Neue Ausstellung

Türkische Karikaturen in der Stadtbibliothek Erlangen

25.11.2021, 14:30 Uhr
Seine Cartoons zeigen die Widersprüche beim Aufeinandertreffen der Kulturen: Hayati Boyacıoğlu in der Ausstellung.

© Harald Hofmann, NN Seine Cartoons zeigen die Widersprüche beim Aufeinandertreffen der Kulturen: Hayati Boyacıoğlu in der Ausstellung.

Die Zeichnung stellt eine Moschee dar, deren Minarette sich als Mikrofone einem Redner entgegenbeugen; zwei halbverschleierte Frauen haben Dolche im Rücken und werten dies als Ausdruck der Liebe ihrer (Macho-)Männer; das international übliche Zeichen für Sammelpunkt verweist auf einen Zugang zu einem türkischen Gefängnis. Beim Betrachter entsteht der Eindruck: Der Zeichner kann auch richtig böse sein.

Bis zum 11. Januar zeigt der Türkisch-Deutsche Solidaritätsverein (TDS) in der Erlanger Stadtbibliothek Karikaturen des aus der Türkei stammenden, aber bereits seit drei Jahrzehnten in Deutschland lebenden Karikaturisten Hayati Boyacıoğlu. Seine Themen, die seiner genauen Beobachtung der unterschiedlichsten Lebensstile entstammen, drehen sich um Fragen der innertürkischen Politik genauso wie der interkulturellen Probleme zwischen Tradition und Moderne in der Türkei wie in Deutschland.

Der Leiter der Stadtbibliothek, Adrian La Salvia, bezeichnet Boyacıoğlus Arbeitsweise als einen „interkulturellen Bratwurst-Kebab“, der TDS-Vorsitzende Zafer Titiz nennt ihn einen „zweisprachigen Don Quichotte“.

„Der Liebe wegen“

Geboren in Istanbul, studierte der Karikaturist Germanistik, Publizistik und Pädagogik in Berlin (wo er auch „der Liebe wegen“, wie er sagt, blieb), seine Cartoons betonen die Widersprüche und Absurditäten, die entstehen, wenn unterschiedliche Klassen, Kulturen, Identitäten, Moralverständnisse und Bildungsniveaus aufeinandertreffen.

Die deutsche Einwanderungsgesellschaft sei dafür eine Folie, um Gemeinsamkeiten wie Unterschiede herauszuarbeiten. Für Boyacıoğlu gelte der Spruch Karl Valentins, wonach der Fremde nur in der Fremde fremd sei, ganz besonders, wie di Salvia sagt.

Er hat ein Cartoon-Album namens „Integrationale Begegnungen“ mit antirassistischen Cartoons über Einwanderungsleben und Multikulturalismus herausgegeben, seine Karikaturen wurden in vielen Zeitschriften, Büchern und Zeitungen veröffentlicht oder treffen fast täglich auf Humorliebhaber in den sozialen Medien.

Der Schnurrbart-Halbmond und die Europa-Flagge: Ein Cartoon von Hayati Boyacıoğlu.

Der Schnurrbart-Halbmond und die Europa-Flagge: Ein Cartoon von Hayati Boyacıoğlu. © Hayati Boyacioglu, NN

Boyacıoğlu hatte bislang 20 Einzelausstellungen in Deutschland und ist Mitglied der internationalen Karikaturisten-Organisation „Cartooning for Peace“ mit Sitz in Frankreich und der deutschen Karikaturisten-Vereinigung „Cartoonlobby“. Er arbeitet als Lehrer, ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.

Hayati Boyacıoğlu: „Beobachtungen. Türkisch-deutsche Karikaturen“, Stadtbibliothek Erlangen, Marktplatz 1. Bis 11. Januar 2022, geöffnet Mo., Di., Do., Fr. 10 bis 18.30 Uhr, Sa. 10 bis 14 Uhr.

www.stadtbibliothek-erlangen.de

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