Achtung, Wildwechsel: Auch in Erlangen eine Gefahr

21.11.2018, 14:00 Uhr
Achtung, Wildwechsel: Auch in Erlangen eine Gefahr

Kennen Sie das? Dieses mulmige Gefühl, wenn in der Dämmerung auf der Straße im Waldstück plötzlich ein Warnschild „Achtung, Wildwechsel“ erscheint? Meistens darf man als Autofahrer kurz darauf erleichtert durchschnaufen — doch was ist, wenn sich doch mal ein Tier auf der Straße befindet und einen mit großen Augen anstarrt?

Das passiert offenbar immer häufiger: Laut des Bundesamtes für Statistik ist die Anzahl der Wildunfälle bereits im Jahr 2017 stark angestiegen. Tendenz: weiter steigend. Besonders betroffen: Bayern. Auf das Bundesland entfallen ein Drittel aller rund 275 000 bundesweit erfassten Wildunfälle. In 2551 Fällen sind dabei Menschen zu Schaden gekommen, zehn kamen sogar bei einer Kollision mit einem Tier oder durch das Ausweichen ums Leben.

In Erlangen ereigneten sich im vergangenen Jahr 777 Wildunfälle (im Landkreis Erlangen-Höchstadt davon 714). Die Anzahl der Unfälle bleibt damit laut Polizei und Forstamt zwar konstant — aber sie ist konstant zu hoch. Die meisten Unfälle ereignen sich dabei im Stadtwesten, in Richtung des Europakanals. Dort gibt es laut Moritz Bergen, dem Abteilungsleiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Fürth, mehr Wild als im Osten in Richtung des Meil- und des Reichswaldes. Die Anzahl von Wild steigt, wenn überhaupt, nur unwesentlich. Die genauen Zahlen werden im Forstlichen Gutachten erst noch veröffentlicht.

Am häufigsten sind in Erlangen Rehe, Wildschweine und Hasen vertreten. Bergen meint: „Wildschweine werden in der Umgebung von Erlangen immer häufiger gesichtet, da die Population seit Jahrzehnten stetig ansteigt und sich mittlerweile von Unterfranken bis nach Oberbayern ausgebreitet hat.“

Zur Verminderung von Wildunfällen hängen manchmal blaue Reflektoren an den Bäumen oder sind an den Straßenleitpfosten angebracht. Da Rehe blaues Licht aus der Natur nicht kennen, soll es die Tiere abschrecken und am Überqueren der Fahrbahn hindern. Weil das Licht bei Dunkelheit besser sichtbar ist, passieren nach Angaben der Polizei bei Dämmerung trotzdem viele Unfälle mit Wild.

Nicht mitgerechnet: Die hohe Dunkelziffer

Für den ökologischen Jagdverband Bayern (ÖJV) gibt es daher eine einfache Lösung des Problems: Höhere Abschussquoten. Die Schäden, schreibt der ÖJV in einer Pressemeldung, die im vergangenen Jahr durch Wildunfälle entstanden sind, hätten die Versicherungen 750 Millionen Euro gekostet. Nicht mitgerechnet: Die hohe Dunkelziffer an Unfällen mit Fahrerflucht, die nicht gemeldet wurden.

So sind die vermehrten Wildunfälle laut ÖJV vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen: Einmal gibt es einen deutlich gewachsenen Verkehr, zum anderen eine deutlich gewachsene Anzahl an Wildtieren. „In Bayern wird zu wenig Wild geschossen“, meint deshalb Wolfgang Kornder, Vorsitzender des ÖJV. Die Jäger müssen den Wildbestand in ihren Revieren anpassen. Es sei nachweisbar, dass Wildunfälle, die für Menschen ein hohes Risiko darstellen, auf diese Weise verhindert werden können.

„Die Bedingungen für Rehe sind durch die Landwirtschaft und die Fütterungen der Jäger im Winter besonders günstig. Der Zuwachs an Jungtieren ist zudem viel höher als die Abschussquote“, so Kornder weiter.
Nicht nur Autofahrer, auch die Natur würde laut des ÖJV von einem „angepassten Wildbestand“ profitieren: „Die Wälder in Mittelfranken sind durch den Klimawandel stark belastet und müssen verjüngt werden. Die Bäume müssen sich dringend erholen“, fordert Kornder.

Laut Forstdirektor Peter Pröbstle aus Erlangen wird zwar viel mit Zäunen gearbeitet, um die Bäume vor dem Abfressen von frischen Trieben zu schützen, aber es sei nicht möglich, überall Zäune anzubringen. „Gerade die Laubbäume, auf die wir so setzen, da sie die Hitze besser aushalten können, sind vom Rehwild stärker verbissen“, so Pröbstle.

Wozu man sich auch immer auf höheren Ebenen letztlich entscheiden wird – auch Autofahrer können die Zahl an Wildunfällen reduzieren und sicherer und ohne mulmiges Gefühl bei Dämmerung durch den Wald kommen: Sie müssen ihr Tempo einfach ausreichend reduzieren.

Ein Interview dazu mit Fahrlehrer Joachim Dreher finden Sie hier.

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