu äußere sich sein Mandant nicht, sagt Anwalt Lihs.

Doch weit gefehlt: Swoboda erklärt: „Es war ein Dienstgespräch. Ich kann es beweisen!“ Als Führungskraft sei er nach der Straßenverkehrsordnung ohnehin vom Handyverbot befreit. Schließlich habe er hoheitliche Aufgaben wahrzunehmen. „Nicht jeder Anruf ist hoheitlich“, so die Richterin. „Ich weiß doch vorher nicht, wer anruft“, reagiert Swoboda ungehalten und fügt hinzu: „So lebensnah werden Sie doch sein!“

In der Urteilsbegründung sagt die Richterin: Das Schild mit besagter Geschwindigkeitsbegrenzung sei sehr wohl zulässig. Die Stadt habe ihr Ermessen ausgeübt und das Schild dort platziert, um kleine Kinder und Fußgänger zu schützen. Für die Richterin stand fest, dass Swoboda fahrlässig gehandelt hatte.

Möglicherweise sei er durch das Handy abgelenkt gewesen und habe daher das Schild nicht gesehen. Grundsätzlich müsse man sich im Straßenverkehr stets auf neue Verkehrsbestimmungen einstellen. Obwohl Anwalt Lihs Freispruch gefordert hatte, will er überlegen, ob hier ein Rechtsmittel eingelegt wird. Da die Geldbuße unter 250 Euro liegt, kommt hier nur der Antrag auf Zulassung einer Rechtsbeschwerde in Betracht Doch die Hürden hierfür sind hoch.

Laut Polizeipräsidium war Swoboda damals übrigens nicht dienstlich, sondern privat unterwegs.

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