Das bewegt Erlangen vor der Kommunalwahl 2014

3.3.2014, 06:00 Uhr
Das bewegt Erlangen vor der Kommunalwahl 2014

© Bernd Böhner

Die Stadt Erlangen ist eine Kommune, die relativ wenige Probleme kennt: Die Arbeitslosigkeit ist niedrig, der Stadt geht es gut. Noch dazu amtiert mit Siegfried Balleis von der CSU seit 1996 ein bislang unangefochtener Oberbürgermeister. Trotzdem erlebt die Stadt keinen langweiligen Wahlkampf. Die geplanten Investitionen von Siemens haben der Stadt ein ganzes Bündel an neuen Themen und Perspektiven für die Stadtentwicklung beschert. Außerdem hat die SPD mit Florian Janik einen jungen und doch schon profilierten Herausforderer aufgestellt.

OB Balleis rechnet sich gute Chancen auf eine vierte Amtszeit aus, aber: „Im ersten Wahlgang zu gewinnen, wäre in der Tat eine Sensation“, sagt er im Gespräch mit der NZ. „Als Realist muss ich mich aber wohl auf eine Stichwahl einstellen.“ Sechs Gegenkandidaten fordern heuer den Amtsinhaber heraus – so viele wie noch nie. „Das wird vermutlich mein schwierigster Wahlkampf werden, noch schwieriger als 1996“, glaubt Balleis. Im Jahr 1996 trat der langjährige OB Dietmar Hahlweg (SPD) nicht mehr an, Balleis packte es mit über 52 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang. Seitdem hat er den Sessel im Rathaus zweimal erfolgreich verteidigt.

Das bewegt Erlangen vor der Kommunalwahl 2014

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Nach den Kommunalwahlen 2008 hatten CSU und FDP im Stadtrat eine knappe Mehrheit. Nachdem mehrere Räte die CSU-Fraktion verlassen haben, ist die Mehrheit weg. Wie sich der neue Stadtrat ab März zusammensetzen wird, ist schwer abzuschätzen. Die knapp acht Prozent von 2008 wird die FDP vermutlich nicht mehr schaffen, damit dürfte es für Schwarz-Gelb kaum reichen, eine linke Mehrheit scheint aber auch
unwahrscheinlich. Wer auch immer das OB-Rennen für sich entscheidet, muss mit der ungeliebten Großen Koalition rechnen oder sich für verschiedene Themen wechselnde Partner suchen.

Apropos Themen: Freilich ist die Ankündigung der Siemens AG aus dem September vergangenen Jahres, eine halbe Milliarde in einen „Campus“ im Erlanger Süden investieren zu wollen, das Megathema, das alles andere überschattet. „Wie ein Sechser im Lotto wäre das für Erlangen“, sagt Balleis. Er bleibt noch beim Konjunktiv, denn bislang sind die Planungen – nun ja – erst einmal Planungen. Allerdings befinde man sich mit Siemens in einer erfolgversprechenden Verhandlungsphase“, sagt der Oberbürgermeister. Absichtserklärungen sind unterschrieben, die endgültige Entscheidung will Siemens bald fällen.

Das bewegt Erlangen vor der Kommunalwahl 2014

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Vorsichtig ist Balleis auch noch bei der geplanten Straßenbahn („Stadt-Umland-Bahn“), die einmal Nürnberg und Erlangen verbinden und bis nach Herzogenaurach reichen soll. Balleis will sie nur, wenn der Freistaat 90 Prozent der Kosten übernimmt – auch dort, wo sie keine eigene Trasse bekommt und eigentlich nicht förderfähig wäre. Derzeit zeichnet sich ab, dass der Freistaat diese Forderungen zu erfüllen bereit ist.

