12. September 1970: Sprechfunk in der Uniformtasche

12.9.2020, 08:51 Uhr
Künftig nicht mehr allein: ein Fußstreifenbeamter mit dem neuen Funksprechgerät.

Künftig nicht mehr allein: ein Fußstreifenbeamter mit dem neuen Funksprechgerät.

Gestern wurden die neuen Geräte mit einer praktischen Vorführung im Amtszimmer von Bürgermeister Franz Haas der Presse vorgestellt. Nürnbergs Stadtpolizei dürfte die erste Polizei im Bundesgebiet sein, die mit dieser „pfiffigen Konstruktion“ – so Präsident Dr. Horst Herold – ausgestattet ist. Hauptzweck dieser nicht ganz billigen Anschaffung ist es, den bisher „stummen“ Fußstreifen die Möglichkeit zu geben, über Funk ständig mit Kollegen und der Zentrale in Verbindung zu stehen. Neben dem rein psychologischen Effekt sieht Dr. Horst Herold den Hauptsinn der neuen Geräte in der weiteren Perfektion auf dem Gebiet der Verbrechensverhütung und Verbrechensbekämpfung.

Bisher mußte eine Fußstreife, die zufällig zum Ort eines Verbrechens kam, zurück zum Revier eilen und von dort aus die Fahndung auslösen. Dies kann jetzt ohne jeden Zeitverlust vom Tatort aus geschehen. Andererseits kann das leicht und unauffällig transportierbare Gerät auch bei der Verkehrsregelung verwendet werden. Das SEM 56 – so ist die amtliche Bezeichnung des Gerätes – ist in seiner Vielseitigkeit sogar den stationär in Funkstreifenwagen installierten Apparaturen überlegen. Auch motorisierte Beamte könnten damit unabhängig vom Wagen ihren Aufgaben nachgehen und trotzdem in ständigem Kontakt mit allen Polizeidienststellen operieren.

"Fühle mich nicht mehr allein"

Die erste Feuerprobe bestand das SEM 56 bereits anläßlich des Fußball-Länderspiels am Mittwochabend, wo es nur nebenbei versuchsweise eingesetzt war. Und dabei fiel das stationäre Gerät im Hubschrauber aus, von dem aus der anrollende und abfließende Verkehr beobachtet wurde. Das SEM 56 wurde eingeschaltet – und die Verständigung mit der Einsatzleitung im Stadion lief über viele Kilometer hinweg störungsfrei. Das SEM 56 kostet 2500 DM. Polizeipräsident Dr. Horst Herold bewies den Pressevertretern, daß man sich mit dem SEM 56 auch in das Telefonnetz einschalten kann: er sprach über Funk mit Bürgermeister Haas, den er in seinem Amtszimmer über die Funkzentrale anrief.

Und der Clou an der Geschichte: Funksprechverkehr mit dem SEM 56 kann, weil er über das Zwei-Meter-Band abgewickelt wird, nicht abgehört werden. Trotzdem ist es mit diesen Geräten durch einen Knopfdruck möglich, sieh in das bisher übliche Vier-Meter-Band einzuschalten. Ein Fußstreifenbeamter zu der Neueinrichtung: „Jetzt fühle ich mich nicht mehr allein.“ Und Polizeipräsident Dr. Herold fügt hinzu: „Die bisherige Anzahl von rund 150 monatlichen Festnahmen von Personen, die im Deutschen Fahndungsbuch ausgeschrieben sind, dürfte sich künftig in Nürnberg durch das noch engmaschigere Netz weiter erhöhen.“

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