Windsheim feiert 50 Jahre Bad-Prädikat

10.02.2011, 13:28 Uhr
 Windsheim feiert 50 Jahre Bad-Prädikat

© Bildband „Bad Windsheim in alten Ansichten“ Teil 1

Gestern Abend hielt Professor Jürgen Kleinschmidt im Hotel Reichsstadt den Vortrag „Soleheilquellen als kurortmedizinische Besonderheit in Heilbädern“. Theo Michel, langjähriger Stadt- und Kreisrat aus Bad Windsheim, hat die Entwicklung des Heilbades Windsheim jahrzehntelang hautnah verfolgt und begleitet. Für die WZ verfasste er nachstehenden Beitrag über die Entwicklung des Kurbades – von bescheidensten Anfängen, die angeblich bis auf die erste Hälfte des 18 Jahrhunderts zurückgehen, bis heute.

Bereits in den Jahren 1736/1737 sollen nach Überlieferungen Zigeuner im Raum Windsheim heilende Quellen entdeckt haben. Im Jahre 1752 hat der Arzt Dr. Simon Carl Hirsching in einer in Rothenburg herausgegebenen Schrift von einer Heilquelle berichtet, die im Windsheimer Stadtwald „Kehrenberg“ liegt. 1891 – 139 Jahre später – wurde im Keller der Stellwagschen Rotgerberei am Hafenmarkt, mitten in der Altstadt, nach einer Quelle gebohrt, die Wasser für das Gerberhandwerk liefern sollte, aber wegen seiner Zusammensetzung hierfür nicht geeignet war. Es war Bitterwasser.

Dies wäre in Vergessenheit geraten, hätte nicht zwei Jahre später der Nürnberger Arzt Dr. Hans Stockmeier Untersuchungen angestellt und dabei festgestellt, dass es sich um brom- und lithiumhaltiges Wasser handelt. Dies war die erste wissenschaftliche Bewertung einer Heilquelle in Windsheim. Der Würzburger Johann Georg Schwarz kaufte im Jahre 1899 zusammen mit seinem Windsheimer Verwandten gleichen Namens das Stellwagsche Anwesen. Sie benannten die Quelle des Bitterwassers nach dem Vornamen Anna der Ehefrau des Würzburgers „St.-Anna-Quelle“ und begannen einen Heilwasserversand. Beide beschlossen 1902 einen Kurbetrieb in der bestehenden Allee vor der Stadt, dem heutigen Kurpark, zu errichten. Noch im selben Jahr wurde dort eine Heilquelle erbohrt, die den Namen „Schönthal-Quelle“ erhielt. Der Stadtrat von Windsheim hatte einen beantragten Zuschuss in Höhe von 3000 Mark für die Bohrung abgelehnt. Durch einen Erdrutsch wurde die „Schönthal-Quelle“ teilweise verschüttet, was eine Ersatzbohrung notwendig machte. Diese erbrachte nach 157,6 Metern Tiefe die Gewinnung von Soleheilwasser.

Solebäder und Trinkkuren

Nachdem im Jahre 1905 die staatliche Konzession für deren Nutzung erteilt worden war, erfolgte 1906 der Bau eines Kurhauses. Hier zeigte sich der Stadtrat großzügig, indem er 3000 Quadratmeter Grund und das Bauholz kostenlos zur Verfügung stellte. Damit hat seinerzeit der Kurbetrieb begonnen. Solebäder, Inhalationen und Trinkkuren wurden verabreicht. Während beispielsweise Bad Kissingen das Prädikat Bad bereits im Jahre 1850 erhalten hatte, sollte dies in Windsheim noch 55 Jahre dauern. Eine wechselhafte Entwicklung mit Höhen und Tiefen folgte in den 55 Jahren bis zur Baderhebung. Die Nutzung des Heilwassers kam auch der 1920 gegründeten Nawinta-Mineralwasserfabrik H. von der Trappen zugute. Das „Windsheimer“ Nawinta- Tafelwasser wurde weltbekannt. Die Hotels in der Stadt partizipierten zunehmend von dieser Entwicklung. Nach dem Ersten Weltkrieg, in den 1920er und anfangs der 1930er Jahre, stagnierte die Kurentwicklung infolge wirtschaftlicher Depression. Ein Erholungsheim für Kriegsbeschädigte des Ersten Weltkrieges wurde gebaut. Eine vielversprechende Entwicklung im Kurbereich ab Mitte der 1930er Jahre veranlasste die Stadt im Jahre 1938 einen Antrag auf Erteilung des Prädikats „Bad“ zu stellen. Ein längeres Anerkennungsverfahren war in Gang gesetzt.

© WZ-Repro

Der Ausbruch des Krieges im Jahre 1939 verhinderte letztlich die Weiterbehandlung dieses Antrages. Der Kurbetrieb kam zum Erliegen und die Kureinrichtungen wurden voll in den Dienst der „Kriegswirtschaft“ gestellt. Für den Fall von Luftangriffen wurden im Kurpark sogenannte Splittergräben erstellt. Das Kurhaus wurde in den Folgejahren Auffanglager für Umsiedler aus Bessarabien (Rumänien) und den Staaten Estlands sowie Hilfslazarett und Auffanglager für saarländische „Volksgenossen“, die vor den heranrückenden US-Truppen flüchten mussten. Brennholzmangel führte zur Dezimierung der Kurparkbäume, die Rasenfläche vor dem Kurhaus wurde Gartenland. Unmittelbar nach Kriegsende waren die Kureinrichtungen von der UNRRA (Anm. d. Red: Nothilfeund Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen) mit Displaced Persons (verschleppten Ausländern aus Oststaaten) belegt. Erst im Jahre 1949 haben die Rummelsberger Anstalten nach Übernahme des Kurheimes wieder mit einem bescheidenen Badebetrieb begonnen. Das Kurhaus war vorübergehend auch für die Gesamtbevölkerung eine öffentliche Anstalt für Wannenbäder. Eine Erweiterung des Kurparkes in Richtung Gräf erfolgte mit der Dr.-Hans-Schmotzer-Allee im Jahre 1953.

Der Durchbruch

Endlich, am 20. Juni 1961, wurden die Bemühungen der Stadt Windsheim um die Kurbadentwicklung mit dem Prädikat „Bad“ gekrönt. Mit St. Kilian, St. Faustinus und Rangauer Life sowie der Maximum-Sole wurden weitere Heilquellen erschlossen. Bad Windsheim wurde für weitere Investoren interessant, woran stichwortartig erinnert werden soll: Die Landesversicherungsanstalt für Mittel- und Oberfranken eröffnete 1965 die Frankenland-Klinik. Nach dem Ausscheiden der Rummelsberger Anstalten erfolgte in den Jahren 1969 bis 1975 der Bau der Stiftsklinik Augustinum, eines Kurmittelhauses mit Sole-Hallenbad, es folgten Hotel Residenz mit Seniorenheim, Parkhotel Reichel, Hotel am Kurpark (Späth) sowie das Kurheim für Mutter und Kind. Nach der Privatisierung des Kurzentrums und dem Neubau der Kiliani- Klinik durch die Dr.-Becker-Klinik-Gesellschaft erhielt die Badentwicklung einen erneuten Schub. Mit dem Bau des Kur- und Kongress- Centrums, der Franken-Therme sowie des Hotels Pyramide wurde ein vorläufiger Höhepunkt in der Badentwicklung von Bad Windsheim erreicht.

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