Vom Kloster zum Zuchthaus

6.11.2008, 00:00 Uhr
Vom Kloster zum Zuchthaus

© Hafenrichter

Bis zu 20 Prozent der Bevölkerung waren den Klöstern und Kirchen zuzurechnen. Nach Einführung der Reformation 1525 übergaben einige Konvente ihre Klöster dem Rat der Reichsstadt, so die Augustiner, Karmeliten, Kartäuser und St. Egidien. Die Angehörigen dieser Klöster erhielten zu ihrem Lebensunterhalt Abfindungen oder Pensionen. Die anderen Konvente wurden durch das Verbot der Novizenaufnahme zum Aussterben verurteilt. Erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts gibt es wieder katholische Ordensgemeinschaften in der Stadt.

Klarakloster auf dem Klarissenplatz

Wir wollen eine kleine Entdeckungsreise unternehmen und starten am Frauentor gegenüber dem Hauptbahnhof. Dieses Tor wurde nach dem nahen Klarakloster benannt. Wir gehen durch den Handwerkerhof auf den Klarissenplatz und stehen schon auf dem ehemaligen Klostergelände. Dieses erstreckte sich etwa von der Stadtmauer bis zur Klaragasse und wurde von Vorderer Sterngasse und Königstraße begrenzt.

Der Konvent rekrutierte sich aus Patriziat und Bürgertum. Nach Einführung der Reformation wehrten sich die Nonnen unter ihrer Äbtissin Caritas Pirckheimer erbittert gegen die Auflösung des Klosters. Der Konvent starb 1596 aus. Die Klostergebäude wurden 1618 Leihhaus, die Klarakirche zunächst protestantisch, 1806 Magazin, 1857 zweite katholische Kirche in Nürnberg. 1899 erfolgte der Abbruch der Klostergebäude. Auf der rechten Seite des Westportals ist noch der (heute vermauerte) Zugang zur Nonnenempore der Kirche zu sehen, ein kleines Gräberfeld und der Silberturm sind die Reste des Klosters.

Westlich dieses Areals erstreckte sich die Kartause Marienzell, gegründet 1380 von Marquart Mendel. Die Kartäuserkirche, der Kreuzgang und einige Mönchshäuser sind im Germanischen Nationalmuseum integriert und vermitteln den Eindruck einer geschlossenen Klosteranlage.

Unser Weiterweg führt zur Jakobskirche. Sie gehörte zum Komplex der Deutschordenskommende, die ab 1209 auf einem ehemaligen Königshof errichtet wurde. Spital, Kapelle und umfangreiche Wirtschaftsgebäude rundeten das Areal ab, auf dem sich heute die Elisabethkirche und das Polizeipräsidium befinden. Diese Ordensniederlassung war eine der mächtigsten in Deutschland. Ihre Auflösung erfolgte 1806.

Unsere vierte Station finden wir am Josephsplatz/Adlerstraße. Viel Fantasie ist erforderlich, um sich hier das 1295 entstandene Karmeliterkloster vorzustellen. Der Prior Andreas Stoß nahm als Vertreter der Altgläubigen an den Religionsgesprächen teil. Der Marienaltar, geschaffen vom Vater, Veit Stoß, ist heute im Bamberger Dom. Die Klostergebäude wurden 1696 an die Thurn- und Taxis’sche Post verpachtet, die Kirche 1817 abgebrochen und an ihrer Stelle die spätere Oberpostdirektion errichtet. Aber das ist auch schon wieder Vergangenheit. Der sich östlich anschließende Wirtschaftshof des Klosters Ebrach existierte vom frühen 14. Jahrhundert bis 1903 und musste ebenfalls Postgebäuden weichen.

Wir bummeln über den Trödelmarkt an der derzeit spannendsten Altstadtbaustelle vorbei und lesen an der Parkhauswestseite die schlichte Bronzetafel mit dem Hinweis auf das Augustinerkloster, welches circa 1275 hier entstand. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde der Konvent ein Zentrum des aufblühenden Humanismus, 1518 machte Martin Luther hier Station. Nach der Reformation zog das Stadt- und Landalmosenamt ein, im 19. Jahrhundert entstand hier unter anderem die heutige Stadtsparkasse, 1877 wurde auf dem Areal das Gerichtsgebäude errichtet. Einige der Altäre der St. Veit geweihten Augustinerkirche befinden sich heute in der Frauen-, Friedens- und Bartholomäuskirche.

Anschaulicher wird eine Klosteranlage bei unserer nächsten Station am Anfang der Burgstraße, wo noch Teile des Dominikanerklosters zu entdecken sind. Reizvoll ist ein Blick vom Brunnengässchen in den Innenhof mit der mächtigen Brunnenschale. Nach der Auflösung ging die bedeutende Handschriftensammlung in der hierher verlegten Ratsbibliothek auf. Heute hat das evangelisch-lutherische Dekanat hier seinen Sitz. Anstelle der 1807 abgebrochenen St. Marienkirche entstanden Gewerbebauten und 1907-10 das Gesundheitsamt.

Als erstes entstand das Schottenkloster

Weiter geht’s zur Egidienkirche. Die Anfänge dieser auf einem Königshof gelegenen Kirche reichen ins Jahr 1140 zurück. Es entstand das Schottenkloster, später übernahmen es die Benediktiner. Nur noch die Kapellen erinnern an das früheste Nürnberger Kloster, welches 1696 fast vollständig niederbrannte. So sehen wir heute die einzige Barockkirche Nürnbergs vor uns, die 1718 geweiht wurde.

Wir gehen zurück auf die Lorenzer Seite zum Katharinenkloster. Wo kann man die Atmosphäre eines Klosters besser nachempfinden als im Innenhof? Lesen, sich am Garten erfreuen oder einem Konzert lauschen in der Kirchenruine . . .

Die große Büchersammlung wurde von den Dominikanerinnen selbst geschrieben, sie webten Teppiche und mussten sich um die Verwaltung eines umfangreichen Landbesitzes kümmern. Nach Ende des Klosters 1596 diente der Komplex als Armen- und Arbeitshaus, in der Kirche waren ab 1938 bis Kriegsbeginn die Reichskleinodien ausgestellt. Was der Bombenkrieg übrig ließ, ist heute konserviert und Bestandteil der Stadtbibliothek.

Ein Stück zur Königstraße hin erblicken wir an der Rückseite eines Bankgebäudes einen gotischen Chor. Es ist der Rest der Barfüßerkirche. Das Klostergelände erstreckte sich bis zur Museumsbrücke. Nach der Auflösung fanden die Gebäude als Mädchen- und Knabenfindel Verwendung. Auch ein Frauenzuchthaus wurde angegliedert. Verheerende Brände und kommerzielle Nutzung zerstörten Kloster und Kirche.

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