Kia e-Soul: Strom statt Sprit

31.10.2019, 16:46 Uhr
Kia e-Soul: Strom statt Sprit

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Wie er aussieht: Geschmackssache. Die einen finden den kastigen Kubus cool, die anderen befremdlich. Als Persönlichkeit fällt der fünftürige Crossover aber allemal auf. Mit 4,20 Metern Länge ist er rund sechs kürzer Zentimeter als ein VW Golf. Optional lassen sich Dach und Außenspiegel kontrastfarbig bestellen – in Schwarz, Rot oder Gold, tatsächlich. 

Wie er eingerichtet ist: Mit ein bisschen viel Hartplastik, im Grunde aber in völlig zufriedenstellender Qualität. Die Sitze (auf Wunsch auch mit Ventilation) sind gerade richtig gepolstert, nicht zu weich und nicht zu straff, der Armaturenträger erweist sich als klar strukturiert und übersichtlich, ein großer 10,25-Zoll-Touchscreen macht die multimedialen Welten des Infotainments über eine logische Menüstruktur zugänglich. Das neue Telematiksystem "Uvo Connect" informiert den Fahrer unter anderem in Echtzeit über die nächstgelegenen Ladestationen, deren Kompatibilität und die verfügbaren Plätze. Und die dazugehörige App für Android- und Apple-Smartphones macht es möglich, den Soul vorzuklimatisieren, das Ladeprozedere zu überwachen und zu programmieren sowie die Routenplanung ans Navi zu schicken.

Kia e-Soul: Strom statt Sprit

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Wie viel Platz er hat: Ordentlich. Die Passagiere leiden keine Not, auch im dreisitzigen Fond geraten Langstrecken nicht zur Tortur. Hier zahlt sich das kastenförmige Design aus, denn keine Dachschräge engt die Kopffreiheit ein. Auch das Gepäckabteil (315 bis 1339 Liter) profitiert vom kantigen Heckabschluss – und obendrein davon, dass Kia die Batterie platzsparend in den Unterboden verfrachtet hat. Werden die Rücksitzlehnen flachgelegt, offenbart der Soul sehr praktische Qualitäten als elektrischer Kleintransporter.

Was ihn antreibt: Ein 150 kW (204 PS) starker Elektromotor, den ein flüssig gekühlter 64-kWh-Lithium-Ionen-Polymer-Akku mit Energie versorgt. Alternativ bietet Kia auch eine "kleine Lösung" aus 110 kW (136 PS) und 39,2-kWh-Batterie an. 90 Prozent der Kunden, so heißt es, entscheiden sich aber für den stärkeren e-Soul, der auch Gegenstand unseres Fahrberichts ist.

Wie weit er kommt: Nach Norm (WLTP) 452 Kilometer. Das ist eine ganze Menge, und auch die Praxis-Reichweite bleibt davon gar nicht so weit entfernt. Komplett leergefahren haben wir den Akku zwar nie, 430 Kilometer Aktionsradius erschienen uns aber als durchaus realistisch. Das gilt selbst für Autobahnfahrten, vorausgesetzt, der Fahrer erzieht sich zur Gelassenheit, verbannt den Gedanken ans Spitzentempo (167 km/h) aus dem Kopf und spurt mit 100 bis 120 Sachen dahin, was im Übrigen eine sehr entspannte Form des Reisens ist.

Abseits der Schnellstraßen und vor allem in der Stadt hilft Bremsenergierückgewinnung beim Reichweiten-Hamstern. Die Intensität der Rekuperation lässt sich über Schaltwippen am Lenkrad einstellen, bis hin zum sogenannten "One-Pedal-Driving", bei dem der Wagen auch ohne Betätigen des Bremspedals zum Stehen kommt. Im Modus „Smart Regeneration“ orientiert sich der e-Soul am vorausfahrenden Verkehr und nutzt dann automatisch die jeweils optimale Betriebsform.

Auch Features wie Wärmepumpen- und Vorheizsystem für die Batterie sowie die Möglichkeit, ausschließlich den Fahrerplatz zu klimatisieren, helfen Strom für die Strecke sparen.

Kia e-Soul: Strom statt Sprit

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Wie er lädt: Hinter der "Tankklappe" an der Wagenfront verstecken sich eine herkömmliche Typ-2-Ladebuchse und ein CCS-Anschluss, der für jene Gleichstrom-Schnellladestationen gedacht ist, die derzeit entlang der europäischen Autobahnen entstehen. Hier kann der e-Soul in 54 Minuten auf 80 Prozent laden. 

Derzeit kostet jeder Ladevorgang an einem „Turbo-Lader“ des Ionity-Verbunds pauschal acht Euro, über kurz oder lang dürfte stattdessen aber eine kWh-genaue Abrechnung erfolgen.