Für Balleis’ aussichtsreichsten Herausforderer, Florian Janik von der SPD, ist die Straßenbahn das „Zukunftsprojekt“ schlechthin. Genüsslich erwähnt er im Gespräch mit der NZ, dass der Ratsbeschluss pro Straßenbahn gegen die CSU und gegen die Stimme des Oberbürgermeisters mit einem „bunten Bündnis“ zustande kam.

Mit Janik, seit zwölf Jahren Stadtrat, seit 2008 Fraktionsvorsitzender, hat die SPD einen jungen Herausforderer gegen Balleis aufgestellt. Der 33-jährige Vater zweier Kinder sagt, sein Alter spiele aber im Wahlkampf kaum eine Rolle. Der promovierte Sozialwissenschaftler arbeitet am Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Janik meint, eine realistische Chance auf einen Sieg gegen Balleis zu haben. Der Grund: Die Stimmung in der Stadt macht ihn zuversichtlich. „Unser Ziel ist, in die Stichwahl zu kommen und diese zu gewinnen.“

Janik wurde bereits im Januar vergangenen Jahres nominiert. Seitdem hat er die Zeit vor allem für eines genutzt: Dialog mit den Bürgern. Zig Veranstaltungen hat er hinter sich gebracht, mit Postkartenaktionen versucht, potenzielle Wähler zum Mitmachen zu bewegen. Außerdem nutzt er stark Internet und soziale Netzwerke, um mit den Erlangern in Kontakt zu treten. Bedarf gebe es genug: „Die Leute sind daran interessiert, dass sich in der Stadt etwas ändert, dass sich Politik wieder stärker danach richtet, was sie bewegt“, sagt er. „Die Menschen haben das Bedürfnis, mehr mitzugestalten.“

Als wichtigstes aktuelles Thema in der Stadt nennt Janik die Wohnraumknappheit. Und er macht Balleis ernste Vorhaltungen: Die Situation sei durch falsche politische Entscheidungen noch verschärft worden: Zu viele Einfamilienhäuser seien gebaut, Geschosswohnungsbau vernachlässigt worden. Als schnelle Maßnahme will Janik nach einer Amtsübernahme Eigentümer animieren, bestehende Gebäude aufzustocken.

Und der Siemens-Campus? Der sei zwar auch ein „Megathema“, aber eines „auf Zeit“. Janik macht sich eher Gedanken, was im Zentrum der Stadt passiert: wenn Einzelhändlern die Laufkundschaft fehlt, weil Siemens nach Süden gezogen ist. Er fragt sich auch, wie es um die Situation der Kneipenwirte und Copyshop-Betreiber bestellt ist, wenn die Geisteswissenschaften der Universität in den Siemens-Himbeeerpalast umziehen.

Wie sich die Kandidaten Erlangen im Jahr 2020 vorstellen

Balleis dreht eher das große Rad: „Klein-klein ist uninteressant“, sagt er. Seine Vision von Erlangen am Ende der kommenden Stadtratsperiode sieht den Siemens-Campus samt Campusbahn im Bau, wenn nicht sogar schon in Teilen fertiggestellt. Die Universität kooperiert dann mit dem neuen Helmholtz-Institut, ein Leibniz-Forschungszentrum sei vielleicht auch schon im Anrollen.

Sein Erlangen sei weiterhin bei „allen Rankings der 84 deutschen Großstädte immer in der Spitzengruppe“, eine Landesgartenschau soll die Trennung der Stadt durch Bahnlinie und Autobahn überwinden. Und Erlangen spielt eine zentrale Rolle bei der Bewerbung der Metropolregion um die europäische Kulturhauptstadt.

Im Erlangen des Jahres 2020, wie Florian Janik es sich vorstellt, ist die Straßenbahn mit ihrem ersten Ast bereits in Betrieb, außerdem gebe es mehr erschwinglichen Wohnraum. Vor allem aber herrsche in der Stadt nach sechs Jahren in seiner Verantwortung ein Klima, „in dem Menschen sich einbringen und wo etwas vorangeht“.

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