Ende einer Ära bei den Bamberger Symphonikern

5.2.2015, 11:02 Uhr
Ende einer Ära bei den Bamberger Symphonikern

© Thomas Müller

Nott wird dann 16 Jahre Chefdirigent der Bamberger Symphoniker gewesen sein und mit rund 650 Konzerten öfter am Pult des Orchesters gestanden haben als jemals ein Chefdirigent in der Geschichte der Bamberger Symphoniker vor ihm.

Das Ende seines befristeten Vertrages in der Domstadt sei für beide Parteien verständlich, so Marcus Rudolf Axt, Stiftungsvorstand und Intendant der Bamberger Symphoniker: "Ich würde es als organischen Prozess beschreiben, bei dem sich beide Seiten einig sind, dass etwas Neues beginnen muss – für Jonathan Nott und für unser Orchester."

Drei bis vier Nachfolger-Kandidaten in Aussicht

In seinen Händen liegt nun die Suche nach einem geeigneten Nachfolger für die Position des Dirigenten. Hierzu bezieht Marcus Rudolf Axt sowohl den Orchestervorstand als auch ein 13-köpfiges Gremium aus dem Orchester ein, um zunächst zu erörtern, welches Profil die Symphoniker in Zukunft haben sollen. Anschließend werde über viele namhafte Dirigenten diskutiert, die diesem Leitgedanken gerecht werden könnten.

"Uns ist es zum Beispiel wichtig, dass die Musik von Gustav Mahler, die ein Schwerpunkt der Arbeit von Jonathan Nott mit dem Orchester in den vergangen Jahren war und immer noch ist, weiterhin gepflegt wird, aber auch, dass der Nachfolger neue Ideen und einen eigenen Stil einbringt. Wir suchen nicht nach einer Nott-Kopie", blickt Marcus Rudolf Axt zuversichtlich nach vorne. "Natürlich immer mit einem ganz besonderen, 'extraordinary'-Akzent, so dass 1+1 nach wie vor 3 ergibt." Derzeit gebe es drei bis vier aussichtsreiche Kandidaten hierfür, eine endgültige Entscheidung soll spätestens Ende des Jahres fallen.

Auf persönlicher Ebene müsse sich der neue Dirigent in Bamberg auch durch eine weitere Eigenschaft auszeichnen. "Gerade unsere ausgiebige Reisetätigkeit erfordert von allen ein großes Maß an Flexibilität. Eine gewisse körperliche Robustheit ist da durchaus von Vorteil", sagt der Intendant schmunzelnd.

"Magie zwischen Dirigent und Publikum"

Jonathan Nott hat in den letzten Jahren eine außergewöhnliche Beliebtheit bei Publikum und Kritik erlangt: "Natürlich hat Jonathan Nott weltweit Erfolg mit unserem CD-Zyklus aller Symphonien von Gustav Mahler, aber die direkte Beziehung zu seinem Publikum ist ihm besonders wichtig und immer von einer gewissen Magie geprägt. Er ist ein Mensch, der die Bühne betritt und auch erst einmal drei Minuten über das folgende Stück erzählen kann. Er kann Menschen die Lust am Zuhören sehr gut vermitteln", so der Intendant der Bamberger Symphoniker. "Er ist ein leidenschaftlicher Kommunikator."

So breit gefächert das Publikum der Bamberger Symphoniker auch ist, eines ist ihnen allen gemeinsam: Sie sind mit Herzblut bei der Sache. Die Musik sei Teil ihres Selbstverständnisses und Stadtgespräch. Hierzu trage wohl auch die räumliche Nähe zwischen Konzertbesuchern und Orchestermitgliedern bei: "Jeder kennt 'seine' Musiker, wo sie wohnen, wie ihre Familienverhältnisse sind", sagt Axt. "Man kommt nebeneinander auf dem Fahrrad an der Konzerthalle an, dann trennen sich die Wege für kurze Zeit und anschließend geht man gemeinsam noch etwas trinken."

Verdienste für Musik, Publikum und Nachwuchs

Unter Jonathan Notts wesentlicher Federführung hat sich die Bayerische Staatsphilharmonie heute als eines der führenden Mahler-Orchester und als Spezialist für die Moderne mit Werken des 20. und 21. Jahrhunderts etabliert.

In den noch verbleibenden eineinhalb Jahren seiner Amtszeit – er wird danach mehr Konzerte mit den Bamberger Symphonikern gegeben haben als selbst Joseph Keilberth, der erste Chefdirigent des Orchesters – wird Jonathan Nott noch präsenter sein als ohnehin schon. "Für seine letzten Abonnement-Konzerte in Bamberg haben wir ihm programmatisch völlig freie Hand gelassen", sagt Marcus Rudolf Axt.

Außerdem folgen noch zwei internationale Tourneen sowie im Mai 2016 der Gustav-Mahler-Dirigentenwettbewerb, als dessen Jury-Präsident Jonathan Nott von Beginn an fungiert hatte. "Darüber hinaus feiert das Orchester im März 2016 sein 70jähriges Gründungsjubiläum, das wir gebührend begehen werden“, so Axt. „Die Höhepunkte zum Abschluss der Amtszeit von Jonathan Nott sind wie Perlen an einer Kette. Es ist schön, auf diese Weise Abschied nehmen zu können."

Jonathan Nott ist seit dem Jahr 2000 Chefdirigent der Bamberger Symphoniker, hatte parallel dazu von 2000 bis 2003 die Leitung des von Pierre Boulez gegründeten Ensemble Intercontemporain in Paris inne und ist seit der Saison 2014/2015 Erster Dirigent und Künstlerischer Berater der Jungen Deutschen Philharmonie sowie Music Director des Tokyo Symphony Orchestra. Es ist ein schöner Zufall, dass er in Genf ein Orchester leiten wird, dessen Chefdirigent einmal Horst Stein war - sein Vorgänger in Bamberg. Schließt sich hiermit also ein Kreis?

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