Spaziergang durch Kornburg

05.04.2013, 10:00 Uhr
Spaziergang durch Kornburg

© Bernd Hafenrichter

Mit seiner topografischen Eigenständigkeit verschwindet der alte Ort nicht im geschlossen bebauten Häusermeer der Stadt, sondern wird – umgeben von Wiesen und Feldern – noch als ehemalige Gemeinde wahrgenommen. Der Ortskern ist – obwohl von Neubaugebieten umgeben – auch heute noch individuell geprägt.

Unseren Rundgang beginnen wir an der Bushaltestelle Kornburg-Süd (1). Von der stark befahrenen Hauptstraße zweigen wir links in den Friedhofsweg ab. Über die Pferdekoppel hinweg bietet das Schloss mit seinen Nebengebäuden ein schönes Motiv. Die Florentiner Straße (2) erinnert uns an die Lage Kornburgs an der ehedem sehr wichtigen Handelsstraße nach Venedig. Auch die Venezianer Straße und die Römerstraße gibt es hier.

„Chunradus de Churenburc“

Die Anfänge Kornburgs sind schwer zu fassen. Jedenfalls war hier Königsland, das von der Reichsveste Nürnberg verwaltet wurde. 1236 erscheint der Ort urkundlich als Sitz eines Reichsbeamten „Chunradus de Churenburc“. Von den Kurenburgern wird im 13. Jahrhundert vermutlich auch die Wasserburg errichtet.

Nach dem Kindergarten biegen wir rechts in den „Schlossgraben“ ein und gleich am Gerichtsweg fällt uns das zweigeschossige ehemalige Wirts- und Bäckerhaus (2) aus dem Jahr 1740 wegen seines desolaten Zustandes auf. Traufseite Sandstein, verputzter Fachwerkgiebel, Kaminhauben, Bäckerembleme, alte Haustüre und zwei eichene Fensterstürze warten seit 1972 auf einen finanzstarken Denkmalliebhaber. An bessere Zeiten erinnert ein Heimatforscher mit folgenden Zeilen: „Eine sturmfreie Bude scheint die Nr. 78 gewesen zu sein. In diesem Wirtshaus trafen sich die adeligen und nichtadeligen Kavaliere mit ihren Damen zum unterhaltsamen Stelldichein.“

Noch 1977 wurden in Kornburg 24 Häuser als Denkmale aufgeführt. Seither sind 12 Abrisse zu verzeichnen. Dafür entstanden Neubauten, auch in der Hauptstraße, die durch das Zurücktreten der Baulinie recht breit wirkt. Die beiden kleinen Grünanlagen mit Kerwabaum und Kriegerdenkmal lassen den ehemaligen Dorfanger noch erahnen. Der Funktionswandel der Häuser ändert ihr Erscheinungsbild, die Maßstäblichkeit ist gewahrt. Die Giebel stehen zur Straße. An der Fassaden- und Fenstergestaltung ist manches kritikwürdig, aber es gibt zumindest keine rechteckigen Betonklötze.

Kostspielige Kavaliersneigungen

Zwei Gebäude verdienen besondere Beachtung. Zunächst Hauptstraße 16, das ehemals Seckendorf-Egloffsteinsche Freihaus (4). Ein 1709 erbauter zweigeschossiger, verputzter Sandsteinbau mit Walmdach, 7 Fensterachsen, geohrter Fenstereinrahmung, Hauptportal mit Freitreppe und Kartusche mit einem Allianzwappen Egloffstein (Bärenkopf) – Seckendorf (Lindenzweig). Im Inneren reiche Stuckdecken, wohl von Donato Polli. Der Heimatforscher schreibt, einer der Freiherrn von Egloffstein hätte „sehr kostspielige Kavaliersneigungen gehabt; er machte einen seine

Mittel weit übersteigenden Aufwand“. Das führte in die Pleite. Seit 1831 ist das Haus in bürgerlichem Besitz. Zwei Handwerkerhäuschen (Anfang 18. Jahrhundert) flankieren das Freihaus.

Ein zweites Gebäude, Hauptstraße 29, ist das Müller-Vargetsche Freihaus (5). 1731 errichtete ein Kaufmann namens Müller das herrschaftliche Gebäude nach den Plänen des vorgenannten Freihauses. Alles identisch: Walmdach, Fenster, Portal, Freitreppe. Auch die Rahmenstuckdecken sind von Polli. Beim Bau des Ludwigkanals diente das Haus als Krankenstation für die Bauarbeiter, ab 1885 war es zweites Schulhaus und bis 1972 wirkte hier die Gemeindeverwaltung. Daran erinnert das Gemeindewappen.

