8. September 1970: 130 warteten - aber nur ein Bürger kam

8.9.2020, 07:10 Uhr
8. September 1970: 130 warteten - aber nur ein Bürger kam

© Bauer

Nur wenige Bürger nutzten gestern die Gelegenheit, bis 19 Uhr bei den verschiedenen Ämtern und Dienststellen ihre Geschäfte zu erledigen. Dagegen standen am Vormittag häufig Besucher vor verschlossenen Türen, weil sie trotz der zahlreichen Ankündigungen den späteren Dienstbeginn um 9.30 Uhr nicht mitbekommen hatten.

Das Fazit des ersten Tages: der neue städtische Kundendienst, der zunächst versuchsweise auf sechs Monate eingerichtet worden ist, muß sich erst noch unter der Bevölkerung herumsprechen. "Der Ansturm, den wir erwartet hatten, ist ausgeblieben", lautete der Bericht zur Lage aus dem Standesamt.

In den Abendstunden erschienen nur einzelne, vorher angemeldete Nürnberger, um ein Aufgebot zu bestellen. Außerdem protokollierten die Beamten einige Kirchenaustritte. "Wir warten auf die Leute und es kommen keine", hieß es ebenfalls beim Gesundheitsamt. Der Publikumsverkehr zwischen 17 und 19 Uhr: ein einziger Besuch. Einsam blieb auch der Kunde, der bei der Stadtkasse mit ihrer 130köpfigen Belegschaft Geld einzahlte (ein zweiter erbat telefonisch Auskunft). Andere Behörden, die zum Start nur wenig Betrieb meldeten, waren beispielsweise das Amt für öffentliche Ordnung und das Jugendamt. Unterschiedlichen Zuspruchs erfreute sich das Amt für Wohnungs- und Siedlungswesen mit seinen fünf Abteilungen. Während sich beim Finanzierungs-Ressort bis um 18.30 Uhr noch kein Mensch hatte blicken lassen und das Telefon nicht einmal geklingelt hatte, holten sich bei der Wohnberatungsstelle immerhin rund 25 Bürger Auskunft.

Als "mäßig" bezeichneten die freilich viel stärkeren Andrang gewohnten Beschäftigten des Einwohnermelde- und Paßamts den Betrieb. Aber auch dort, wo morgens die meisten Nürnberger umsonst aufgekreuzt waren, gab es an den Schaltern einiges zu tun. Nun, zum Anfang des Experiments, mit dem die Stadtverwaltung versucht, dem Bürger näher zu kommen, waren ohnehin keine Wunder zu erwarten. Der "lange Montag" wird wie manche Neuerung auch erst langsam in der Öffentlichkeit bekannt werden.

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