Lachmöwen lachen nicht...sie krächzen

9.6.2012, 00:00 Uhr
Lachmöwen lachen nicht...sie krächzen

© Ute Fürböter

Wenn der Juni ins Land gegangen ist und die Küken flügge geworden sind, sind die Lachmöwen auf und davon. Seit Jahrhunderten kommen die Vögel im zeitigen Frühjahr ins Eschenbacher Weihergebiet. Dort brüten sie und ziehen ihre Jungen auf.

Lachmöwen lachen nicht...sie krächzen

Die „Geyer“, wie man die Möwen mit den raubvogelartig scharfen Augen früher nannte, halten der Gegend schon seit 1626 die Treue. Die Brutkolonie in der Oberpfalz ist somit eine der ältesten in Bayern. Über 4000 Möwenpaare nisteten hier noch bis in die 1960er Jahre. Inzwischen brüten die Vögel ausschließlich am Großen Rußweiher, einem Naturparadies von seltener Urwüchsigkeit.

Am Rande der Idylle, steht ein nobles Hotel und Restaurant. Es trägt den klangvollen Namen „Glutschaufel“. Dahinter, auf dem Parkplatz, entdecken wir die erste Lachmöwe. Eine aus Holz allerdings nur. Der stumme Vogel weist uns fortan den Weg.

Die Möwe aus Holz erschließt den Wanderweg

Zunächst müssen wir scharf nach links Richtung Landingweiher. Ein kleines Stück geht es geradeaus. Nur Vogelgezwitscher ist zu hören. Auch Menschen begegnen wir nicht. Die nächste Holzmöwe ist schnell erreicht. Wir biegen rechts ab. Wasser schimmert durch die Bäume. Eine Lichtung öffnet sich. Den breiten, ebenerdigen Weg säumen Holunderbüsche und Weißdorn, Erlen, Eichen und Birken. Im Waldesschatten spaziert es sich angenehm. Bänke laden immer wieder zur Rast. Und überall sieht man Himbeer- und Schwarzbeersträucher! Beim Sammeln der süßen Früchte aber schön auf dem Wanderweg bleiben! Schließlich befinden wir uns im Naturschutzgebiet (1937 vorläufig, 1951 endgültig ausgewiesen).

Unmittelbar vor dem Großen Rußweiher muss man sich entscheiden: Wer möchte, kann nach links zum Rußloheweiher abbiegen (bei Umrundung dieses Weihers plus des Großen Rußloheweihers beträgt die Strecke 5,17 km). Wir wollen endlich echte Möwen sehen, deshalb marschieren wir flott nach rechts. Nur wenige Schritte, dann betreten wir einen Damm. Er teilt die Wasserfläche, auf der sogar Seerosen wachsen. Froschgequake macht die Stimmung perfekt.

Im Geiste danken wir den alten Mönchen aus dem Prämonstratenserkloster in Speinshart. Die strengen Ordensregeln verboten den Genuss von Fleisch, nicht aber von Fisch. Bereits Anfang des 15. Jahrhunderts wurden im moorigen Tal des Eschenbachs die ersten Teiche angestaut. 1564 gab es schon etwa 65 Teiche mit 70 Hektar Fläche. Von der ehemals großen Bedeutung der Teichwirtschaft für die Region zeugt bis zum heutigen Tag ein Fisch im Stadtwappen von Eschenbach.

Flache Weiher nennt man auch Lachen

Und weiter geht es! Wir biegen nicht zum Paulus- und Häuselweiher ab, sondern bleiben dicht am Großen Rußweiher – halbrechts schlängelt sich der schmale Weg. Wir hören die Möwen, noch bevor wir sie sehen. Wir betreten wir einen hölzernen Steg. Er führt auf eine Aussichtsplattform. Aus nächster Nähe verfolgen wir das Treiben unzähliger Lachmöwen rund um die Nistplätze, die sich auf rohrbewachsenen Inselchen befinden. Lachmöwen lachen nicht, den Namen verdanken die Vögel der Vorliebe, an großen, flachen Gewässern, sogenannten Lachen, zu brüten.

