Begleiter auf Zeit? Tierheime durch Leih-Anfragen empört

14.4.2020, 09:24 Uhr
Begleiter auf Zeit? Tierheime durch Leih-Anfragen empört

© Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen meldeten sich etwa zehn Interessenten telefonisch im Tierheim Neumarkt, um sich nach einem geeigneten Vierbeiner zu erkundigen. "Sie haben gefragt, ob sie nicht solange einen Hund zu sich nach Hause holen könnten, bis die Corona-Krise vorbei ist, um ihn dann wieder zu bringen", erzählt Tierheim-Mitarbeiter Frank Tietsch. "Aber das geht natürlich gar nicht, auch wenn es gut gemeint ist."


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Man könne doch die Tiere nicht verleihen nach dem Motto "Rent a dog". Wenn sie sich dann nach ein paar Wochen eingelebt und an ihre neuen Besitzer gewöhnt hätten, müssten sie wieder zurück. Erschüttert zeigt sich Tietsch aber auch darüber, wie einsam manche Menschen am Telefon klingen. "Die fühlen sich so allein. Das ist schlimm."

"Strengste Sicherheitsvorkehrungen"

So wie in allen anderen Tierheimen der Region werden auch in Neumarkt derzeit keine Tiere vermittelt. Die Gefahr, dass sich die Mitarbeiter bei Besuchern infizieren und niemand mehr die Hunde, Katzen und Kleintiere versorgen kann, ist zu groß. Nur wer sich bereits vor der Ausgangsbeschränkung ein Tier ausgesucht hat, darf es abholen, wird mit Mundschutz und Einmalhandschuhen ausgerüstet und nimmt seinen Bello oder seine Miezi "unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen" entgegen. "Wir haben ein großes Glück hier mit unseren Neumarktern", schwärmt Frank Tietsch, "die unterstützen uns mit Spenden und Futter."

Auch im Tierheim Forchheim kennen die Mitarbeiterinnen die Frage nach einem "kurzfristigen Hund, bis die Sache eben vorbei ist". Es waren drei Interessenten, die deshalb anriefen, und sieben weitere, die einen Vierbeiner dauerhaft adoptieren wollten. Aber auch die hatten keinen Erfolg.


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"Sie sagten, sie hätten jetzt Zeit, das Tier einzugewöhnen und ihm beizubringen, allein zu bleiben, damit es das dann kann, wenn sie zurück in den Job müssen", sagt Mitarbeiterin Manu Scharf. Aber ein Hund, der sich gerade in sein neues Zuhause eingelebt hat, versteht nicht, dass er plötzlich zehn Stunden allein bleiben muss, wenn die Besitzer wieder arbeiten. "Wenn man den Leuten erklärt, dass das nicht sinnvoll ist, dann verstehen sie das auch", sagt Marianne Wende, Vorsitzende des Tierschutzvereins Forchheim und Umgebung.

Hunde werden im Tierschutzhaus Fürth nicht vermittelt, nur Katzen und Kleintiere. Momentan geht allerdings gar nichts. "Trotzdem bekommen wir immer wieder telefonische Anfragen von Menschen, die jetzt gerne eine Wohnungskatze hätten", berichtet Tierschutzhaus-Leiterin Michaela Pfaff. Es sei eine extreme Situation in der viele Menschen sich zu Hause einsam fühlen.

Einige hätten in ihrer Not wohl nicht genau überlegt, was die Anschaffung eines Haustiers bedeutet. Ein Kaninchen sei ja nicht nur im Osternest süß anzusehen, sondern müsse jahrelang versorgt werden. Die Lebenserwartung einer Katze liegt sogar bei bis zu 20 Jahren. "Im schlimmsten Fall landen die lästig gewordenen Tiere dann auf der Straße", sagt Pfaff, die derzeit mit ihrem Team rund 50 Katzen und zehn Kaninchen betreut.

Bis zum Ende des Lockdowns warten

Genau wie im Fürther Katzenhaus ist auch das Team des Tierheims Feucht derzeit geteilt. Eine Hälfte arbeitet vor Ort, die andere zu Hause, so wie Herbert Sauerer, Vorsitzender des Tierheims Feucht-Tierhilfe Nürnberg. Erkrankt eine Kollegin im Heim, werden die Teams getauscht. "Ich habe meine Tiere schon lange nicht mehr gesehen", seufzt Sauerer. Auch hier wurde der Betrieb rund um die 30 Hunde, 50 Katzen und 70 Kleintiere seit dem Start der Ausgangsbeschränkungen runtergefahren.

Natürlich freut sich Sauerer über jedes vermittelte Tier. Die Hunde Pablo, Muffin und Rocky warten genauso auf ein neues Frauchen oder Herrchen wie die Katzen Amadeus, Birgit und Bruni. Wer Interesse hat, muss warten, bis der Lockdown beendet ist, kann sich allerdings auf der Homepage des Tierheims die Fotos ansehen. "Aber Tiere sind natürlich keine Objekte, die man sich per Katalog aussucht", sagt Sauerer. Tier und Mensch sollten sich "beschnuppern" und sich sympathisch sein, "damit das Gespann dann auch dauerhaft funktioniert". Einen Hund einfach mal für ein paar Wochen während der Corona-Krise ausleihen und wieder zurückbringen – das geht auch hier in Feucht gar nicht.

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