„Wie Schnee im Kopf, ich habe viele Sorgen“

Umfrage: Das sagen Passanten in Forchheim zum Ukraine-Krieg

Lea-Verena Meingast

Redakteurin Nordbayerische Nachrichten Forchheim

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24.2.2022, 17:51 Uhr
Am Pariser Platz in Berlin fand eine Demonstration zur Unterstützung der Ukraine statt.

© Rolf Zoellner via www.imago-images.de, imago images/epd Am Pariser Platz in Berlin fand eine Demonstration zur Unterstützung der Ukraine statt.

Was denken Passanten in Forchheim über die Nachrichten aus der Ukraine? Wir haben uns umgehört. Einige Jüngere wollten nicht an der Umfrage teilnehmen und äußerten etwa „Ich habe keine Meinung dazu“ oder „Ich interessiere mich nicht für Politik“. Eine Schülerin berichtete, dass sie die Nachrichten mitbekommen habe und sie Thema in den Fächern Geschichte und Geografie waren.

Ukrainerin: "Es ist wie Schnee im Kopf, ich habe viele Sorgen"

„Es ist schrecklich. Mir und meiner Familie geht es gar nicht gut“, sagt die Ukrainerin Katja. Sie ist seit 26 Jahren hier, aber hat Familie dort. „Meine Geschwister leben in der Ukraine. Wir haben heute schon mehrmals telefoniert“, berichtet sie. „Jetzt kann ich sie nicht mehr sehen.“ Auch zuletzt konnte sie nicht für eine Beerdigung zur Familie reisen. Mit den neuesten Nachrichten sei alles noch schlimmer. „Es ist wie Schnee im Kopf, ich habe viele Sorgen.“ Sie hat Angst und will deshalb auch nicht ihren vollen Namen nennen. Sie denkt an den Donbass: „Viele Menschen sind schon tot und haben seit acht Jahren gelitten. Und jetzt das. Krieg macht alles kaputt“, sagt sie kopfschüttelnd.

"Keiner will doch Krieg. Keiner versteht das, auch die Russen wollen das nicht"

Sergej Fröscher

Sergej Fröscher © Berny Meyer, NNZ

Sergej Fröscher ist Inhaber des Fröscher-Markts in Forchheim und verkauft russische Spezialitäten. „Keiner will doch Krieg“, sagt er. Geboren wurde er in Sibirien, aufgewachsen ist er einige Zeit in Estland, 1994 kam er nach Deutschland und hat hier auch die Berufsschule absolviert. Er versteht nicht, wie es soweit kommen konnte. „Keiner versteht das, auch die Russen wollen das nicht. Mir tut das total leid für normale Leute.“ Alles drehe sich ums Geschäft, Politiker machten, was sie wollten. „Keiner denkt an Frieden. Dabei ist die Ukraine kein Feind für Russland. Wir sind wie Brüder, wie Deutschland und Österreich“, sagt er. Im Laden hätten sich heute schon einige über die Lage unterhalten, auch Ukrainer. „Sie wissen nicht wie es weitergeht. Angehörige schildern Explosionen in der Nacht. Bei einem Krieg leiden alle“.

"Die Nachrichten schocken einen"

Klaus Bartosch

Klaus Bartosch © Berny Meyer, NNZ

Klaus Bartosch (63) aus Wiesenthau sagt: „So viele Jahrzehnte kein Krieg mehr in Europa und jetzt das. Die Nachrichten schocken einen.“ Er gehöre zu der Generation, die das Glück gehabt habe, selbst keinen Krieg miterlebt zu haben. Dass jetzt wieder Krieg in Europa herrscht, findet er „einfach schrecklich“. Bis zuletzt habe er auf Deeskalation gehofft. „Vielleicht braucht Putin das zu seiner Selbstbestätigung?“ Er kann nicht nachvollziehen, was den Machthaber genau antreibt. „Man kann nur hoffen, dass sich der Konflikt nicht weiter ausweitet.“

"Das macht einem Angst. Unvorstellbar, dass jetzt Krieg in Europa herrscht"

Vera Meister

Vera Meister © Berny Meyer, NNZ

Vera Meister (39) aus Pinzberg sagt: „Das macht einem Angst. Ich hatte die letzten Tage noch gehofft, dass es anders kommt.“ Ihre erste Reaktion auf die Nachrichten? Unverständnis. „Irgendwie ist es auch unvorstellbar, dass jetzt Krieg in Europa herrscht.“ Auf die Frage, was Putin antreibt, kann sie nur den Kopf schütteln: „Vielleicht eine Persönlichkeitsstörung“, sagt sie mit ernster Stimme. „Man verliert angesichts solcher Entwicklungen ein bisschen die Hoffnung in die Menschheit.“ Dass Putin sich wieder zurückzieht, hält sie für äußerst unwahrscheinlich. „Er ist keiner, der sagen würde, ich habe einen Fehler gemacht.“ Eher glaubt sie, dass es Einfluss hätte, wenn die russische Bevölkerung Unmut äußert oder es einen Putsch geben würde. „Ich habe Angst, dass dies der Anfang von etwas Größerem ist.“ Wenig Hoffnung hat sie, dass die Sanktionen etwas bringen. Aber: „Es ist positiv, dass die EU Geschlossenheit zeigt.“

"Machtkalkül scheint alles zu sein, was für Putin zählt"

Michael Schmid

Michael Schmid © Berny Meyer, NNZ

Michael Schmid (53) aus Forchheim sagt: „Putin hat sich zu einem Diktator aufgeschwungen. Wenn er etwas als russisches Kerngebiet sieht, greift er danach.“ Er selbst hatte gehofft, dass die Deeskalation etwas bringen würde. Immerhin unterhalte Russland wichtige Geschäftsbeziehungen in der EU. Mit den neuesten Nachrichten sähe es anders in ihm aus. „Machtkalkül scheint alles zu sein, was für Putin zählt.“ Auch denkt der Forchheimer an die Auswirkungen hierzulande, wenn der Ölpreis nach oben schnellen wird. „Auf Nato-Gebiet wird sich Putin nicht trauen, aber eine Art Eiserner Vorhang halte ich für möglich.“ Er hofft, dass Sanktionen langfristig schon Wirkung auf Russland haben werden.

"Putin macht, was er will"

Rosa Krügel

Rosa Krügel © Berny Meyer, NNZ

Rosa Krügel (60) aus Ebermannstadt findet es „beängstigend“. Die Eskalation sei da, die diplomatischen Gespräche hätten nichts gebracht. „Putin hat Scholz ins Gesicht gelogen. Der macht, was er will.“ Die angedrohten Sanktionen hätten Putin auch nicht erschüttert. Sie verfolge die Nachrichten weiter. „Das wird Auswirkungen auf uns haben, Flüchtlinge aus der Ukraine werden zu uns kommen.“ Insgesamt sei die Lage traurig. „Corona hat doch schon gereicht. Können wir nicht einfach in Frieden leben?

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