Pompöses Bauwerk mit profanem Inhalt

3.9.2009, 00:00 Uhr
Pompöses Bauwerk mit profanem Inhalt

Die Konservativen unterstützen ein Konzept des Vereins «Geschichte für alle»; bisher kann der Verein in seinen Führungen Geschichtsinteressierte nur im Außenbereich der Tribüne über die Funktion des Bauwerks aufklären, das Speer zwischen 1935 und 1937 für die Reichsparteitage der Nationalsozialisten geschaffen hat. «Es geht nicht nur um die Erhaltung des Geländes, sondern auch darum, seine Funktion erlebbar zu machen», sagt CSU-Fraktionschef Michael Frieser.

Deshalb sollen nach den Bauarbeiten der Goldene Saal, die repräsentative Eingangshalle des Bauwerks, und zumindest eines der acht Treppenhäuser bei den Rundgängen gezeigt werden. Die Sanierung ist nötig, weil in den Treppenhäusern eingelagerter Schutt die Stabilität gefährdet hatte und zudem Wasser eingedrungen war. Im Herbst 2007 hatte die Stadt daher das oberste Plateau der Tribüne gesperrt; auch der Goldene Saal, in dem vor der Eröffnung des Doku-Zentrums im Jahr 2001 die Ausstellung «Faszination und Gewalt» untergebracht war, bleibt seither der Öffentlichkeit verschlossen (die NZ berichtete mehrfach). Der Bauschutt ist aber inzwischen beseitigt.

«Zugemauerte Türen fördern die Legendenbildung», sagt Hans-Christian Täubrich, Leiter des Doku-Zentrums. Auch Katrin Kasparek von «Geschichte für alle» betont, wie wichtig Einblicke in das Innenleben der Tribüne wären – zumal sich dieses als reichlich profan darstelle. «Eigentlich ist das eine Toilettenanlage mit angeschlossener Tribüne», sagt Frieser, und auch Täubrich betont den «gigantischen Anteil», den die sanitären Anlagen an den Raumkapazitäten einnehmen. Ein Dokumentarfilmer habe mal gesagt, dass die Zeppelintribüne «eine einzigartige Kombination des Sakralen mit dem Analen» sei, berichtet Täubrich.

Im pompösen Goldenen Saal wiederum könnten durch eine Innenraumbeleuchtung zentrale Aspekte der Nazi-Ästhetik verdeutlicht werden, sagt Kasparek. Auch die Tribünenaufgänge für die politische Prominenz, die ebenfalls wieder begehbar gemacht werden müssten, sollten nach dem Konzept von «Geschichte für alle» beleuchtet werden. Adolf Hitler hat diesen Aufgang übrigens Täubrich zufolge nicht benutzt, obwohl er ein plötzliches Erscheinen als eine Art «Deus ex machina» auf der Rednertribüne ermöglicht hätte. Gleichwohl sei der Nazi-Diktator immer von der Vorderseite gekommen, weil diese eine repräsentativere Vorfahrt für seine Fahrzeugkolonne ermöglicht habe.

Als dritten Baustein neben Treppenaufgang und Saal möchten Frieser und Kasparek einen der Türme am Zeppelinfeld in die Führungen integrieren. Doch zunächst steht die Sanierung des Geländes an. Eine Expertengruppe mit Denkmalschützern und Bauspezialisten hat in einem zweitägigen Symposium im Juli hierfür Vorschläge erarbeitet, über die nun der Stadtrat befinden muss.

Die Kosten werden sich – so die Schätzung der Stadt – auf eine Summe im mittleren zweistelligen Millionenbereich belaufen. Frieser und seine Fraktionskollegen Joachim C. Thiel sowie Ulrike Hölldobler-Schäfer betonen, dass die Kommune damit nicht alleingelassen werden dürfe. Bund und Freistaat müssten sich engagieren: «Die Einzigartigkeit und Schrecklichkeit dieses Ortes ist eine bundesdeutsche Aufgabe», sagt Bundestagskandidat Frieser.

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