Ein Siegel mit drei Hügeln

Das Kornburger Gerichtssiegel von 1499 zeigt drei Hügel, aus denen Kornähren wachsen, und eine Burg. Der Name Kornburg hat allerdings nichts mit Getreide zu tun. Das ist ein altes Missverständnis. Sprachforscher weisen darauf hin, dass Korn in alten Urkunden oft „Kürn“ oder „Kurn“ lautet und zu dem althochdeutschen „quirn“ (Mühle) gehört. Tatsächlich lieferten die Steinbrüche unserer drei „Berge“ sehr gutes Material, das für Wasserbauten und Mahlsteine hervorragend geeignet war. Es lag nahe, die ergiebige Hügelkette insgesamt „Kurnberg“ und ihre Besitzer und Nutzer die Herren von „Kurenberg“ zu nennen.

Das evangelische Pfarrhaus (Hauptstraße 31) ist ein repräsentatives Fachwerkgebäude mit Sandsteinsockel (6). 1638 wurde es neu gebaut, nachdem 1632 die Truppen Wallensteins das Schloss, die Kirche und den gesamten Ort niedergebrannt hatten. Die Pfarrscheune (1693) dient seit etwa fünf Jahrzehnten als Heimatmuseum (7).

Und der Hirsch auf der Säule? Da hat sich Markgraf Wilhelm Friedrich ein Denkmal gesetzt, weil er einen Zehnender von Regelsbach bei Schwabach bis nach Fischbach und zurück nach Kornburg „forciert“ und nach fast vier Stunden endlich erlegt hatte. „So geschehen den 3. Novembris 1712.“ Das war Tierquälerei. Respekt vor dem Hirsch – er hat sein Denkmal verdient!

Die St.Nikolauskirche (8) aus dem Jahr 1740 stammt vom markgräflichen Landbaumeister J.D. Steingruber. Über dem unverputzten schlichten Sandsteinbau ragt ein Ostturm mit geknicktem Spitzhelm auf. Innen finden wir einen Kanzelaltar. Das Gotteshaus ist ein typisches Beispiel für den „Markgrafenbarock“.

Fremdenzimmer mit Friedhofsblick

Entlang der Mauer können wir die Kirche umrunden. Zwei Fachwerkscheunen auf Bruchsteinsockeln fallen uns auf. Sie entstanden nach dem 30jährigen Krieg und gehörten einst zu den Schlossbauernhöfen. Für den früheren Fuhrwerksverkehr war die Engstelle hier völlig problemlos, den heutigen Erfordernissen ist sie aber kaum mehr gewachsen. Das alte Mesnerhäuschen aus dem 16. Jahrhundert, das an die Kirchhofmauer angebaut ist (10), war ursprünglich eingeschossig. Um 1700 hat man für eine Amtsknechtswohnung aufgestockt und einen in den Friedhof ragenden Anbau als Ortsgefängnis eingerichtet. Seit einer Renovierung kann man jetzt in Gästezimmern romantisch nächtigen.

Das gegenüberliegende, zweigeschossige Sandsteinhaus mit Walmdach ist das ehemalige Mesner- und Schulhaus (1797). Hier wohnte der Lehrer, der auch die Orgel zu spielen und für den rechten Gesang zu sorgen hatte. Bis heute hat sich die Bezeichnung „Kantoratsgebäude“ (9) erhalten.

Jetzt aber zum Schloss! Der äußere Schlosshof war eingesäumt von Stall- und Wirtschaftsgebäuden mit Wohnungen für die Bediensteten. Die heutigen kleinen Wohngebäude sind alle in Privatbesitz (11). Das Schloss selbst ist eine mittelalterliche Wasserburg, die von den Kurenbergern über verschiedene adelige Besitzer 1447 letztlich an die Nürnberger Patrizierfamilie Rieter kam. Die Rieter wirtschafteten hier über 350 Jahre. Seit 1812 liegt wechselnder Privatbesitz vor.

Was wir sehen, ist nicht mehr die Burg der Kurenburger, denn der Bau wurde viermal zerstört und immer wieder verändert aufgebaut. Von der ursprünglichen Burg, einer hufeisenförmigen Anlage, ist nur noch die Umfassung mit dem Bruchsteinmauerwerk im Original erhalten. Über dem Schlosseingang, der in einen reizvollen, privat genutzten Innenhof führt, weist ein Allianzwappen auf eine Rieter-Löffelholzsche Verbindung hin (1686).


 

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