Zeltner-Brauerei wich dem Noricus
31.05.2009, 00:00 Uhr
Die Anfänge der Brauerei gehen auf das Jahr 1836 zurück, als Johann Georg Zeltner die Keppendörfer’sche Brauerei in der Schlotfegergasse im Südwesten der Altstadt erwarb. Mit unternehmerischem Geschick gelang es ihm die bei Übernahme kleinste unter den damals 29 Brauereien auf einen vorderen Platz zu schieben.
Es war die Zeit der Industrialisierung, die auch das handwerklich geprägte Braugewerbe grundlegend veränderte. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts nutzte man die Dampfkraft zum Antrieb der Maschinen, so auch im 1861 neu errichteten Zeltner’schen Brauhaus. Die Nachbarschaft war vom Rauch der Kohlefeuerung wenig angetan, litt sie doch bereits schwer unter der Luftverschmutzung durch die Schwefeldünste zahlloser Hopfendarren (1895 waren es 162).
So druckte der Fränkische Kurier die Beschwerden der Anwohner in der Nähe der Zeltnerbrauerei ab. Sie klagten, «daß die Schlöte solchen Rauch entwickeln dürfen. Alle Tage von früh bis abends entströmt denselben ein schwarzer Strom, der infolge der niederen Schlöte sich sofort in die Straßen legt und Anwohnern und Passanten die Lunge vergiftet.»
Die Brauerei hatte aber auch aus anderen Gründen ein Standortproblem. Man konnte zwar die Betriebsgebäude wie Maschinenhaus, Kühlhaus, Fassremise und Stallungen an den größeren Ausstoß der Braustätte anpassen, an Grenzen stieß man bei der Lagerkapazität in den Gär- und Sommerbierkellern. Wie die anderen großen Brauereien strebte Zeltner an den Stadtrand.
In der Tullnau auf dem Gebiet der Gemeinde Gleißhammer erwarb man ein großes Areal. 1876 begannen die Bauarbeiten für Lagerkeller und Fassremise und (trotz Anwohnereinsprüchen) die Einrichtung einer Fasspicherei. Es folgten eine Fasshalle, ein Gärkeller, ein Eiskeller, ein Pferdestall und ein eigener Tiefbrunnen. Die Baumaßnahmen gingen nach Johann Georg Zeltners Tod unter der Regie der beiden Söhne Wilhelm und Heinrich planmäßig weiter mit dem Ziel einer vollständigen Verlagerung auf das Gelände in der Tullnau. Unter der Enkelgeneration von Johann Georg Zeltner wurde 1910 das «Herz der Brauerei», das Sudhaus samt Kontoranbau, errichtet und schließlich die alte Braustätte in der Schlotfegergasse stillgelegt.
Während sich die Nürnberger Großbrauereien angesichts des gestiegenen Kapitalbedarfs für Kälteanlagen, teurer Flaschenbieranlagen und der Motorisierung des Fuhrparks in Aktiengesellschaften umwandelten, konnte sich Zeltner als einzige Privatbrauerei halten.
Im Ersten Weltkrieg lief es zwar wegen Rohstoffmangels und steigenden Preisen schlecht. In den 20er Jahren - mittlerweile gab es in Nürnberg nur noch fünf Brauereien - ging es wieder aufwärts, bis der Zweite Weltkrieg die Branche schwer traf. Die Zeltner-Brauerei musste nach einem Angriff am 11. August 1943 den Betrieb einstellen.
Wiederaufbau geplant
Der Großangriff auf Nürnberg am 2. Januar 1945 vollendete das Zerstörungswerk. Dennoch hatte der damalige Besitzer Kurt Zeltner nach dem Krieg die Absicht, die Brauerei wieder aufzubauen. Das Stadtplanungsamt hatte sich aber Mitte der 50er Jahre immer noch nicht für die Zulassung des Wiederaufbaus entschieden.
Mit dem Tod Kurt Zeltners 1959 zerschlugen sich die Brauerei-Pläne endgültig; es folgte die Wohnbebauung mit dem Noricus. Bis 1973 wurde Zeltner-Bier bei Tucher dank eines «echten» Lohnsudvertrages gebraut: Rezeptur, Hopfen und Malz besorgte Auftraggeber Zeltner. Das Verfahren wurde aus finanziellen Gründen eingestellt, seither braut Tucher mit eigenen Rohstoffen ein helles Zeltner-Bier nach der alten Rezeptur. E. VIEWEG-EIDLOTH