Baum-Ärger: Erlanger protestieren beim Bergkirchweih-Anstich

6.6.2019, 22:19 Uhr
Erstmals in der über 260-jährigen Geschichte der Erlanger Bergkirchweih kam es am Rande des Anstichs zu Protesten. Grund: die Baumfällungen auf dem Festgelände.

© Harald Sippel Erstmals in der über 260-jährigen Geschichte der Erlanger Bergkirchweih kam es am Rande des Anstichs zu Protesten. Grund: die Baumfällungen auf dem Festgelände.

Zuerst schien alles wie immer: Das Gedränge kurz vor dem Anstich wurde immer größer. Direkt vor der Bühne am Henninger Keller warteten die Menschen auf Freibier. Das erste Fass stand bereit zum Anstich. OB Florian Janik heizte die Menge an. Doch kaum drehte er sich zu den Massen, hielten ein paar Besucher weiße Schilder hoch. Darauf ein Baumstumpf, rot durchgestrichen. Etwa zehn Schilder waren es. Und doch deutlich sichtbar. Janik machte weiter, vier Schläge später floss das erste Berg-Bier.

Dass Erlanger den Anstich für eine Protestaktion nutzen, ist neu in der Geschichte der Bergkirchweih. Der Leiter des Erlanger Stadtarchivs, Andreas Jakob, hat "sämtliche Akten" zum Fest durchforstet. Er kann sich an nichts Vergleichbares erinnern, zumindest nicht während des Anstichs. Proteste hatte es Anfang der siebziger Jahre gegeben, als Wirte anstelle der Steinkrüge Plastikbecher eingeführt hatten. Diese verbrannten die Bergbesucher auf einem riesigen Haufen. Mit Erfolg: Noch immer gibt es die Steinkrüge, nun allerdings für fünf Euro Pfand.

Die Eindrücke vom Anstich und Vorglühen auf dem Wiesengrund finden Sie hier im Video. Bitte klicken Sie auf den Play-Button! 

+++ Das Video entstand in Kooperation mit den Campusmedien Funklust. +++

Die Bäume, das hoffen viele Erlanger, sollen auch noch lange Teil der Kirchweih bleiben. Der Initiator der losen Protest-Gruppe will das auch, seinen Namen aber möchte der 52-Jährige nicht in den Medien lesen. "Matze" nennen ihn seine Freunde. Er ist Stammgast am Entlas Keller, auch während der Biergarten-Saison außerhalb der Bergkirchweih. "Ich bin im Waldkrankenhaus geboren, war immer am Berg", sagt Matze. Die Bäume auf dem Keller kennt er schon viele Jahrzehnte lang.


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Auch die, von denen nun nur noch der Stamm übrig ist. "Aus Sicherheitsgründen", wie die Stadt Erlangen sagt, mussten 25 Bäume am Berggelände zurückgestutzt werden. Ein Gutachten hatte ergeben, dass sie bei starkem Wind eine Gefahr darstellen könnten. Die Wirte des Entlas Keller wollten mit einem neuen Gutachten zwei Linden retten. Die Stadtverwaltung aber hielt an ihren Plänen fest. Der Bund Naturschutz kritisierte das Vorgehen scharf. Für die 25 Bäume aber kam jede Rettung zu spät. "Für mich war das der Einstieg in eine nie gedachte Aktivistenrolle", sagt Matze.

Aktivisten haben sich über WhatsApp organisiert

Er sei bodenständig, habe zwei Kinder, "kein Revoluzzer", doch die Kommunalpolitiker hätten hier Fehler gemacht, OB Janik sei in dieser Diskussion lange "abgetaucht". Über eine WhatsApp-Gruppe haben sich die Aktivisten organisiert, wie Matze sagt, alles langjährige Berggänger. Schon am Anstich-Vorabend hatte sich die Vorlage des Protestplakats über Facebook verbreitet.

Der Initiator selbst möchte "keine politischen Ziele" verfolgen und auch keinen "Boykott oder Buh-Rufe". Es gehe nicht darum, "nachzutreten", sagt Matze. "Wir brauchen ein Signal für die Zukunft." Die Stadt Erlangen müsse mehr Geld in das Gelände der Bergkirchweih investieren, in den Schutz und die Pflege der Bäume. "Für uns ist es ein emotionales Thema", sagt Matze. Beim Anstich war das deutlich zu sehen.


Jedes Jahr stellt sich aufs Neue die Frage: Wie schmeckt das Berg-Bier? Um herauszubekommen, ob sich die Kirchweih-Gäste auf ihre Maß freuen dürfen, haben sich die Erlanger Nachrichten mit einem renommierten Bier-Kenner verabredet. Markus Raupach ist Diplom-Bier-, Edelbrand- und Käsesommelier.

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