Günter Gloser kämpft im Norden um das Direktmandat

31.8.2009, 00:00 Uhr
Günter Gloser kämpft im Norden um das Direktmandat

© Fengler

«Sie wollen also Bürgermeister werden?» Der junge Sportlehrer erntet einen Lacherfolg bei Günter Gloser: «Nein, da haben wir schon einen.» Die meisten Nürnberger, denen der Staatsminister für Europa begegnet, kennen den Kandidaten aber mittlerweile.

Kein Wunder: Zum fünften Mal versucht der Jurist, für die SPD das Direktmandat in Nürnberg-Nord zu gewinnen. Auch wenn drei der bisherigen vier Duelle an seine Dauerrivalin Dagmar Wöhrl (CSU) gingen, rechnet sich Gloser Chancen aus, war es doch beim letzten Mal sehr knapp. Und so zieht er am Samstagvormittag mit einem rund 40-köpfigen SPD-Tross – darunter die Landtagsabgeordnete Angelika Weikert, zahlreiche Stadträte und eine Blaskapelle – geräuschvoll durch Johannis. «Wir bringen Musik in den Wahlkampf», sagt der eloquente Stadtrat Richard Würffel, der die Moderation übernommen hat und den Bürgern, die neugierig die Köpfe aus den Fenstern stecken, den Trubel erklärt: Es gehe darum, ob denn nun Gloser Nürnberg-Nord in Berlin vertrete oder «eine bekannte Unternehmersgattin». Derweil verteilen die SPD-Leute fleißig Informationsmaterial, Kugelschreiber und andere kleine Geschenke an die oft verdutzt dreinschauenden Bürger.

Immer vorneweg: Günter Gloser, der auch manchem potenziellen Wähler mal sportlich hinterhersprintet. Mit einem älteren Ehepaar hat er es leichter. Sie öffnen bereitwillig die Wohnungstür und lassen den Abgeordneten auf einen Plausch herein. «Wir haben immer SPD gewählt und wünschen Ihnen viel Glück», sagen sie. Ein anderer – früherer – SPD-Stammwähler, der von seinem Fenster aus mit Gloser spricht, ist dagegen skeptisch. «Ich bin diesmal unsicher, was ich wählen soll.» Gloser gibt sein Bestes, verweist darauf, dass es die Sozialdemokraten sind, die für eine Begrenzung der Managementgehälter und für einen gesetzlich garantierten Mindestlohn eintreten.

Politiker, betont der der Staatsminister immer wieder, seien «keine Zauberer»; aber pauschalen Verdikten widerspricht er dann doch bestimmt. So als ein Rentner alle Abgeordneten als «Spitzboum» abqualifiziert.

Früher, erinnert Gloser sich, sei er in den Wahlkämpfen gehemmter gewesen, nun gehe er offener auf die Leute zu. In 15 Jahren als Abgeordneter hat er nun ja auch schon sämtliche Perspektiven des Parlamentarismus kennengelernt. Erst die mühevolle Opposition gegen den ewigen Kohl bis 1998. Danach war die SPD zweimal stärkste Fraktion, doch die Schröder-Ära wurde auch von schwierigen innerparteilichen Konflikten geprägt. An der Großen Koalition ärgert ihn, dass «Frau Merkel in ihrer präsidialen Art» die Erfolge des Bündnisses alleine der Union gutschreibe. Gleichwohl war für Gloser die nun ablaufende Periode dank eines Karrieresprungs die spannendste Zeit: Der vorherige europapolitische Sprecher der SPD-Fraktion hat überraschend am «17. November 2005 um 10.03 Uhr» einen Anruf von Außenminister Frank-Walter Steinmeier erhalten, ob er nicht Staatsminister werden wolle.

«Da überlegt man nicht. Da sagt man sofort zu», erzählt Gloser. Es sei ihm aber wichtig geblieben, auch als viel reisendes Regierungsmitglied «auf dem Teppich zu bleiben». Ein Sprücheklopfer ist der aus einem einfachen Arbeiterhaushalt stammende zweifache Vater, der in Altenfurt aufwuchs und seit 1987 in Johannis lebt, ohnehin nie gewesen. Gloser steht für Sachlichkeit und Seriosität, Humor der leisen Sorte ist indes nicht ausgeschlossen.

Der 59-Jährige, der nie ein Parteilinker war, aber den Wert der Solidarität «schon sehr hoch hängt», belegt den sicheren dritten Platz auf der bayerischen Landesliste. Er gehört dem neuen Bundestag auch dann an, falls er gegen Wöhrl verliert. Und er wird in seiner fünften Legislaturperiode zu den Routiniers zählen. Die SPD-Fraktion steht vor einem gewaltigem Umbruch, die Protagonisten der rot-grünen Jahre hören wie Struck, Schily, Renate Schmidt oder Stiegler fast alle auf. So könnte der erfahrene Staatsminister künftig eine wichtige Rolle spielen. Doch darüber macht er sich momentan noch keine Gedanken, betont Gloser. Inhaltlich dagegen hat er eine vordringliche Aufgabe für die kommenden Jahre ausgemacht. «Der Klimaschutz wird eines der beherrschenden Themen sein.» Jetzt geht allerdings erstmal der Wahlkampf weiter, der für Gloser freilich immer wieder unterbrochen wird, weil er seinen ebenfalls um Stimmen ringenden Chef Steinmeier auf dem internationalem Parkett vertreten muss.

An diesem Samstag in Johannis ist die große Welt indes weit weg. Ein älterer Herr moniert Löcher im Kellerboden, die WBG kümmere sich nicht darum; ein Vater klagt über die hohen Unterhaltszahlungen, die er für seine beiden Kinder aufbringen müsse. Gloser lässt die Namen notieren, will den Dingen nachgehen und helfen – falls das geht. Der eingangs erwähnte Sportlehrer, der sich für krebskranke Kinder einsetzt und der Gloser gleich eine Schirmherrschaft anträgt, tauscht Visitenkarten mit dem Minister aus. «Herr Gloser, Sie schaffen es bestimmt», meint er zum Abschied.

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