Corona an der Häkel-Nadel

16.2.2021, 16:16 Uhr
Bis 13. März häkelt sie weiter: Petra Annemarie Schleifenheimer.mit ihren Corona-Wollknäueln.

© e-arc-tmp-20210216_164236-3.jpg, NNZ Bis 13. März häkelt sie weiter: Petra Annemarie Schleifenheimer.mit ihren Corona-Wollknäueln.

Petra Annemarie Schleifenheimer sieht - den „Tatort“, ihre heimliche Liebe, ausgenommen - wenig fern, am 13. März 2020 saß sie trotzdem vor dem Bildschirm. Und sah den bayerischen Corona-Kommissar Söder bei der Bekanntgabe des Lockdowns. Weil sie Wolle zur Hand hatte, häkelte sie das, was ihr dabei durch den Kopf ging, heraus kam C-001, ein granatrotes Kügelchen, das erste Corönchen ihres Lebens.


Ein Virus aus Wolle, plötzlich war es, wie das echte Virus, da, und die fortan multimedial dauernd gestellte Frage – was macht das mit uns? – hat Petra Schleifenheimer vielleicht einfach nur umgedreht: Was mache ich mit ihm? Sie machte es sichtbar, in allen Farben, sie häkelte weiter, jeden Tag bis zu drei Corönchen, wie sie sie nennt, „fast schon hinterhältige Provokateure, von denen manche so harmlos ausschauen, dass sie fast zum Kinderspielzeug taugen“.


„Besiedlung“ heißt das Projekt der Fürther Künstlerin, natürlich ist sie schon gefragt worden, ob das nicht auch eine Provokation sei. Wörtlich: Wie kann man nur? Ob sie sich lustig machen wolle über die Pandemie, solche Sachen. Natürlich nicht, sagt sie, „wie jeder Mensch suche ich einen Weg, damit umzugehen, und das ist mein Weg – gegen Ängste, obwohl ich sonst gar nicht ängstlich bin, und im Kampf um ein wenig Zuversicht“. Und „weil wir Künstler das Problem haben, uns nicht mehr zeigen zu können“, schickte sie, um nicht allein zu sein, die Corönchen los.


So hat sich das Woll-Virus hat sich ausgebreitet, 40 der Fürther Knäuel – „getestet und ungefährlich“ - sind im ganzen Land zu sehen, natürlich digital. Das Deutsche Medizinhistorische Museum in Ingolstadt bat um gleich fünf Corönchen, eines ging nach Erding, wo das Städtische Museum alles zur Pandemie sammelt. Der Salzburger Kunstverein stellte es vor, und C-009 hat seinen Platz auf einer Chaiselongue im Tucherschloss gefunden, dem Amtssitz von Thomas Eser, dem Chef der Staatlichen Museen in Nürnberg. Eser hat ein Foto geschickt.


„Ich hatte selten so witzige und emotionale Korrespondenzen“, sagt Petra Schleifenheimer, die als Kind „zwangsweise häkeln musste“, eher angetan hatte es ihr das Handwerk ihrer Mutter, einer gelernten Schneiderin. An der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg studierte Petra Schleifenheimer Innenarchitektur, zum Häkeln fand sie erst über die Kunst zurück - und jetzt, erzählt sie, war auch die 88 Jahre alte Mama „überwältigt von der Vielfalt dieser Besiedlung, ihr hat es gefallen“.


Und man muss ja lachen, trotzdem, „positiv anstecken“, wie Petra Schleifenheimer sagt, „und dabei habe ich auch gemerkt, dass ich nicht die Einzige bin, die manchmal neben sich steht“. Und vor vielen verschlossenen Türen. Mehr als hundert Gäste, darunter der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung, kamen im Herbst zur Ausstellung ins Atelier PAS in der Königstraße, es war ein sehr lebhafter Austausch über dieses neue Pandemie-Leben – vier Tage lang, dann begann der zweite Lockdown.


Immerhin: Ein Ende ist in Sicht, wenigstens für Petra Schleifenheimer. Das letzte Corönchen wird am 13. März gehäkelt, dann ist ihr künstlerisches Corona-Jahr vorüber – und vielleicht, das hofft sie, das ganze Leben wieder auf dem Weg in die Normalität. Was sie dann macht? Petra Schleifenheimer hat schon ein paar Ideen, sie will malen, auf Sylt. Und der 14. März ist ein Sonntag – wie immer mit einem „Tatort“.


INFO: Atelier PAS, Königstraße 145, Fürth, Telefon 0911 97455211, www.pas-kunst.de

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