Tonstudio der Extraklasse in Dottenheim
10.02.2020, 15:21 UhrBegonnen hat Schemms musikalischer Weg mit der Trompete und damit einhergehend mit einer klassischen Musikausbildung. Als Jugendlicher lernte er Gitarre und nahm so an vielen Wettbewerben wie "Jugend musiziert" teil. "Neben der Schule hab ich nichts anderes außer Musik gemacht", erinnert sich Schemm, der ursprünglich aus dem Diespecker Ortsteil Ehe stammt. Er fand schließlich Gefallen an der E-Gitarre und verfiel der Rockmusik. Mit Coverbands wie Savage Troop, mit der er einen Management-Vertrag hatte und durch Süddeutschland tourte, oder King Kong verdiente er parallel zur Schule sein erstes eigenes Geld. "Das ging relativ schnell bergauf. Da rutscht man so rein", sagt er rückblickend. Das geplante Trompetenstudium legte Schemm schließlich auf Eis, da die Musik mit über 100 Konzerten im Jahr seine Zeit beschlagnahmte.
Nach einigen Jahren entschied er sich, ein zweites Standbein aufzubauen und studierte Tontechnik in München. Im Rahmen seiner Abschlussarbeit entwickelte er ein, wie er sagt, weltweit einzigartiges computergestütztes Stereofoniesystem, das ihn wiederum neue Kontakte knüpfen ließ, durch die es ihm beispielsweise möglich war, Aufnahmen in der Semper Oper zu machen. Mit einem mobilen Tonstudio machte er sich nach dem Studium selbstständig, reiste damit für Aufnahmen quer durch Deutschland und spielte gleichzeitig weiterhin in Coverbands. Solange, bis sich seine familiäre Situation durch Heirat und Kinder veränderte. "Wenn du Kinder hast, willst du nicht dauernd unterwegs sein", sagt Schemm.
Er entschied sich, den Bauernhof seiner Großeltern in Dottenheim zu einem Tonstudio umzubauen. Dort wohnte er bereits zeitweise während seines Zivildienstes, den er in Bad Windsheim absolvierte. Als Schemm Musikerkollegen von seinem Vorhaben erzählte, hätten viele mit dem Kopf geschüttelt. "Du machst dich unglücklich, wenn du am Land so ein großes Studio baust", hätten viele gesagt. Gewagt hat er es trotzdem. Die Selbstständigkeit stelle ihn jeden Tag vor neue Herausforderungen. "Es ist hart. Das ist nicht für jeden etwas, denn es gibt keine Garantie für etwas. Wenn man aufschlägt, dann richtig – ohne Auffangnetz", sagt Schemm auf die Frage, ob er je an seinem Vorhaben gezweifelt habe. Der Umbau sei ein "Mammutprojekt" gewesen, war das Gebäude doch in einem schlechten Zustand. Über fünf Jahre werkelte er in jeder freien Minute selbst mit. Selbst den Bauplan für das Studio – nach einem australischen Modell – habe er selbst entworfen.
Der Preis der harten Arbeit
Entstanden sind zwei Teilbereiche: Zum einen ein großes, stylisch eingerichtetes Studio inklusive Bar, das sich auch für Videoproduktionen eignet. Die Wände werden von Akustikeinbauten geschmückt. "Jeder Schlitz ist genau berechnet." Zum anderen ein zweites Studio, das es möglich macht, in vier Räumen simultan aber akustisch getrennt aufzunehmen. Glastüren simulieren eine Live-Situation, da sich die Musiker gegenseitig sehen. Jeder Einzelraum ist miteinander vernetzt. Seit etwa einem Jahr ist der Komplex final fertig. Das Studio werde gut angenommen. Auch hochkarätige Musiker, wie Ralf Gustke, Schlagzeuger von Xavier Naidoo und den Söhnen Mannheims, oder Jan Delays Schlagzeuger, Jost Nickel, waren bereits zu Gast. Solche Zusammenarbeiten kämen über Schemms Kontakte aus seiner Musiker-Vergangenheit zustande. "Man kennt sich halt", sagt er. Doch auch kleinere Bands, Solokünstler oder Chöre waren schon da. Dabei fokussiert sich der 38-Jährige auf keine Musikrichtung. Lediglich radikale Äußerungen oder menschenverachtende Texte lehnt er strikt ab. Den Schlüssel zum Erfolg sieht der Produzent unter anderem in dem angegliederten Gästehaus. In dem sanierten Haus können sich Künstler einmieten, während sie nebenan im Studio arbeiten.
Schemm kümmert sich hauptverantwortlich um das Studio und wird von Freelancern unterstützt. Musik macht er weiterhin. Mit den Elefunks, einer Session-Band, die in unterschiedlichen Besetzungen buchbar ist, spielt er bei Hochzeiten oder Galen. "Es zieht mich wieder auf die Bühne", gibt Schemm zu. Sein Studio will er in Zukunft auch fremd vermieten. "Am liebsten wäre es mir, wenn es nie leer steht." Außerdem möchte er mehr kreativ arbeiten, mit Künstlern und auch für sie Songs schreiben – unter anderem unter dem eigens dafür gegründeten Label Audiofachwerk. Er sieht das als seine Berufung.
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