Kino: Das Casablanca ist nun komplett runderneuert

31.8.2012, 09:44 Uhr
Kino: Das Casablanca ist nun komplett runderneuert

© Roland Fengler

Hei, wie schmiegt sich das Polster um den Allerwertesten. Weich und doch fest, auch der Rücken seufzt beglückt, keine abgewetzten harten Lehnen mehr, der Kinogänger kann sich richtig fallen lassen in die neuen blauen Sessel. Und die Knie klemmen nicht mehr an der Lehne des Vordermanns, das Schienbein jubelt über den neugewonnenen Luftraum.

An der Wand hängt ein Plan des Saales mit allen 44 Sitzen. Während die einen Besucher schon mal Platz nehmen, stehen andere vor dem Plan und können sich nicht entscheiden. Nämlich, welchen der Sitze sie mit ihrer Namensplakette versehen wollen. Den in der Mitte? Weiter vorne? Links außen? Oder ganz hinten bei den Love-Chairs?

Die Sitze sind nämlich – anders als ihre Vorgänger – nicht gebraucht aus einem Kino ausgebaut, sondern nagelneu aus einer spanischen Kinomöbelfabrik. Jeder Sitz kostet 199 Euro. Um die Neuanschaffung zu stemmen, durften leidenschaftliche Cineasten selbst ihr Scherflein beitragen, um sich sodann auf „ihrem“ Sitz zu verewigen, analog der Parkbank, gespendet von edelmütigen Sponsoren. „Das is’n Hammer, Love-Chairs im Casablanca!“ staunt ein Besucher. In der hintersten Reihe drängen sich statt vier Sitzen zwei Sitzbänke ohne Armlehne. Ein weiteres Knutsch- und Fummelsofa schmiegt sich in der vorvorletzten Reihe links an die Wand. „Eigentlich haben wir diese Sitze nur aus Platzgründen so eingebaut“, erklärt Theaterleiter Matthias Damm (36), „die Armlehnen dazwischen hätten zu viel Platz weggenommen.“

Ein besserer Dimmer für die Saalbeleuchtung

Den Einbau der Podeste hatte die ehrenamtliche Mitarbeiterin Melanie Kyrieleis besorgt. Auch die Elektrik stellte die Vereinsmitglieder vor Herausforderungen. „Eines der kompliziertesten Geräte ist der alte Saaldimmer, der war so kompliziert, dass wir nicht wussten, wie der funktioniert“, erzählt der Erste Vorsitzende Helfried Gröbe. Der Saaldimmer schaltet automatisch Schummerlicht ein, sobald der Filmabspann läuft, damit das Publikum zum Ausgang findet – eine Unsitte, die manch Cineasten, der den Film bis zur letzten Sekunde auskosten will, aufs Grimmigste brüskiert. „Mit dem neuen Dimmer können wir auch auf Handbetrieb umschalten und jeder Vorführer entscheidet selbstständig, wann er die Saalbeleuchtung hochfährt“, erklärt Matthias Damm.

Auch eine neue Heizung nennt das Kino sein eigen, „denn im vorigen Winter war es saukalt“, wie Matthias Damm zugibt – aber danach verlangt gerade kein Mensch, denn im Nu herrscht Saunaklima. Die meisten Besucher – kribbelig vor Erwartung – befinden sich im reifen Alter, lediglich Tabea und Moritz erfreuen sich der Jugend ihrer 22 Jahre und kuscheln aneinander, trotz störender Armlehne.

Mit Saal 3 ist nun das gesamte Casablanca komplett renoviert. Dabei ist Saal 3 nicht der letzte, sondern der erste, den der Verein „Casa e.V.“ im September 2009 in Betrieb nahm: „Damals hatten wir die Bestuhlung aus einem Münchner Kino geholt, die Wände frisch gestrichen, eine neue Leinwand eingebaut und einen Beamer besorgt“, erinnert sich Matthias Damm.

Der Beamer teilt sich den Platz in der Vorführkabine mit einem schönen alten 35-Millimeter-Projektor. Deshalb steht der Beamer nicht exakt in der Mitte und wird noch fünf Minuten vor der Vorstellung nachjustiert. Doch die Tage des alten Projektors sind gezählt. „Die Verleiher bringen alles nur noch digital heraus, richtige Filmkopien gibt es bald gar nicht mehr“, seufzt Matthias Damm. „Kleine Verleiher wie X-Filme oder Prokino hängen sich an Großverleihe dran, und die bestehen darauf, dass die Filme nur auf speziellen Beamern mit absolutem Kopierschutz laufen. Da hatten wir oft das Nachsehen oder mussten warten, bis ein Film auf Zelluloid verfügbar war, das war dann meist einige Wochen nach dem Start.“

Auch wenn Kino 3 nach drei Wochen Umbau eröffnet hat, steht ein letzter Feinschliff noch aus: der neueste Beamer sowie eine neue Leinwand mit noch kleinerer Perforation für die Lautsprecher. So, und jetzt kann der Film losgehen. Es läuft „Holy Motors“ von Leos Carax, und der beginnt standesgemäß in einem Kinosaal.

Infos hier.
 

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