Der junge Mann und die Aisch: Schreiner fing riesigen Wels
03.07.2014, 17:04 Uhr
Tobias Tilgner beschreibt sich selbst als „leidenschaftlicher Draußen-Mensch“ und Angler mit Leib und Seele. Im Jahr 2001 suchte er nach einem naturbelassenen Gewässer, an dem man dem Alltag entfliehen und in die Natur eintauchen kann. Sein Paradies hat er an der Aisch gefunden. Er ist dem Fischereiverein Willersdorf-Haid beigetreten und seit März dessen Gewässerbeauftragter für die Aisch. Hier kommt Tobias Tilgner nun selbst zu Wort:
Seit einigen Jahren macht die Aisch durch Schlagzeilen auf sich aufmerksam. Grund dafür ist das immer stärkere Auftreten des Welses oder Wallers. Der Fisch, der ursprünglich aus dem Einzugsgebiet der Donau stammt, findet in der Aisch ein perfektes Refugium, um sich fortzupflanzen und überdies zu beachtlichen Größen heranzuwachsen.
Vergleichend könnte man sagen: Die Erfolgsgeschichte des Wallers entspricht der des Wildschweins — nur eben im Wasser. Doch bringt die massive Präsenz des allesfressenden Raubfisches das kleine Ökosystem Aisch gewaltig aus dem Gleichgewicht. Das hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass — ähnlich wie in der Regnitz — das Schonmaß und die Schonzeit für den Wels außer Kraft gesetzt wurden. Ebenso ist es inzwischen nicht mehr erlaubt, den Waller in ein fränkisches Gewässer einzubringen oder diesen nach dem Fang zurückzusetzen. Man will damit den Vormarsch des Wallers wenigstens Einhalt gebieten.
Bereits als kleiner Bub hat mich dieses faszinierende Schattenwesen mit den langen Barteln, über das noch immer sehr wenig bekannt ist, in seinen Bann gezogen. Schlussendlich kehrte ich im Jahr 2011 dem Karpfen und dem Hecht den Rücken und spezialisierte mich ausschließlich auf den Wallerfang. Mit Erfolg, denn ich konnte schon über 15 Welse jenseits der Einmetermarke überlisten und somit den Friedfischbestand der Aisch ein wenig entlasten. Doch ein Kaliber wie das aus den letzten Juni-Tagen war mir bisher noch nicht an die Leine gegangen.
Nicht auf Beute aus
Nach einer strapaziösen Arbeitswoche wollte ich die Nase ein wenig in die frische Landluft stecken, mir etwas Entspannung am Fluss gönnen, es war gar nicht so wichtig, einen Fisch zu fangen. Als mich diese Entspannung schon fast in den Schlaf gemurmelt hatte, war es gegen Mitternacht mit der Ruhe schlagartig vorbei: Da riss mir die Angelrute aus den Haltern.
Die harten Schläge in der Rute ließen mich schnell erkennen, dass nur ein Waller zugeschlagen haben konnte. Diese Schläge und die brachiale Gewalt, die ein Wels auf das Angelgerät und den Angler ausübt, sind einfach unverkennbar. Die nicht all zu rasante Flucht am Anfang ließ mich zuerst glauben, der Fisch habe eine Länge von maximal 1,3 Meter. Als das Prachtstück allerdings nach einer knappen halben Stunde im Lichtkegel meiner Stirnlampe in dem schwarzen Wasser vor mir auftauchte, konnte ich nicht glauben, was meine Augen sahen. Meine Kräfte waren nach all den harten Fluchten, die der Fisch unternommen hatte, restlos aufgebraucht. In so einem Drill macht der Fisch mit dem Angler, was er will; man kann nur reagieren und hoffen, dass das Material der Belastung Stand hält.
Es bedurfte meiner letzten Energie- Reserven, den Fisch per Wallergriff mit beiden Händen und vollem Körpereinsatz das steile Ufer hinauf zu befördern. Schweißüberströmt, zitternd und mit enormem Puls legte ich das Maßband an, das an der Schwanzspitze des gigantischen Flossenträgers 1,76 Meter anzeigte. Dieser Augenblick zählt zweifelsohne zu den Augenblicken im Leben, die man nie wieder vergisst und in denen die Welt kurzzeitig aufhört, sich zu drehen. Die Versorgung des Welses bei Tageslicht ergab ein Gewicht von 28 Kilogramm bei leerem Magen und leeren Geschlechtsorganen. Dies bedeutet, dass der Waller bereits abgelaicht hatte und gerade dabei war, seinen Energiehaushalt aufzufüllen. Denn ansonsten wären zu dem gemessenen Gewicht noch einige Kilogramm dazu zu rechnen gewesen.
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