Gesetz auf dem Prüfstand
Neue Regeln für Unterbringung psychisch Kranker in Bayern?
26.05.2025, 04:17 Uhr
Gut vier Monate nach dem tödlichen Messerangriff in Aschaffenburg prüft Bayern neue Regeln für die Unterbringung von psychisch kranken Menschen. Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Sozialministeriums beschäftige sich derzeit mit der Frage, wie Gewalttaten durch psychisch Kranke besser verhindert werden können, sagte ein Ministeriumssprecher. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte nach der Gewalttat eines offenbar psychisch kranken Afghanen angekündigt, Bayern wolle sein Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) „härten“.
Ministerium: Psychisch kranke Menschen nicht per se gefährlicher
Ob es dazu tatsächlich kommt, ließ das Sozialministerium auf Nachfrage aber offen. Ziel der Arbeitsgruppe seien „geeignete Maßnahmen“, um die Gefahr zu reduzieren, die von einer kleinen Gruppe psychisch kranker Menschen ausgehe. „Psychisch kranke Menschen sind nicht gefährlicher und neigen nicht mehr zu Gewalt als andere“, betonte ein Ministeriumssprecher. Vielmehr sei bei ihnen statistisch gesehen das Risiko deutlich höher, Opfer von Gewalt zu werden.
„Allerdings gibt es eine kleine Gruppe psychisch kranker Menschen, die aufgrund der Schwere ihrer psychischen Erkrankung ein erhöhtes Risiko für Gewalthandlungen aufweisen“, sagte der Ministeriumssprecher. Diese Gefahr könne vor allem durch Alkohol- und Drogenmissbrauch deutlich steigen. Oft würden diese Menschen aber Behandlungen und Hilfsangebote ablehnen. Auch der Austausch zu solchen Menschen mit Sicherheitsbehörden werde in der Arbeitsgruppe mit Expertinnen und Experten den Blick genommen.
CSU-Forderung nach leichterer Zwangsunterbringung löste Kritik aus
Nach dem Messerangriff in Aschaffenburg und Söders Ankündigung hatte der CSU-Fraktionschef im Landtag, Klaus Holetschek gefordert, dass Menschen einfacher auch gegen ihren Willen behandelt werden können. Zudem brauche es einen leichteren Austausch von Krankendaten mit Sicherheitsbehörden. Minderjährige, die sich in akuter psychiatrischer Not befänden, sollten im Zweifel auch ohne Zustimmung der Eltern in eine Klinik kommen können.
Der Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen (BApK) hatte diesen Vorstoß scharf kritisiert. Die Forderungen erinnerten „in ihrer Grundhaltung bedenklich an vergangene Zeiten, in denen psychisch erkrankte Menschen als „Gefahr“ für die Gesellschaft stigmatisiert wurden“, sagte die kommissarische Vorsitzende, Heike Petereit-Zipfel. „Besonders im Kontext der NS-Zeit zeigt die deutsche Geschichte eindrücklich, wohin derartige Denkweisen führen können.“
Die Tat in Aschaffenburg müssten vielmehr als Mahnung verstanden werden, „endlich die Ressourcen und Mittel in die Hand zu nehmen und so zu lenken, dass eine umfassende und menschenwürdige Versorgung sichergestellt werden kann“, sagte Petereit-Zipfel. „Reflexhafte Forderungen nach mehr Härte sind dabei ein Irrweg, der den Fortschritt der letzten Jahrzehnte gefährdet.“
Meinungsbild innerhalb des Verbandes nicht einheitlich
Doch auch innerhalb des Verbandes ist das Meinungsbild offenkundig nicht einheitlich. So distanzierte sich der Landesverband ApK Bayern in einem offenen Brief an Holetschek von der Kritik des BApK: „Wir unterstützen Ihre Forderung, Personen, bei denen konkrete Anhaltspunkte für eine Fremdgefährdung vorliegen, schneller und unter leichteren Voraussetzungen zu einer fachärztlichen Untersuchung vorzuladen oder notfalls auch gegen ihren Willen einer solchen Untersuchung zuzuführen“, heißt es in dem Schreiben.
Dies gelte „insbesondere“ auch für den Verweis auf die NS-Zeit. „Der Inhalt war nicht mit uns abgestimmt.“