Kultur in Haus und Garten
"Kunst auf der Couch" in Erlangens Stadtteilen
30.09.2021, 11:30 Uhr
Im Rahmen des Formats „Kunst auf der Couch“ boten zahlreiche Künstlerinnen und kreativ begabte Herren wieder einmal ein ganzes Wochenende lang ihre Werke nicht nur im Stadtzentrum, sondern vor allem in den Stadtteilen.
Türen und Tore waren weit geöffnet, auf Privat-Grundstücken oder in -Wohnungen gab es erneut einiges zu entdecken. Hier ein kleiner Eindruck von diesem speziellen Kunstwochenende.

Manche werkeln einfach drauflos, andere verbeißen sich in ein bestimmtes Thema. Wie Eva Körner in Eltersdorf, die ihrer verstorbenen Freundin Hermine Gold ein Denkmal setzt. Deren Nachname schlägt sich als Farbe nieder, sämtliche Bilder sind in Schwarz und Gold gehalten.
Welke Blüten
Da wachsen güldene Pflanzen und Arabesken vor nachtschwarzem Hintergrund, werden Stanniolflitter und welke Blüten zu Assemblagen kombiniert. Zum Trost gehört der Schmerz: Manche Leinwände sind mit dem Messer bearbeitet, weisen Stiche und Schnitte auf.

Einfach drauflos basteln Karin und Dietmar Vomhof in Bruck, die sich von diversen Fundstücken vom Flohmarkt oder von Treibgut aus der Regnitz inspirieren lassen. So etwa mit ihrer „Mäuse-Uhr“: Auf einem Brett prangt ein analoges Zifferblatt. Zwölf Mauselöcher bilden eine Ellipse, aus jedem lugt ein Stoffmäuschen mit spitzer Schnauze oder beschwänztem Hinterteil. Rechts unten lauert hinter einem Grasbüschel das Foto einer hungrigen Katze.
Halbes Dutzend Christusfiguren
Eine andere Zier erheischt geradezu theologische Bedeutung: Was ist ein gekreuzigter Jesus ohne Kreuz? In entsprechender Pose prangt ein halbes Dutzend Christusfiguren an Brettern, mal in straffer, mal in erschlaffter Körperhaltung. Ist das vielleicht die Vorstufe zur Himmelfahrt? Befreit wirkt der arme Erlöser jedenfalls nicht. Aber schließlich: Warum ziert stets der leidende Jesus die gute Stube, und nicht der Christus, der alles überwunden hat?
Ausgediente Materialien

Während die meisten Frauen sich gerne mit Stoff und Textilien beschäftigen, gar kunstvolle und farbig harmonische Quilts zusammennähen wie Gertrud Trojanski in Bruck, bevorzugt Otto Abesser in Buckenhof die gute Schweiß- und Schmiedetechnik. Auch er arbeitet mit ausgedienten Materialien und fügt sie zu ornamentalen oder sinnfreien Skulpturen zusammen.
Unter praller Sonne
So bilden daumendicke Stellschrauben aus den Eichenschwellen von aufgegebenen Eisenbahntrassen ein Rad. So zeigt das Schaufelblatt eines Spatens mit Stielgabel ein Gesicht. Solche in abenteuerlichen Verrenkungen geschweißte Skulpturen wirken am besten im Garten unter praller Sonne.

Genau die gegenteilige haptische Anmutung, nämlich weich und flauschig, bevorzugt die Buckenhoferin Ruth Zenger. Aus Filz näht sie Behältnisse und Beutel, die man auch als vieläugige Hohltiere interpretieren könnte.
Unverhältnismäßig hoher Sockel
Ihre Kollegin Heike Häberlein schnitzt Däumlinge aus einem Lindenholzklotz. Dabei bleibt der untere Teil des Klotzes erhalten und dient den Figuretten als Sockel. Die Diskrepanz zwischen der Winzigkeit der Figur und dem unverhältnismäßig hohen Sockel sorgt für Heiterkeit. Vielleicht auch ein Kommentar zu manch modischen Zeitgenossen, die bald wieder der Vergessenheit anheimgefallen sein dürften.

Manchmal fällt einem das Thema erst hinterher ein. Oder man merkt, dass man eher unbewusst eine ganze Serie zu einem Thema geschaffen hat. Sonja Kempf in Alterlangen hat ihre Serie von Acrylgemälden unter das Vorzeichen „Ver-“ gestellt. Ihre Gemälde tragen Titel wie „Verbohrt“ oder „Verzwickt“ oder „Verborgen“. Dabei handelt es sich meistens um geometrische Figuren wie Spiralen, Wirbel, Kreise und Dreiecke oder um organisch anmutende wulstige Formen.

Wulste im Speckstein regen auch die Erlangerin Claudia Stickel an. Dann zaubert sie aus schroffer Oberfläche glatte, runde Formen, höchst erotisch anmutende Rücken und Gesäße, beziehungsweise Bäuche und Busen. So glatt und wohlgerundet, man muss einfach mit den Händen darüberfahren. Hier feiert die Haptik Triumphe!
So gesehen, handelt es sich hierbei um Oreaden, also um Berggeister, die im Gestein schlummern und sich nur dem Eingeweihten oder Aufgeschlossenen zeigen. So schön kann beseelte Natur sein.
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