Kirkenes deutsche NS-Vergangenheit

2.10.2015, 15:11 Uhr

Wir fahren mit Ronny Østrem in ein kleines Wohnviertel von Kirkenes. An einem unscheinbaren Treppenabgang hält er an. Wir folgen ihm hinab in die „Andersgrotta". Ein Luftschutzstollen, 1941 von einem Ingenieur der benachbarten Minen in den Fels getrieben. Der Hotelier hat die Grotte 2004 vom Staat gekauft. Nun ist in dem alten Schutzraum ein kleines Museum untergebracht. Ein kurzer Film erinnert an das Schicksal der Bevölkerung.

Im Zweiten Weltkrieg zählte Kirkenes gut 9000 Einwohner. Die Stadt war von enormer strategischer Bedeutung am Nordmeer. Deutsche Truppen hatten Norwegen 1940 besetzt. Ein Jahr später verlegten sie über 30 000 Soldaten und Schiffe in die „Festung Kirkenes". Ronny spricht sogar davon, dass zeitweise 70 000 Wehrmachtssoldaten im Umkreis der Stadt waren. So steht es auch in einer kleinen Broschüre über die Andersgrotta.

Kirkenes liegt nur rund 150 Kilometer vom russischen Murmansk entfernt. Der eisfreie Hafen diente der Sowjetunion und den Alliierten im Krieg als Versorgungsstützpunkt und war per Bahn mit Moskau verbunden. Hitler gab den Befehl, Murmansk zu erobern. Doch er scheiterte mit der „Operation Silberfuchs".

Besondere Beziehung zu Russland

Kirkenes wurde daraufhin zu einer der meist umkämpften Städte. Die Sowjets bombardierten Kirkenes immer wieder. Es gab 1015 Luftalarme und 328 Luftangriffe. Die verbliebene Bevölkerung (noch etwa 3000 Bürger) suchte in der Andersgrotta Schutz oder in der Eisenerzmine. 1944 befreite die sowjetische Armee Kirkenes.

„Wir haben daher bis heute eine besondere Beziehung zu Russland", erläutert Ronny Østrem. Die Sowjets, nicht die Engländer oder Amerikaner, hätten sie von den Nazi-Soldaten befreit. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war den Westmächten diese besondere Nähe zum kommunistischen Nachbarn (die Grenze verläuft nahe Kirkenes) suspekt. Heute dürfen die grenznahen Bewohner beider Seiten mit einem speziellen Pass jederzeit die Grenze passieren. Große Kaufhäuser mit kyrillischen Buchstaben zeugen davon, dass die russischen Nachbarn gerne zum Einkaufen kommen (oder kamen, denn der Rubel hat massiv an Kaufkraft verloren).

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