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Nicht nur am Himalaya frieren Finger ab

31.12.2008, 00:00 Uhr
Nicht nur am Himalaya frieren Finger ab

© dpa

Das schädigt die Zellen, im Extremfall sterben sie ab. Das Tückische ist: Zu Erfrierungen kommt es nicht erst, wenn das Thermometer minus 15 Grad anzeigt, sondern auch schon bei Temperaturen um den Gefrierpunkt.

«Die tatsächliche Temperatur ist nur ein Faktor. Doch die persönliche Empfindung und Verträglichkeit von Kälte ist ebenso wichtig», erklärt Klaus Afflerbach, Experte für Unfallprävention beim Deutschen Grünen Kreuz in Marburg. Zudem kann dieselbe Temperatur bei unterschiedlichen Umweltbedingungen auch sehr unterschiedlich wirken. Bei starkem Wind wird dem Körper schneller Wärme entzogen – vor allem, wenn Nässe hinzukommt.

«Von Kälteschäden oft betroffen sind alle Körperteile, die ohnehin schlecht durchblutet sind: Nase, Ohren, Zehen und Finger», erläutert Bernd Wolfarth von der Poliklinik für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin der Technischen Universität München. An diesen, aber auch an anderen Körperstellen werden Erfrierungen begünstigt, wenn die Durchblutung zusätzlich gestört ist, zum Beispiel durch Arterienverkalkung, Drogen- oder Alkoholmissbrauch, Hunger sowie körperliche oder geistige Erschöpfung.

«Besonders gefährdet sind die Diabetiker: Sie leiden an Sensibilitätsstörungen der Hände und Füße», sagt Mirjana Ziemer, Oberärztin an der Klinik für Dermatologie in Jena. Die Patienten empfinden dadurch die Kälte nicht – und erkennen die Erfrierungssymptome oft zu spät.

Wie bei den Verbrennungen unterscheiden Fachleute nach der Tiefe des Gewebeschadens verschiedene Grade von Erfrierungen. Bei Erfrierungen ersten Grades kommt es lediglich zu einer Verengung der Gefäße in der Oberhaut. «Der gefrorene Hautbereich ist blass und gefühllos», sagt Afflerbach. Endet die Kälteeinwirkung und kann sich der Körper aufwärmen, entsteht eine juckende Rötung. Diese klingt so rasch ab, wie die Erfrierung gekommen ist.

Wirkt die Kälte aber länger auf den Körper ein, so entstehen Erfrierungen zweiten Grades: Dann bilden sich Blasen, die mit Körperflüssigkeit oder Blut gefüllt sind. Häufig entstehen diese Blasen erst, wenn das betroffene Gewebe schon wieder aufgetaut ist.

Bei Erfrierungen dritten Grades sterben ganze Hautschichten ab: Die zunächst harten und weißen Hautregionen verfärben sich entweder nach dem Auftauen schwarz, oder es bilden sich Blutblasen, die zu Geschwüren werden. Der Kälteschaden hat tiefere Gewebeschichten durchdrungen. Erst nach Tagen oder Wochen kann das gesunde vom abgestorbenem Gewebe genau abgegrenzt werden. Eine Amputation des betroffenen Körperteils ist meist unumgänglich.

Sobald die ersten Symptome einer Erfrierung bemerkt werden, heißt es: Ganz schnell raus aus der Kälte. Je länger die Kälte andauert, desto ausgedehnter und schwerwiegender ist die Schädigung. «Beim Aufwärmen wird der Schmerz oft noch stärker, vor allem wenn der Temperaturunterschied zu abrupt und zu groß ist», sagt Ziemer. «Das Aufwärmen sollte ganz, ganz langsam erfolgen.» Die Hände werden zunächst unter kaltes Wasser gehalten. Das Wasser wird dann langsam erwärmt. Parallel sollte der Körper von innen mit Tee oder Kakao, keinesfalls jedoch mit Alkohol erwärmt werden. Blasen dürfen weder gerieben noch massiert werden: Durch die Kälte können sich in den gefrorenen Blutgefäßen Thrombosen (Verstopfungen durch Blutgerinnsel) gebildet haben. Sie würden sich durch eine Massage lösen. Das kann zu lebensgefährlichen Embolien führen. Im Idealfall heilen die Blasen von allein ab. «Wenn eine Blase jedoch aufgeht, muss sie sauber desinfiziert und verbunden werden, damit sich keine Infektionen bilden», sagt der Sportmediziner Wolfarth.

Die Wunde optimal versorgen kann nur der Arzt. «Wenn die Erfrierungssymptome über eine Rötung hinaus gehen, sollte man den Arzt aufsuchen», empfiehlt Ziemer. «Er kann mit speziellen Salben dazu beitragen, dass die Entzündung etwas unterdrückt wird, oder auch mit Wundverbänden dafür sorgen, dass bei der Abheilung keine hässlichem Narben entstehen.» Schon bei Erfrierungen ersten Grades sollte der Arzt konsultiert werden – wenn mehr als zehn Prozent der Körperoberfläche betroffen sind.

Der beste Schutz vor Erfrierungen ist angemessene warme Kleidung. «Sie sollte nicht zu straff sitzen: Luft ist ein guter Isolationsfaktor», sagt Bernd Wolfarth. Deshalb dürfen auch Schuhe und Handschuhe nicht zu eng sitzen. Besonders wichtig ist die Kopfbedeckung. «Teilmasken für Sportler oder auch ein warmes Tuch bedecken auch die Nase.» Nasse Kleidung muss schnellstmöglich gewechselt werden. Sie kann sonst anfrieren. Das kann auch mit Metallteilen wie Ohrringen oder Reißverschlüssen passieren. Eva Neumann, dpa

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