Die Corona-Krise fördert das Engagement in Fürth

8.1.2021, 19:14 Uhr
Die Corona-Krise fördert das Engagement in Fürth

© Hans-Joachim Winckler

Verwaiste Sportplätze und geschlossene Schulen: Die Pandemie hat fast alles verändert – darunter auch das Ehrenamt. Zahlreiche Einsätze mussten 2020 ausfallen.

"Es war natürlich ein ganz besonderes Jahr und viele Dinge, die übers FZF normalerweise laufen, funktionierten so nicht mehr", sagt Ute Zimmer vom Freiwilligenzentrum Fürth (FZF) rückblickend.

Kindertagesstätten und Grundschulen beispielsweise hätten wegen der Corona-Regeln schon zeitig keine Ehrenamtlichen mehr hereingelassen – sie betreuen die Kinder normalerweise, helfen ihnen bei Hausaufgaben, lesen ihnen vor oder spielen mit ihnen.

Viele Helfer, wenig Bedarf

Das FZF musste also überlegen: Wie kann ehrenamtliches Engagement trotzdem stattfinden? Und wie halten wir unsere Freiwilligen bei der Stange? Während der vergangenen Monate telefonierten die Mitarbeiter deshalb viel mit ihnen, schrieben Mails und gaben Informationen weiter. Das kam Ute Zimmer zufolge bei den Helfern gut an. "Sobald es wieder geht, wollen sie wieder da sein."

Die Hilfsbereitschaft sei in der Corona-Krise so groß gewesen wie seit der Flüchtlingswelle 2015/16 nicht mehr. "Es ist viel Solidarität da", sagt Zimmer, die immer wieder beobachtet, dass sich Menschen in schwierigen Zeiten verstärkt engagieren. Über die Hotline des FZF waren im Lockdown schnell zehnmal so viele Helfer, etwa für Einkaufsdienste, gefunden wie nötig.

Allerdings mussten sie feststellen: Nur sehr wenige Leute nahmen die Dienste in Anspruch. Bürgermeister Markus Braun, der bei der Stadt für die Vergabe von Ehrenamtskarten verantwortlich ist, weiß auch warum: "Für ältere Menschen ist das Einkaufen ein Stück weit gesellschaftliche Teilhabe." Und die wollten sich viele nicht nehmen lassen.

In Erinnerung blieb ihm eine Aktion unter Federführung des FZF, im Zuge derer 50 Hobby-Näherinnen und -Näher während der ersten Welle zig Masken fertigten – das sei sehr hilfreich gewesen, als die Pandemie ihren Anfang nahm und Mund-Nase-Schutz schwer zu bekommen war.

Die Fäden laufen im FZF zusammen

Von den Helfern, die während der ersten Welle ihre Unterstützung angeboten haben, profitiert das FZF auch jetzt noch: Sie alle wurden angeschrieben, ob sie als Ehrenamtliche in der Datenbank bleiben wollten. Die meisten wollten, so Zimmer. Insgesamt zählt das Netzwerk inzwischen 500 Freiwillige – 100 mehr als Ende 2019. Nicht nur in der Pandemie laufen im FZF die Fäden des Ehrenamts in Fürth zusammen: Wer eine passende Aufgabe sucht und sich an die Stadt wendet, wird an das Zentrum weiterverwiesen.

Dass sich die ehrenamtliche Arbeit im Corona-Jahr verändert hat, beobachtet auch Markus Braun: Das klassische Ehrenamt, beispielsweise bei Hilfsorganisationen, die bei Veranstaltungen mit anpacken, kam fast komplett zum Erliegen. Dafür engagierten sich BRK, THW und Freiwillige Feuerwehren im Katastrophenfall bei allem, was wegen der Pandemie anfiel: Sie lieferten Schutzmaterial und verteilten es, sie bauten das Impfzentrum auf und halfen beim Betrieb mit.

Unter den zahlreichen Freiwilligen in Fürth ist auch Waltraud Heiter. Seit fast vier Jahrzehnten arbeitet die 78-Jährige inzwischen schon ehrenamtlich fürs BRK – und bekam dafür im Sommer das Goldene Kleeblatt. Als Helferin in der Sozialarbeit des BRK ist sie auch für den Blutspendedienst verantwortlich. Zu den Terminen erschienen 2020 so viele Menschen wie noch nie. "Es war phänomenal", sagt sie. Einmal wurden 90 Erstspender registriert – so viele wie noch nie zuvor. "Die Solidarität war fantastisch!"

"Da war Stillstand"

Doch es gibt auch Bedauerliches zu berichten: Wegen des Coronavirus seien die Besuchsdienste in Altenheimen weggefallen, weil das Risiko, sich zu infizieren, für die Freiwilligen zu hoch war. "Da war Stillstand." Auch die BRK-Kleiderkammer und der -Kleiderladen machten dicht. Was Waltraud Heiter in diesen Wochen und Monaten besonders fehlt, ist das Gefühl von Gemeinschaft. Deshalb greift sie umso öfter zum Telefonhörer – genauso wie Ute Zimmer.

Die FZF-Leiterin sieht in Fürth insgesamt eine hohe Bereitschaft zum Engagement. Markus Braun und die städtische Sozialreferentin Elisabeth Reichert stimmen ihr zu: "Es entstehen auf unkomplizierte Weise Bündnisse unterschiedlicher ehrenamtlicher Organisationen, Initiativen und von Einzelpersonen", betont Reichert. Braun treibt in diesen Tagen jedoch die Sorge um, dass sich am bemerkenswerten Einsatzwillen etwas ändern könnte.

Als Sportreferent, zuständig also auch für die Vereine, hat er beobachtet, wie Übungs- oder Abteilungsleitern die Hände gebunden waren, obwohl sie sich gerne losgelegt hätten. "Was passiert, wenn die Pandemie überstanden ist? Werden sich die Ehrenamtlichen daran gewöhnt haben, dass es auch ganz schön ist, wenn man sich nicht jeden Tag freiwillig engagiert? Ob die alle zu uns zurückkehren werden?" Die Zeit wird zeigen, wie es nach Corona mit dem Ehrenamt weitergeht.

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