"Lausige" Bildqualität

Der Fall "Alexandra R.": Neues Gutachten identifiziert Angeklagte

Andrea Munkert

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24.5.2024, 15:45 Uhr
Der Angeklagte Ugur T. mit seinen beiden Rechtsanwälten. Ein neues Gutachten belastet ihn - aber auch seinen Geschäftspartner Dejan B.

© Hans-Joachim Winckler Der Angeklagte Ugur T. mit seinen beiden Rechtsanwälten. Ein neues Gutachten belastet ihn - aber auch seinen Geschäftspartner Dejan B.

Im Prozess um das Verschwinden der damals schwangeren Alexandra R. stehen der mittlerweile 50-jährige Dejan B. und sein Geschäftspartner Ugur T. vor dem Richter. Unter anderen wirft die Staatsanwaltschaft vor, die damals 39-Jährige entführt, getötet und ihren Leichnam versteckt zu haben. Alles, um an Alexandra R.s Vermögen zu kommen und andere Straftaten zu vertuschen.

Mit den Ergebnissen eines anthropologischen Gutachtens ging der Prozess nun in dieser Woche weiter. Beweisbilder mehrerer Überwachungskameras waren Gegenstand der Untersuchungen des Experten und Gutachters. Darüber berichtete unter anderem "BR24". Wie weiter berichtet wird, sei sich Prof. Friedrich Wilhelm Rösing mit einiger Wahrscheinlichkeit sicher, dass die ausgewerteten Materialien die Angeklagten Dejan B. und Ugur T. zeigen.

Der Experte hat bei der Analyse-Methode Körpermerkmale wie Körpergröße sowie Kopf- und Ohrenform zur Identifizierung von Personen in den Blick genommen. Doch ein Problem tat sich auf: Die Qualität der Bilder sei "lausig", sagte Rösing im Prozess. Eigener Aussage habe er das Bestmögliche aus den Aufzeichnungen der Überwachungskameras herausgeholt, berichten "BR" und auch "nn.de". Die Verteidigung sieht in den vorliegenden Bildern keine Beweiskraft und hält daher das Gutachten für "nicht fundiert".

Die Überwachungsvideos stammen von entsprechenden Kameras im Schwabacher Ortsteil Limbach. Dort gehörte Alexandra R. ein Haus. Am Tag ihres Verschwindens wollte sie das Haus für eine Besichtigung in Ordnung bringen. Drei Kameras sind auf Privatgrundstücken angebracht und zeigen eine Einfahrt, eine Garage und eine Baustelle. Im Hintergrund sind allerdings auch die Straßen im Wohnviertel zu sehen. Auch die Polizei hat das Material gesichtet und ausgewertet - Bild für Bild, wie es im Prozess klar wurde.

In dem Bewegtbildfundus würde auch das Auto von Alexandra R. aufgenommen. 18 Sekunden später sieht man auf den Bildern einen Mitsubishi, mit dem Dejan B. und Ugur T. unterwegs gewesen sein sollen. Der Beamte identifizierte den Pkw anhand seiner Radkappen und eines Schadens an der Karosserie. Zuerst erkannte der Beamte einen Mann, dann zwei Männer auf den Videoaufzeichnungen.

Zeugen: Ugur T. sei "hilfsbereit und bescheiden"

Auch Zeugen wurden verschiedenen Medien zufolge am Mittwochvormittag vernommen. Sie beschrieben den Angeklagten Ugur T. als hilfsbereiten, freundlichen, bescheidenen Menschen. Ein Zeuge berichtete darüber, dass Ugur T. nach dem Verschwinden von Alexandra R. anonyme Drohbriefe erhalten haben soll. Eine Rechtspflegerin sprach im Prozess auch davon, dass die Firma der beiden Angeklagten Forderungen in Höhe von 700.000 Euro gegen Alexandra R. stellten. R. hatte jedoch erfolgreich gegen die Vollstreckung geklagt, der Vorgang wurde eingestellt. B. soll außerdem R.s Konten leergeräumt haben, daher habe sie ihm die Gerichtsvollzieher geschickt.

Am vergangenen Prozesstag wurde auch ein näherer Blick in die Beziehung zwischen der Verschwundenen und ihrem Ex-Partner Dejan B. geworfen. Ein Gerichtsvollzieher berichtet, dass er anhand der Dokumente im Schriftverkehr zwischen R. und B. auch nachlesen konnte, wie es um die Beziehung von Alexandra R. und Dejan B. stand: Im März 2022 hatte R. ein Kontaktverbot erwirkt und es ihrem Ex zustellen lassen, berichtet "nn.de" – damals lernte sie ihren neuen Freund kennen, er kam als Makler in das Immobilien-Geschäft. Er soll auch der Vater ihres Babys gewesen sein.

Die Zeugen beschreiben die Angeklagten: Dejan B. - wegen Vermögensdelikten vorbestraft - ließ den Aussagen zufolge keine Chance aus, um sich Geld zu beschaffen. Auf Baustellen soll er gar Material abgezwackt haben, um es zu veräußern. Auch die Vermögensanlage eines Verwandten seiner Verlobten soll er in seine Tasche gesteckt haben. Eine Vollstreckungssumme von 80.000 Euro gegen ihn ist noch aktuell.

Ganz anders soll Ugur T. sein, so berichten Zeugen: Er sei bescheiden, habe nie "über die Stränge geschlagen" oder sich größeren Luxus gegönnt – mit Dejan B. sei er nur über gemeinsame Geschäfte verbunden gewesen.

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