Mehrwertsteuer: Welcher Satz gilt wann in Erlangen?

10.6.2020, 13:00 Uhr
Mehrwertsteuer: Welcher Satz gilt wann in Erlangen?

© Foto: Eduard Weigert

Erste Grundzüge einer vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung gibt es schon. Doch die bringen zumindest derzeit so manchen alteingesessenen Unternehmer noch ins Grübeln. Michael Fischer, dem geschäftsführenden Gesellschafter des Herzogenauracher Traditionsunternehmens Möbel Fischer, ist beispielsweise die Motivation der Politik nicht ganz klar: Soll damit die Kauflaune der Verbraucher allgemein gesteigert werden, soll beim Handel mehr Rendite verbleiben?

Kauf im Juli, Lieferung im Februar

Für Fischer stehen da noch einige Fragezeichen. Ganz zu schweigen von der Umsetzung im eigenen Haus. "Wir verkaufen und liefern die Ware ja zu unterschiedlichen Zeitpunkten", gibt der Gewerbetreibende zu bedenken, "ist da die Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt des Verkaufs maßgeblich oder zum Zeitpunkt der Auslieferung oder der Rechnungsstellung?" Wenn jemand etwa im Juli eine neue Küche kauft, die aber erst im Februar 2021 beim Kunden installiert wird, ist das ein Unterschied. "Gilt dann der gesenkte Mehrwertsteuersatz oder wieder der alte?", fragt Michael Fischer rhetorisch.

Momentan sind die Wirtschaftsprüfer und Steuerberater des Möbelhauses dabei, genau solche Details zu recherchieren. Noch fehlt es an ausführlichen Informationen vonseiten der Bundesregierung. Fischer selbst ist von den vor wenigen Tagen bekannt gewordenen Überlegungen "mehr als überrascht" worden.

Nach bisherigem Stand will die Große Koalition auf viele Milliarden verzichten und die Mehrwertsteuer von 1. Juli bis 31. Dezember reduzieren. Dabei sollen der reguläre Satz von 19 Prozent und der ermäßigte von 7 Prozent für Güter des Grundbedarfs (die besonders erschwinglich sein sollen) gesenkt werden — und zwar auf 16 beziehungsweise 5 Prozent. Dieses Vorhaben ist die teuerste Maßnahme in einem beispiellos teuren Konjunkturpaket.

"Hoffe auf Belebung"

Kein Wunder, dass da der Geschäftsmann Fischer sagt: "Ich hoffe, dass es eine Belebung bringt." Klar werde der Kaufanreiz durch eine vorübergehend gesenkte Mehrwertsteuer umso größer, je mehr Geld der Konsument dann einspart, sagt er. Doch in Zeiten von Corona, in denen Beschäftigte in Kurzarbeit sind oder sogar um ihren Arbeitsplatz fürchten, gehe diese Rechnung nicht so einfach auf: "Wenn jemand nicht weiß, wie es weitergeht, wird er keine neue Wohnzimmereinrichtung kaufen, auch wenn er dabei hunderte Euro spart."

Ob die Maßnahme Mehrwertsteuersenkung tatsächlich die Wirtschaft weiter ankurbelt, lasse sich deshalb noch nicht sagen, meint Fischer.

Auch der Inhaber des Friseurgeschäftes New Karma, Ümit Aykut, kann die Folgen noch nicht absehen. Einerseits dürften gerade Geringverdiener von einer auch kurzzeitig gesenkten Mehrwertsteuer profitieren, wenn der Gang zum Friseur plötzlich ein bisschen günstiger wird. Andererseits aber können gerade kleinere Betriebe, wie eben das Erlanger Friseurgeschäft mit sieben Mitarbeitenden, die Mehrwertsteuersenkung schwer an die Besucher weitergeben. "Ich muss versuchen, die Preise stabil zu halten", sagt Aykut.

Mehrkosten und Mindereinnahmen

Durch die notwendigen Hygiene- und Abstandsregeln hat Salonbesitzer Aykut ohnehin mit Mehrkosten und Mindereinnahmen zu kämpfen, noch sind Angestellte in Kurzarbeit. Um über die Runden zu kommen, hat er seit der Wiedereröffnung die Preise um rund zwei Euro anheben müssen.

Selbst bei der IHK-Geschäftsstelle Erlangen kann man die Pläne und ihre möglichen Auswirkungen auf die hiesige Wirtschaft noch gar nicht so richtig einschätzen. "Es stellt sich die Frage, mit welchem Aufwand die Mehrwertsteuersenkung verbunden ist", sagt Leiter Knut Harmsen.

Preisschilder werden ausgetauscht

Außerdem sei es noch offen, inwiefern Unternehmen die eingesparten Prozente an die Kunden tatsächlich auch weitergeben (können). Das müsse man abwarten.

Und, sagt Harmsen, letztendlich müssten alle Preisschilder hin- und wieder hergetauscht werden: "Die Frage ist, ob sich diese Arbeit für kleinere Betriebe schließlich überhaupt lohnt", betont der IHK-Chef.

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