Last Exit Schinkenstraße

Zu viel Fokus auf Diversität? Heinz Strunk schimpft gegen "Quotenbesetzung" bei ARD und ZDF

Saskia Muhs

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19.9.2023, 10:36 Uhr
02.05.2022, Hamburg: Heinz Strunk, am Rande eines Interviews in seiner Wohnung. 

© Christian Charisius, dpa 02.05.2022, Hamburg: Heinz Strunk, am Rande eines Interviews in seiner Wohnung. 

Er ist Schriftsteller, Musiker, Drehbuchautor, Satiriker, Produzent und Regisseur in einem - Mathias Halfpape alias Heinz Strunk. Der in Niedersachsen geborene Künstler hat sich unter anderem mit seinem autobiografisch angehauchten Bestseller-Roman "Fleisch ist mein Gemüse" (2004) und dem Roman "Der Goldene Handschuh" inklusive dessen anschließender Verfilmung (2019) einen Namen gemacht.

Jetzt will der mittlerweile 61-Jährige offenbar an die Erfolge der Vergangenheit anknüpfen und bringt im Oktober eine Comedy-Serie auf der Streaming-Plattform Amazon Prime raus, für welche er im Vorfeld ordentlich die Werbetrommel rührt. Im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" teilt er dabei auch gegen öffentlich-rechtliche Medien und Political Correctness aus.

Neue Serie "Last Exit Schinkenstraße"

"Last Exit Schinkenstraße" handelt von zwei unbeholfenen Mittfünfzigern, dem Trompeter Torben (Marc Hosemann) und dem Saxophonisten Peter (Heinz Strunk). Beide werden vom Bandleader ihrer Tanzband auf die Straße gesetzt. Peter und Torben verlassen daraufhin Hamburg, um auf Mallorca eine Karriere als Schlager-Stars zu beginnen. Die Partyschlager, die den beiden Charakteren im Laufe der Serie zu einem Platz auf den Bühnen in El Arenal verhelfen sollen, tragen Titel wie "Liebesdöner" und stammen ebenfalls aus Strunks Feder.

Auch wenn er davon überzeugt ist, dass seine Songs den echten Ballermann-Hits wie "Layla" oder "Bumsbar" deutlich überlegen sind, da sie im Gegensatz zu seinen Liedern "sprachlich beschämend schlicht" seien, ist er sich sicher: Seine Serie, inklusive der Songs, wären bei ARD und ZDF "in 1000 Jahren nicht produziert worden" -so Strunk in der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

"Ein kompletter Ausschlussgrund wäre allein schon der Umstand, dass die Hauptrollen zwei ältere, weiße Herren spielen. Wir sind nicht divers. Wir haben nicht die nötigen Quotenbesetzungen vorgenommen. Bei den Öffentlich-Rechtlichen nimmt das schon religiöse Ausmaße an. Da kann man froh sein, dass das bei Amazon keine Rolle gespielt hat".

Doch ist das tatsächlich so? Wir haben kurzerhand nachgefragt. Laut ARD habe es nie Gespräche darüber gegeben, die Serie "Last Exit Schinkenstraße" von dem öffentlich-rechtlichen Sender produzieren zu lassen.

"Uns lag nie ein Drehbuch vor", teilt uns die ARD schriftlich auf Anfrage mit. Außerdem wollten wir wissen, ob das Konzept der Serie, wie von Strunk vorgeworfen, mit den Leitlinien zum Thema "Diversität, tatsächlich kollidiert wäre. In der Antwort heißt es:

Diversität stellen wir dabei nicht so zentral, dass wir die ursprüngliche Geschichte nicht mehr authentisch erzählen können."

Strunks Vorwurf, dass die "Quotenbesetzung" dafür sorge, dass seine Serie aufgrund zweier weißer, männlicher Hauptdarsteller nicht produziert oder ausgestrahlt worden wäre, weist die ARD entschieden zurück:

"Wir lehnen keine Drehbücher wegen zwei männlicher Hauptrollen ab. Das Projekt wurde im Übrigen über die Moin Filmförderung Hamburg gefördert, an der der NDR beteiligt ist. Die Moin-Fragebögen zur Diversität der Rollen wurden so beantwortet, dass es gefördert wurde."

Mit anderen Worten: An Strunks Projekt sind sehr wohl öffentlich-rechtliche Medien beteiligt und es wurde zudem Wert auf ein gewisses Maß an politischer Korrektheit gelegt. Doch die Debatte rund ums monströse Thema "Wokeness" ist eben ein Garant für mediale Aufmerksamkeit. Kurz vor der Veröffentlichung einer eigens produzierten Serie auf einer bezahlpflichtigen Streaming-Plattform, kann man die sicherlich gut gebrauchen.

Schon immer Provokateur

Neben seiner Laufbahn als Entertainer und Autor versuchte Strunk in der Vergangenheit auch schon als Restaurantbetreiber und in der Politik Fuß zu fassen. Nach einer gescheiterten Karriere als Gastronom (gemeinsam betrieb Strunk mit Ex-RAF-Mitglied Karl-Heinz Dellwo bis 2018 in Hamburg das lateinamerikanische Lokal "Cantina Popular"), trat er unter anderem bei der Bundestagswahl 2005 auf Platz zwei der Hamburger Wahlliste der Satire-Partei "Die PARTEI" an. Kurzum: angeeckt ist Strunk schon immer gerne, Politik betrachtete er offenbar immer schon mit einem Augenzwinkern.