Der nahegelegene US-Truppenübungsplatz Grafenwöhr bringt sich in Erinnerung. Die Möwen stört die Böllerei nicht im Geringsten. Sie tun, was sie tun müssen. Wir könnten ihnen ewig zuschauen. Aber wir wollen noch zum nahegelegenen Kloster. Zunächst gehen wir ein weiteres Stückchen um den Weiher. Wo sich der Wald lichtet, treffen wir auf zwei sich gabelnde Asphaltstraßen. Geradeaus geht es weiter am Großen Rußweiher entlang. Wir betreten die andere Straße, sie steigt moderat bergan. Auf der Höhe angelangt, sehen wir schon das historische Klosterdorf unten im Tal. Über einen asphaltierten Flurweg gelangen wir nach Tremmelsdorf. Im Ort kommen wir am Wurzelmuseum vorbei. Es zeigt über 800 Wurzeltiere – und keins davon ist geschnitzt!

Wir überqueren die Kirchenthumbacher Straße und verlassen Tremmelsdorf über die Straße „An der Creußen“. Nachdem wir eine Brücke passiert haben, geht es wie gehabt gerade aus. Wir laufen durch Wiesen und Felder, am Kloster vorbei bis zur Straße, dort gehen wir rechts und gleich noch einmal rechts – dann stehen wir vor dem Nordtor der barocken Anlage.

Bis Anfang des 19. Jahrhunderts war es der einzige Zugang des um 1145 gegründeten Klosters, das lange von Sumpf umgeben war. Näheres über die Geschichte der Dorfgemeinschaft und der Prämonstratenserabtei erläutert ein bebilderter Führer. Die schmale Broschüre liegt in der Kirche aus. Der Spaziergang durch die

Klosterhöfe dauert etwa 45 Minuten. Schade nur, dass man hinterher nicht im Haus Nr. 9 einkehren kann. Der Klostergasthof, einst Brau- und Malzhaus, wird zur Zeit von Grund auf saniert.

Wir kehren nun auf dem Weg, den wir gekommen sind, zum Großen Rußweiher zurück. Am Ufer entlang bummeln wir dem Ausgangspunkt entgegen. Vorbei an Wasserarmen, die wie verwunschen aussehen. Noch einmal beobachten wir fliegende, ruhende, fischende Möwen. Mit ein bisschen Glück bekommen wir Schwarzhalstaucher zu Gesicht und was sonst auf dem Wasser noch kreucht und fleucht: Krick- und Stockenten sowie Haubentaucher.

Zur Klostertour gibt es eine Alternative, die Wasserratten reizen dürfte: Man umrundet den Großen Rußweiher bis zur beschriebenen Stelle, läuft anschließend aber nicht den Berg ganz hinauf. Statt dessen biegt man bei der ersten Gelegenheit rechts ab auf die ST2122 Richtung Großkotzenreuth. Schnell gelangt man zum Kleinen Rußweiher. Dort gibt es ein Naturbad vom Feinsten. Trotzdem ist der Eintritt spottbillig (1,80 € für Erwachsene). Wer genug vom Baden hat, leiht sich vielleicht ein Tretboote aus oder einen Kunststoffkahn (macht nur 2,50 €, die Stunde). Natürlich gibt es auch einen Kiosk, an dem man den Hunger mit einer Currywurst (2 € mit Semmel) oder Ähnlichem stillen kann. Vorausgesetzt, man ist auf dem Uferweg beim „Hotel Rußweiher“ nicht schon schwach geworden.

Anreise: Mit dem Pendolino bis Neustadt am der Pegnitz, weiter mit dem Bus 6269 Richtung Pressath bis zur Haltestelle Obersee.

Einkehr: „Glutschaufel“, zum Obersee 1, Mo–Sa ab 17.30 Uhr geöffnet, So und feiertags ab 11.30 Uhr


 

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