Opa Dieter, haste noch ’ne Geschichte?

19.12.2019, 19:39 Uhr
Opa Dieter, haste noch ’ne Geschichte?

© Foto: Jürgen Petzoldt

Jede Woche kommt er vorbei um eine seiner selbstgeschriebenen Geschichten zum Besten zu geben. Sein Erfolgsgeheimnis: "Ich bin innerlich noch Kind geblieben."

Karl-Dieter Wilhelm alias Opa Dieter ist 1933 als Sohn einer Pragerin und eines Schlesiers in Berlin geboren und hat seine Kindheit in Berlin und Prag verbracht. Sein Erzähltalent, sagt er, hat er von seiner Mutter geerbt und den trocknen Humor von seinem Vater. In Deutsch in der Schule war er immer gut gewesen. Beruflich hat es ihn jedoch in die Kaufhausbranche verschlagen. So ist er auch nach Nürnberg bekommen, wo er mittlerweile seit über 30 Jahren lebt.

Alles hat vor ein paar Jahren mit seinen fünf Enkelkindern angefangen. Vor dem Zubettgehen erzählte er ihnen Gute-Nacht-Geschichten, die er selbst erfunden hatte. Dann hieß es immer: "Opa Dieter haste noch ’ne Geschichte?" Mittlerweile gibt es zwei Bände mit diesem Namen zu kaufen, eine dritte Geschichtensammlung kommt demnächst heraus. Mehr als 50 kleine Erzählungen hat Opa Dieter bisher geschrieben. Ergänzt werden die Geschichten durch lustige Bilder, die seine Bekannte Sabine Sofie Brooks mit viel Liebe zum Detail zeichnet.

Oft sind es prägnante Alltagssituationen, die Opa Dieter inspirieren, aber auch besondere Erlebnisse von anderen Menschen, die ihn nachdenklich machen. Die springende Idee bekommt er oft mitten in der Nacht. Dann steht er auf, setzt sich an seine Schreibmaschine und tippt den Text in einem Schwung herunter. Anschließend liest seine Frau dann nochmal darüber und korrigiert die Kommata. Als Erste hören dann seine Enkelkinder die neuen Erzählungen. Ihr Urteil ist entscheidend, wenn sie etwas nicht gut finden, überarbeitet ihr Opa seinen Entwurf nochmal. Die Fantasie der Kinder anzuregen, ist für den Rentner besonders wichtig: "Die meisten meiner Geschichten enden mit einer Frage, um die Kinder zum Nachdenken zu bringen. Sie sollen die Geschichte in ihrem Kopf noch weiterspinnen." Und tatsächlich wollen seine kleinen Zuhörer es oft genau wissen, haken am Ende nochmal nach. Da ist Kreativität gefragt, sodass alle Fragen beantwortet werden können. "Die Kinder wissen sofort, wenn man die gleiche Geschichte schon vor einem halben Jahr erzählt hat." So ist er immer gefordert, sich neue Sachen auszudenken.

Das Vorlesen liegt dem 86-Jährigen deshalb so am Herzen, denn: "Wenn man vorgelesen bekommt, lernt man aufmerksam zu sein und Dinge zu hinterfragen. Außerdem erweitert sich der eigene Wortschatz." Auch wenn manche Kinder anfangs Schwierigkeiten haben, sich zu konzentrieren, weiß Opa Dieter aus Erfahrung: "Irgendwann kriegst du sie alle." Hierfür hat der Rentner seine eigene Strategie gefunden: "Die größten Rabauken setz’ ich immer direkt neben mich, dann werden sie ganz ruhig und hören zu." Sein Konzept geht auf. Mittlerweile wird Opa Dieter teils überhäuft mit Anfragen. Erstaunlicherweise sind seine Lesungen auch bei Erwachsenen sehr beliebt. So war er bereits auch in Seniorenheimen. Ob groß oder ob klein, mit seinem Engagement hofft Opa Dieter, andere zu inspirieren, es ihm gleichzutun: "Wenn ich es schaffe, dass einem Kind mehr vorgelesen wird, ist das das Größte für mich."

www.karl-dieter-wilhelm.de

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