"Diffuses Infektionsgeschehen"

125,6: Warum Fürths Inzidenz nach oben geschnellt ist

29.9.2021, 16:31 Uhr
125,6: Warum Fürths Inzidenz nach oben geschnellt ist

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Wie Landratsamtssprecher Christian Ell auf Nachfrage sagte, handelt es sich bei den Neuinfektionen um "viele Einzelfälle", ein Hotspot sei nicht erkennbar. Zu den meisten Ansteckungen komme es im familiären Umfeld, auch steige die Zahl der Positivfälle an Schulen und Kitas. "Es gibt aber auch hier keine Hotspots."

Die Sieben-Tage-Inzidenz gilt nach wie vor als wichtiger Indikator für die Ausbreitung von Covid-19. Liegt sie stabil über 35 – das ist in Stadt und Landkreis Fürth seit Wochen der Fall – dann gilt die so genannte 3G-Regel. Ungeimpfte benötigen dann beispielsweise für Krankenhaus- oder Restaurantbesuche einen negativen Coronatest. Ansonsten entscheidet die Staatsregierung anhand der Krankenhausampel, ob und wie die Pandemie- Regeln verschärft werden.

Bisher steht die Ampel in Bayern auf Grün. Stufe Gelb wird erreicht, wenn in sieben Tagen mehr als 1200 Corona-Patienten in Krankenhäuser aufgenommen wurden. Das entspräche einer Hospitalisierungs-Inzidenz von 9,13 je 100 000 Einwohner. Am Mittwoch hat das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) 262 (Stand Mittwoch, Vortag: 219) hospitalisierte Fälle ausgewiesen. Stufe Rot ist erreicht, wenn über 600 Corona-Patienten auf Intensivstationen liegen.

Corona: Winterwelle naht

Welche Einschränkungen Gelb oder Rot nach sich ziehen, steht noch nicht fest. Denkbar sind bei Gelb etwa eine Anhebung des Maskenstandards von OP-Maske auf FFP2, Kontaktbeschränkungen und Personenobergrenzen für Veranstaltungen. Bei Rot will die Staatsregierung "umgehend weitere Maßnahmen verfügen", um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern.

Bundesweit liegt die Sieben-Tage-Inzidenz laut RKI aktuell bei 61 (Mittwoch). Der Virologe Christian Drosten hält die aktuelle Beruhigung der Lage für vorübergehend. Weil erst 64,3 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, geht der Wissenschaftler davon aus, dass die Winterwelle zur selben Zeit losrollt wie 2020. Damals sei in der zweiten Oktoberhälfte eindeutig gewesen, "dass wir wieder in einen exponentiellen Anstieg gehen". Das Schließen der Impflücken, mahnt Drosten, müsse gesamtgesellschaftliches Ziel sein.

Landrat Matthias Dießl und Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung haben Unentschlossene dieser Tage eindringlich gebeten, sich immunisieren zu lassen. Dießl bezifferte die Zweitimpfquote in Stadt und Landkreis mit 59,3 Prozent. Ohne Kinder unter zwölf, die noch nicht geimpft werden können, liege sie bei gut 68 Prozent. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen zwölf bis 19 Jahren gab das Landratsamt die Erstimpfquote mit 31 Prozent an. Faktisch dürfte sie höher liegen. Der Grund: Die Zahlen beschränken sich auf das Impfzentrum, Immunisierungen bei Haus- und Kinderärzten berücksichtigen sie nicht.

Nachteile für Ungeimpfte: "Das richtige Signal"

Für Ungeimpfte werden die Zeiten ungemütlicher. Ab 11. Oktober erhalten sie keine Gratis-Tests mehr und ab November keine Entschädigung mehr bei Verdienstausfällen wegen Quarantäne. Für "das richtige Signal" hält das der ärztliche Leiter des Fürther Impfzentrums, Dr. Michael Hubmann: "Der Staat stellt dir frei, wie du dich entscheidest, trag aber bitte die Konsequenzen, auch finanziell."

Den Vorschlag von Norbert Rollinger hingegen, Vorstandsvorsitzender der R+V-Versicherung, höhere Tarife für Ungeimpfte einzuführen, lehnt Hubmann ab. "Unser Gesundheitssystem ist eine Solidar-Konstruktion." Eine Debatte um unterschiedliche Krankenkassenbeiträge sei derzeit nicht zielführend und wenn, dann grundsätzlich zu führen – auch mit Blick etwa auf das Rauchen oder Risikosportarten.

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