Wohnhäuser statt Flachmänner in Erlangen?

6.2.2018, 11:00 Uhr
Wohnhäuser statt Flachmänner in Erlangen?

© Harald Sippel

Na also, geht doch! Unten einkaufen, oben wohnen. Warum nicht? Aldi Nord macht’s vor. Der Lebensmittel-Discounter will jetzt in Berlin 2000 Wohnungen bauen. Das Unternehmen plant, an 30 Standorten Mix-Immobilien auf die Beine zu stellen – also Wohnungen nebst eingebauter Aldi-Filiale.

Und so geht’s: Alte Filialen werden abgerissen, neue Filialen am selben Standort hochgezogen. Oben drauf die Wohnungen. Dabei hält sich der Konzern nicht lange mit Absichtserklärungen auf. Laut einer Mitteilung habe man in den Bezirken Neukölln und Lichtenberg bereits mit dem Bau von zwei Filialen samt 200 angeschlossenen Wohnungen begonnen. 15 weitere Standorte sind in Planung.

Damit nicht genug. Aldi ist überaus rege und späht längst nach weiteren Plätzen für Filialen mit reichlich Verkaufsfläche – später kombiniert mit Wohnungen. Nach Aussagen einer Unternehmenssprecherin sollen die Wohnungen dann vermietet werden. Dabei gibt man sich durchaus offen. Studentenwohnungen seien letztlich ebenso denkbar wie Räume für Kindertagesstätten oder auch Pflegeheime, hieß es.

Ein bis zwei Stockwerke obendrauf

"Offen" ist man auch andernorts. Schon "aus Tradition". Erst dieser Tage wurde das Thema auch im städtischen Umwelt-, Verkehrs- und Planungsausschuss diskutiert. Voraus ging ein gemeinsamer Antrag von SPD und Grüner Liste, der das mögliche Aufstocken von Gewerbe- und Einzelhandels-Flachbauten ins Spiel brachte. SPD-Sprecher Philipp Dees könnte sich vorstellen, dass man auf jene Flachbauten durchaus noch ein bis zwei Stockwerke draufsattelt. Er plädierte jedenfalls für ein "Denken über die Ladenzeile hinaus".

Kein Zweifel. Die Idee birgt gewisse Möglichkeiten. Allerdings hat das Ganze auch andere Seiten. Baureferent Josef Weber wies auf ein Bündel von Hindernissen hin, die der gut gemeinten Idee hart im Wege stehen. Zumindest hier in Erlangen. Zuvorderst die planungsrechtliche Zulässigkeit: Fügt sich die anvisierte Aufstockung in die nähere Umgebung ein? Und lässt der gültige Bebauungsplan überhaupt eine derartige Aufstockung oder Überbauung zu? Nicht weniger wichtig die Frage, ob diese eingeschossigen Gewerbebauten für das Vorhaben geeignet sind. Denn meist ist die Gebäude-Statik nur wenig "tragfähig" und nicht für den Aufbau weiterer Geschosse konzipiert. Die Alternative wäre, das Gebäude einfach abzureißen und einen Neubau samt der gewünschten Wohnungen zu planen. Allerdings befinden sich die Grundstücke meist in privater Hand. Und der Stadt bleibe somit nur wenig Spielraum, hieß es.

Ganz abgesehen davon: Die Idee ist einfach und gut. Allein schon in Anbetracht der herrschenden Wohnungsnot. Und sie käme auch der erklärten Absicht der Stadtoberen entgegen, weniger flächengefräßig zu handeln und auf "Teufel komm raus" noch auf dem letzten Eckchen Grün nachzuverdichten. Stattdessen die vorhandenen Flächen besser und sinnvoller zu nutzen. Und auf solchen "Flachmännern" bieten sich einige Flächen.

Perspektivisch denken und handeln – das macht der Aldi-Konzern gerade vor. Sicherlich nicht allein aus reiner Sympathie für Wohnungssuchende. Jedenfalls hat das Unternehmen hochgerechnet, dass bis 2030 wohl rund 300.000 Menschen zusätzlich nach Berlin ziehen werden, zudem etwa 90.000 in den Berliner Speckgürtel. Und der Berliner Senat setzt aktuell den Neubedarf an Wohneinheiten bei 194.000 bis zum Jahr 2030 an. Damit sollte jener prophezeite Zuzug gestemmt wie auch eine weitere Kostenexplosion bei den Immobilienpreisen und Neuvermietungen einigermaßen gebremst werden.

Gewiss — Berlin ist nicht Erlangen. Aber der Grundgedanke ist hier wie dort derselbe. Nicht weniger die Wohnungsnot und die enormen Preise bei Mieten und Immobilien. Aber der Verwaltung stehen nun mal jene erwähnten Hindernisse im Wege. . . Auch deshalb übt sie sich eher in Zurückhaltung und meint, dass "vorläufig aufgrund der aufgezeigten Hindernisse nur von einem geringen Potenzial für Aufstockungen von Gewerbebauten auszugehen ist".

Dennoch ist die Sache nicht gänzlich vom Tisch. "Stufenweise" möchte man nun vorgehen. "Denkbare Flächen" sollen auf ihre Eignung hin geprüft werden. Dann folgen Gespräche mit Eigentümern — zwecks Möglichkeiten ausloten.

Was dabei herauskommt, ist noch unklar. Aber eines weiß man bereits: "Das Thema sollte in eine umfassendere Kommunikationsstrategie eingebunden werden." Na denn!

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