Der Cowboyhut ist fast schon Pflicht

31.10.2010, 18:15 Uhr
Der Cowboyhut ist fast schon Pflicht

© Hagen Gerullis

Die typischen Helden aus den Western-Filmen sind häufig eine Schöpfung der Popkultur anno dazumal. Die Kunstfiguren wurden nämlich nicht nachträglich erfunden, sondern im selben Moment, als ihre Vorbilder aus Fleisch und Blut durch die amerikanische Prärie ritten. Ein Paradebeispiel dafür ist der Trapper Kit Carson, der von einem Schriftsteller als Romanfigur für die an der Ostküste so beliebten Groschenhefte aufgebaut wurde. Die Begegnung mit einem Journalisten machte aus dem Büffeljäger William Frederick Cody eine legendäre und unsterbliche Gestalt.

Eine günstige Gelegenheit, um die Garderobe aufzufrischen

Über Buffalo Bill gibt es Theaterstücke und einen Wust an Berichten und Groschenheft-Veröffentlichungen. Durch die Bank sehr erfolgreich. Dieser Erfolg basiert zuallererst auf den Schilderungen von Codys fast übermenschlich anmutender Heldentaten. Produkte krasser Übertreibung. Und dennoch ein wesentlicher Bestandteil für das Entstehen vieler noch heute gültiger Klischees über den Wilden Westen. Bei einer Stippvisite der Nürnberger „Country Music Messe“ fällt eines sofort auf: Die hohe Cowboyhut-Dichte.

Auf ein authentisches Outfit will hier kaum einer verzichten. Das Geschäft mit den Western-Accessoires boomt. Am Wochenende sind rund 50 Händler vor Ort. Ob Hut, Stiefel, reich verzierte Gürtelschnallen oder der Bolotie genannte Silberschmuck der Westmänner: Ein Messebesuch dient auch oft dazu, die Wild-West-Garderobe aufzupeppen. Nicht von der Stange ist das Outfit, welches das Ehepaar Arand trägt. „Wir haben uns dabei an der normalen Alltagskleidung orientiert, die die Siedler um 1860 trugen. Bei mir ist das ein langer schwarzer Gehrock, eine ähnlich wie eine Fliege gebundene Schleife sowie eine graue Streifenhose“, erklärt Werner Arand.

Gattin Evelyn hat den Reifrock an diesem Tag im Schrank gelassen und zeigt stolz den eigenhändig gefertigten Sonnenschirm: „Das Holzgestell habe ich am Trempelmarkt erworben. Der Stoff ist aus einem alten Vorhang genäht.“ Das Ehepaar teilt die Vorliebe für Bluegrass. Denn natürlich spielt auch 2010 die Musik die zentrale Rolle. Was passiert, wenn man ein Country-Stück rückwärts spielt? Deine Frau kehrt zu dir zurück, dein Hund wird wieder lebendig und du kommst aus dem Knast frei.

Die Bandbreite reichte von klassischer Countrymusik über Bluegrass und Rockabilly bis hin zu Cajun-Klängen und deutschsprachigen Country-Variationen. Gerade die deutsche Fraktion war heuer stark vertreten. Ob Rascal & McLane, Country Manny oder Stan Silver, ein Löwenanteil setzt auf das exotisch anmutende Pseudonym. Warum auch nicht. Denn selbst die Cowboy-Urgesteine Gunter Gabriel und Tom Astor hörten früher auf die Namen Günther Caspelherr und Wilhelm Bräutigam.

Rund 70 Bands und Solokünstler präsentierten ihr Können auf vier verschiedenen Bühnen. Und es gab zwei echte Überraschungen. Als am frühen Samstagabend Marcel Soulodre zu singen beginnt, reiben sich die Zuhörer verdutzt die Augen.

Der untersetzte Kanadier mit der angedeuteten Tolle interpretiert Stücke wie „Wanted Man“ oder „Big River“, als stünde gerade eben der junge Johnny Cash auf der Bühne.

Zur Exoten-Fraktion zählen Smokestack Lightnin’. Die lokalen Country-Heroen machten sich 2006 durch ihre schmissige Version von „The Unknown Stuntman“ einen Namen. Smokestack Lightnin’ sind sicherlich alles andere als eine normale Countryband, sondern zeigen sich stark von Rockabilly und Rock’n’Roll beeinflusst. Deshalb sei ein Auftritt bei der „Country Music Messe“ schon ein gewisses Wagnis, wie Sänger Bernie Batke gerne zugibt.

Doch auch die älteren Semester gehen begeistert mit, als das Quartett als letzter Act am Eröffnungstag die Bühne betritt. Die Band ist mit den Reaktionen dann auch sichtlich zufrieden.

„Natürlich sieht man bei einer solchen Veranstaltung auch bizarre Charaktere“, sagt Batke, „doch machten wir bisher mit der Hardcore-Countryszene ausschließlich positive Erfahrungen.“

1 Kommentar