Die gängigen Wallboxen und öffentlichen Ladestationen bieten eine Ladeleistung von 11 oder 22 kW. Davon hat der e-Soul leider wenig, denn er kann nur einphasig 7,2 kW Strom ziehen. Somit braucht er neuneinhalb Stunden, um seine elektrischen Reserven vollständig aufzufüllen. Das wird auch deshalb zum Problem, weil die Parkzeit an vielen Ladepunkten auf drei bis vier Stunden begrenzt. Auch hier ein kurzer Blick auf die Kostenfrage: An der N-Energie- Ladestation kostet 5- bis 11-kW-Laden einen Euro pro Viertelstunde, eine komplette "Tankfüllung" käme somit auf 38 Euro. Stromkunden von Mitgliedern des Ladeverbunds+ erhalten einen ermäßigten Tarif.

Praktisch keine Option ist die Haushaltssteckdose – hier müsste der e-Soul über 30 Stunden lang ausharren.

Kia e-Soul: Strom statt Sprit

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Wie er sich fährt: Prima! Flink, unangestrengt, zackig im Antritt, der 395 Newtonmeter sei Dank. Nur sieben Sekunden nimmt der Sprint von 0 auf 100 Sachen in Anspruch. Auch an das leise Vorankommen gewöhnt man sich schnell und gern. Als Racer wurde der e-Soul nicht aufgelegt, dank des tiefen Schwerpunkts agiert er aber auch nicht unsportlich. Die Sicht nach hinten könnte besser sein, immerhin hilft hier die serienmäßige Rückfahrkamera weiter.

Was er verbraucht: Nach Werksangaben 15,7 kWh Strom pro 100 km, in unseren Händen 17,2 kWh. Freilich kommt es beim Elektroauto stark auf die Fahrweise an – wer sanft mit dem Fahrpedal umgeht und den Eco+-Modus bemüht, bringt es auf Werte mit einer 12 vor dem Komma, wer längerfristig die Topspeed ausreizt, reißt die 20-kWh-Hürde.

Was er bietet: Die drei Ausstattungsvarianten heißen Edition 7, Vision und Spirit. Das Basismodell bringt unter anderem Audiosystem mit 7-Zoll-Touchscreen, LED-Scheinwerfer, Rückfahrkamera, Klimaautomatik, 17-Zoll-Leichtmetallräder und Fahrhelfer wie Fernlichtassistent, Frontkollisionswarner, Müdigkeitswarner und Stauassistent mit. Für die meisten Kunden dürfte es aber mindestens das "Vision"-Level werden, unter anderem mit Navi, Harmann-Kardon-Soundsystem, DAB+-Radio, Onlinediensten und Wärmepumpe. Beim "Spirit" addieren sich unter anderem noch Ambientebeleuchtung, Head-up-Display und Querverkehrswarner dazu.

Was er kostet: Ab 37.790 Euro. Die Lieferzeit beträgt nach Kia-Angaben derzeit rund sechs Monate.

Was wir meinen: So wie beim Kia e-Soul darf Elektromobilität gern funktionieren: Reichweitenstark, praxistauglich, selbstverständlich und normal. An der schmalen Ladeleistung muss Kia allerdings noch arbeiten, und 41.390 Euro für die sinnvolle "Vision"-Ausstattung sind trotz abzugsfähigem Umweltbonus eine Menge Geld.

Ulla Ellmer

Die Daten des Kia e-Soul 204

Leistung 150 kW/204 PS bei 3800 - 8000/min, max. Drehmoment 395 Nm bei 0 - 3600/min, Spitze 167 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 7,9 sec. Batterietyp Lithium-Ionen-Polymer, Nennkapazität 64 kW/h, Ladeanschluss Typ 2 und CCS,  Ladezeit 0 bis 100% 31 h (Haushaltssteckdose), 15 h (Wechselstrom bei 4,6 kW Leistung), 9 h 35 min (Wechselstrom bei 7,2 kW Leistung), Ladezeit 0 bis 80% 75 min (50-kW-Gleichstrom-Ladestation), 54 min (100-kW-Gleichstrom-Ladestation).  Normverbrauch 15,7 kWh/100 km, Testverbrauch 17,2 kWh, Reichweite 452 km, CO2-Emission 0 g/km, Schadstoffklasse Elektrofahrzeug, Energie-Effizienzklasse A+. Länge 4,20 m, Breite 1,80 m (ohne Außenspiegel), Höhe 1,60 m, Kofferraum 315 bis 1339 l, Leergewicht 1757 kg, zulässiges Gesamtgewicht 2180 kg, Zuladung 423 kg, Automatik, Frontantrieb. Versicherungs-Typklassen 18 (KH), 22 (VK), 19 (TK). Preis ab 37.790 Euro.

 

 

 

 

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