Die anmutigste Ruheposition im Tierreich

19.6.2011, 12:50 Uhr
Die anmutigste Ruheposition im Tierreich

© Hans-Joachim Winckler

Der Weißstorch dagegen ist in dieser Disziplin ein Profi. Scheinbar ungerührt steht er einbeinig auf der Wiese herum. Kein Wackeln ist zu sehen, kein Zittern. Und dass mal einer umgefallen wäre, hat auch noch niemand beobachtet. „Da muss schon ein Sturm kommen, damit der umfällt“, sagt Wolfgang Dötsch, Biologe beim Nürnberger Bund Naturschutz. „Aber vorher wachen sie wahrscheinlich auf.“ Denn das Einbeinig-Stehen ist die Schlafposition des Storches – also keinesfalls anstrengend für die Tiere. „Der Schlaf ist nicht mit dem eines Menschen zu vergleichen, es ist eher eine Art Ruhephase.“

Wenn Weißstörche auf Beutefang sind, bewegen sie sich. Sie schreiten durch die Wiese, setzen ein langes rotes Bein vor das andere und suchen nach Fröschen, Mäusen und Heuschrecken. „Störche sind keine Lauerjäger wie zum Beispiel Reiher“, sagt Wolfgang Dötsch. Erst wenn der Storch eine Pause einlegt, bleibt er stehen, zieht ein Bein hoch und steckt den Schnabel unters Gefieder. „Das dient der Energieersparnis“, erklärt der Biologe.

Denn während bei Säugetieren der ganze Körper mit Fell und Haaren bedeckt ist, sind bei Vögeln die Beine und der Schnabel nackt. „Das Gefieder isoliert den Körper sehr gut“, sagt Dötsch. „Aber über Beine und Schnabel verlieren die Tiere viel Wärme.“ Der Schnabel ist kein totes Gewebe, wie etwa die menschlichen Fingernägel. Obwohl er außen hart scheint, ist er innerlich gut durchblutet. „Die nackten Körperteile müssen unter dem Gefieder gewärmt werden.“ Bei sommerlichen 25 Grad Celsius ist das nicht nötig, doch in kalten Nächten steckt der Storch abwechselnd das linke und das rechte Bein unter die Federn. Je kälter es ist, desto häufiger tauscht er.

Damit der Storch dabei nicht wackelt oder gar umfällt, hat sich die Natur etwas Besonderes einfallen lassen. „Störche haben ein bestimmtes Beingelenk“, erklärt Dötsch. „Wie bei einem Taschenmesser mit Arretierung schnappt es ein, wenn die Tiere das Gelenk durchstrecken.“ Im Gegensatz zum Menschen kostet es den Storch dadurch kaum Kraft, auf nur einem Bein zu stehen.

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