Gegen Rollenklischees

Girls'- und Boys' Day: Typische Männerberufe sind auch etwas für Frauen

Hicran Songur

NN.de-Redakteurin

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28.04.2022, 18:03 Uhr
Mit Pinseln gewappnet und Farbflecken auf der Kleidung: Landkreismaler Michael Neuner und Klaus Ponner mit den Schülerinnen Blanka und Laura-Sophie am Girls' Day.  

© Berny Meyer, NNZ Mit Pinseln gewappnet und Farbflecken auf der Kleidung: Landkreismaler Michael Neuner und Klaus Ponner mit den Schülerinnen Blanka und Laura-Sophie am Girls' Day.  

Mit einer Malerrolle in der Hand begrüßt uns Blanka. Die 12-Jährige hat mit ihrer Klassenkameradin Laura-Sophie einen Nebenraum im Erdgeschoss des Landratsamt Forchheim gestrichen. Ein Blick in das Zimmer lässt Zweifel aufkommen: "So gründlich und ganz ohne Flecken! Waren hier nur die beiden Mädchen dran?". "Naja fast", gesteht Michael Neuner lachend. Er und sein Kollege Klaus Ponner sind am Landratsamt als Maler tätig. Sie haben die beiden Gymnasiastinnen um 8 Uhr auf dem Kreisbauhof Neuses empfangen. Von dort aus ging es samt Wandfarbe und Malerzubehör ins Landratsamt.

Pandemiebedingt musste der Girls'- und Boys' Day in den vergangenen zwei Jahren ausfallen. "Durch ein Online-Angebot wäre die praktische Umsetzung aber nicht gegeben", erklärt Christine Galster. Seit 2017 ist sie Gleichstellungsbeauftragte und organisiert das Angebot für Schülerinnen und Schüler ab der Jahrgangsstufe fünf. "Um einen Eindruck von dem Handwerk eines Malers oder Schreines zu bekommen, müssen die Mädchen Pinsel und Säge in die Hand nehmen."

Plätze sind heiß begehrt

Doch bevor es so weit ist, werden Laura-Sophie und Blanka die genauen Abläufe erklärt. "Die Leisten abkleben, den Boden mit Malervlies abdecken, die Farbe anrühren - das alles gehört zum Tagesablauf", erklärt Klaus Ponner. Viel mussten die beiden Maler heute nicht tun: "Die Mädchen sind sehr begabt. Es hat auf Anhieb super funktioniert". Nachdem alle Vorbereitungen getroffen sind, geht es an die Pinsel. "Die Ecken und Leisten haben wir mit einem dünnen Pinsel gestrichen. Erst dann durften wir mit den großen Rollen die Flächen streichen", erzählen die Schülerinnen. Aus Sicherheitsgründen dürfen sie nicht auf die Leiter steigen. "Die Rollen mussten mit einem Verlängerungsstab erweitert werden. Wenn die Rolle die Farbe aufsaugt, wird das Ganze schon schwer", so Blanka. Kein Grund, den Beruf des Malers als Männerberuf abzustempeln. "Ich lege die Rolle dann einfach ab und mache nach einer kurzen Pause weiter", erklärt die Zwölfjährige ihre Strategie.

Der Landkreis Forchheim hat dieses Jahr elf Plätze angeboten. "Die waren ruckzuck ausgebucht", berichtet Christine Galster freudig. Heuer sind Schülerinnen und Schüler aus Gymnasien, Mittel- und Realschulen dabei. "Die Teilnehmenden sind zwischen zehn und 16 Jahre alt - eine bunte Mischung", verkündet die Organisatorin. "Sechs Mädchen sind auf dem Kreishof Neuses und dürfen sich als Schreinerinnen, Malerinnen und Straßenwärterinnen probieren. Weitere zwei sind bei der Deponie Gosberg und eine Schülerin ist in Hiltpoltstein beim Obstinformationszentrum und lernt den Beruf einer Gärtnerin in Fachrichtung Obstbau kennen." Für die Schüler stellte der Wildpark Hundshaupten zwei Plätze zur Verfügung. Dort sind die Jungs am Boys' Day als Tierpfleger tätig.

Nicht nur etwas für Jungs

"Der Tag ist ganz praktisch. Auch wenn wir uns nicht dazu entscheiden, Malerinnen zu werden, können wir zu Hause unsere Zimmer streichen", teil Laura-Sophie mit. Warum der Beruf eines Malers als Männerberuf stereotypisiert ist, können die beiden Mädchen nicht nachvollziehen. "Das Streichen ist nicht nur etwas für Jungs. Es macht Spaß und ist richtig cool." Die Maler Michael Neuner und Klaus Ponner bestätigen den Eindruck der Mädchen: "Das Geschlecht spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass man an dem Beruf interessiert ist." Die beiden Gymnasiastinnen sind sich einig: "Schade, dass der Girls' Day nur einmal im Jahr stattfindet".

Jährlich am 28. April bekommen Schülerinnen und Schüler Einblicke in Berufe, die von Klischees besetzt sind. "Statistiken belegen, dass wissenschaftliche, technische und handwerkliche Berufe von Männern dominiert werden, während Frauen öfter als Pflegerinnen und Erzieherinnen tätig sind", erklärt Christine Galster. Durch den Girls' und Boys' Day sollen diese Stereotype gebrochen werden, denn "Berufe haben kein Geschlecht".

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