Neuer Ärger nach Booster-Benachteiligung

Bayerns Regierung bestätigt: Johnson&Johnson-Geimpfte verlieren 2G-Status

20.1.2022, 11:08 Uhr
Millionen Deutsche wurden im vergangenen Jahr mit dem Impfstoff von Johnson&Johnson vor dem Coronavirus geschützt. 

© Wolfgang Kumm, dpa Millionen Deutsche wurden im vergangenen Jahr mit dem Impfstoff von Johnson&Johnson vor dem Coronavirus geschützt. 

Es ist nur eine unscheinbare Zahl auf einer Homepage - sie hat aber gewaltige Auswirkungen für Millionen Deutsche. Still und ohne Vorwarnung hat das Paul-Ehrlich-Institut die "Anforderungen für den vollständigen Impfschutz" angepasst, in denen geregelt ist, wer in Deutschland als vollständig geimpft gilt - und wer nicht. Für den Impfstoff von Johnson&Johnson sind jetzt zwei Dosen vorgeschrieben. Bislang war es, wie vom Hersteller angegeben, lediglich eine. Das Vakzin nahm eine Sonderrolle ein.

Doch damit ist jetzt schlagartig Schluss. Wie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) auf Nachfrage der Nürnberger Nachrichten bestätigt, habe man die Regelung am 15. Januar angepasst. Details nennt die Behörde, die dem Gesundheitsministerium unterstellt ist, nicht - und verweist stattdessen auf die Regierung.

Tatsächlich definiert allein das Paul-Ehrlich-Institut, wer als geimpft gilt. Die Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung, eine Art juristischer Rahmen, verweist auf die Homepage der Behörde. Auch Bayern übernimmt die neue Regel, das bestätigt die Staatsregierung den Nürnberger Nachrichten. Die aktuelle Fassung der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung verweist indirekt auf die Einschätzung des PEI. Dort wird definiert, wer im Freistaat 2G-Status hat. Menschen mit einer Johnson&Johnson-Impfung gehören ab sofort nicht mehr dazu. Sie werden damit von weiten Teilen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen, dürfen nicht mehr ins Restaurant, ins Kino, zum Friseur. Auch strengere Quarantäne-Regeln greifen für Betroffene.

Die Nachricht trifft viele eigentlich Geimpfte eiskalt. Rund dreieinhalb Millionen Deutschen wurde Janssen, wie das Vakzin heißt, verabreicht. In Bayern sind es knapp 500.000. Wie viele der Betroffenen bereits eine Zusatzimpfung bekommen haben, bleibt unklar. Das Robert-Koch-Institut weist in seinem Impf-Monitoring lediglich 8700 komplette Auffrischungen aus - dafür sind bei Johnson&Johnson aber wohl drei Dosen notwendig. Gleichzeitig verloren auch viele Genesene ihren 2G-Status. Dieser gilt seit Samstag nur noch zwischen dem 28. und dem 90. Tag nach dem positiven PCR-Test.

Warum warnte die Behörde niemanden vor?

Doch warum wurde die neue Regel nicht angekündigt? Auf der Homepage des Paul-Ehrlich-Institutes heißt es dazu: "Änderungen der Kriterien werden an dieser Stelle mit angemessener Frist bekannt gemacht." Vorgewarnt hat die Behörde ganz offensichtlich aber keinen der Janssen-Geimpften. Auch die App CovPass, mit dem Deutsche ihren Impfstatus nachweisen können, führt Betroffene noch als "vollständig geimpft". Das ergab eine Stichprobe unserer Redaktion.

Erst Anfang Februar, sagt das Bundesgesundheitsministerium, werde der digitale Impfnachweis "technisch umgestellt". Bis dahin gelten Einfach-Geimpfte, die das Vakzin von Johnson&Johnson erhalten haben, zumindest in CovPass wohl weiter als vollständig geimpft. Welche Folgen das in der Praxis hat, bleibt unklar - ebenso, ob Betroffene künftig beispielsweise an der Restauranttür abgewiesen werden können.

Benachteiligung bei Booster-Erleichterung

Aus heiterem Himmel kommt die Entscheidung des Paul-Ehrlich-Institutes nicht. Bereits vergangene Woche bewertete die Ständige Impfkommission (Stiko) das Vakzin von Johnson&Johnson als "ungenügend" - zumindest dann, wenn der Schutz nicht aufgefrischt wird. Dem Expertengremium zufolge häufen sich bei Janssen sogenannte Impfdurchbrüche, also symptomatische Erkrankungen von eigentlich Geimpften. Gemessen an der Zahl der verabreichten Dosen seien die Vorfälle bei Johnson & Johnson besonders häufig. Die Stiko rät zu einer Auffrischung mit einem mRNA-Vakzin wie dem von Biontech/Pfizer oder Moderna. Bislang handelte es sich bei der Empfehlung aber nur um einen Entwurf. Nun schafft das Paul-Ehrlich-Institut Fakten.

Es ist nicht das erste Mal, dass Janssen-Geimpfte klar benachteiligt werden: In Bayern gelten sie selbst mit einer zusätzliche Dosis nicht als geboostert - und können sich nicht von der Testpflicht unter 2G-Plus befreien lassen. Für das bayerische Gesundheitsministerium sei das lediglich eine "Optimierung der Grundimmunisierung" und keine vollwertige Auffrischung. Mittlerweile gilt die Regel in ganz Deutschland.

Erst nach einer dritten Spritze profitieren Betroffene von Erleichterungen bei 2G-Plus. "Dass ich Johnson&Johnson bekommen habe, lag nicht in meinem Ermessensspielraum und fliegt mir jetzt um die Ohren", sagte eine mit Fränkin, die mit Janssen geimpft wurde, gegenüber unserer Redaktion. Der Ärger ist gewaltig. "Johnson&Johnson bekommen? Ja, so ein Pech, zurück zum Anfang."

Auch anderswo drohen Geimpfte ihren 2G-Status zu verlieren. Am Montag hat das Robert-Koch-Institut (RKI) sein Impfquotenmonitoring angepasst. Dort werden alle verabreichten Dosen gesammelt. Bislang wies die Behörde mehr als 60 Millionen Deutsche als "vollständig geimpft" aus - seit Wochenbeginn gelten sie nur noch als "Grundimmunisierte". Mehr dazu lesen Sie hier:

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