Noch mehr Post für Piazolo: Fürther Schüler lehnen Wechselunterricht ab

10.2.2021, 19:00 Uhr
Noch mehr Post für Piazolo: Fürther Schüler lehnen Wechselunterricht ab

© Hans-Joachim Winckler

Der Wechselunterricht läuft – und der Protest hält an: Ministerpräsident Markus Söder und Kultusminister Michael Piazolo können ihrer Sammlung nun den nächsten Offenen Brief hinzufügen, diesmal kommt das Schreiben aus Fürth.


Wechselunterricht in Bayern: Lehrer und Schüler äußern massive Kritik


Unterzeichnet ist es von der Jahrgangsstufe 12 des Heinrich-Schliemann-Gymnasiums. Sie fordert – ausdrücklich auch im Namen der Abschlussklassen des Oberasbacher Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums, des Fürther Helene-Lange-Gymnasiums und des Langenzenner Wolfgang-Borchert-Gymnasiums – die Staatsregierung dazu auf, den Schulen die Möglichkeit zu geben, die Unterrichtsform für die Abiturienten selbst zu bestimmen.

In diesen Tagen sitzen viele Jugendliche mit einem unguten Gefühl im Klassenzimmer. Sie bangen um ihre Gesundheit und um ihre Noten. Auch Lehrkräfte äußerten Bedenken, als der Freistaat im Februar die Abschlussklassen der Gymnasien, an FOS und BOS in den Wechselunterricht schickte.

Für Aufsehen sorgten bereits die Offenen Briefe der Schülerinnen und Schüler sowie des Kollegiums des Oberasbacher Bonhoeffer-Gymnasiums; mehrere Schulen solidarisierten sich rasch mit ihnen. Das Fürther Hardenberg-Gymnasium bat mit Blick auf die ansteckenderen Corona-Mutationen das Gesundheitsamt, den Distanzunterricht fortsetzen zu dürfen. Bisher vergeblich.

Die Zwölftklässler des Heinrich-Schliemann-Gymnasiums verleihen den Appellen nun Nachdruck: Die zurückliegenden Tage im Wechselunterricht hätten gezeigt, "dass diese Unterrichtsform im Vergleich zum reinen Distanzunterricht keineswegs einer besseren Vorbereitung auf das Abitur dient".


Kritik am Wechselunterricht: "So fährt man die Schulen an die Wand!"


Gerade vor den Abi-Prüfungen sollten alle auf den gleichen Stand kommen, sagt Stufensprecher Timon Hufnagel (17) den FN. Der Wechselunterricht jedoch bedeute Nachteile für den Teil des Kurses, der sich den Stoff allein zuhause erarbeiten muss, während die Mitschüler mit der Lehrkraft in der Schule sind.

Am "Schliemann" wechseln sich die Gruppen täglich ab. Manche Lehrer versuchen, den Unterricht aus dem Klassenzimmer im Livestream zu übertragen. Doch die Tonqualität sei nicht gut genug, um Wortmeldungen von Schülern zuhause zu verstehen. "Man hört nur die Hälfte", sagt Hufnagel.

Jede Lehrkraft handhabe den Wechselunterricht anders. Wer versucht, beiden Gruppen den Stoff persönlich zu vermitteln, kommt freilich langsamer voran – was auch keine Lösung sei. Sich um beide Gruppen zu kümmern, sei für Lehrkräfte mit einem höheren Zeitaufwand verbunden, geben die Schüler erneut zu bedenken. Timon Hufnagel vermutet außerdem: Der Wechselunterricht diene vor allem dazu, jetzt noch viele mündliche Noten zu machen.

"Alt genug, sich zu organisieren"

Die vergangenen Wochen hätten gezeigt, so die Zwölftklässler, dass sich die Methoden und Abläufe des Distanzunterrichts, an dem alle Schüler online teilnehmen, "zur Stoffvermittlung überwiegend gut eignen". Gerade in den Abschlussklassen – deren Schüler seien alt genug, sich dabei eigenverantwortlich zu organisieren.

Auch mit Blick auf die Gesundheit vieler Familien und vor allem von Schülern mit Vorerkrankungen drängt der Jahrgang deshalb darauf, die Schulen selbst unter Abwägung der Gegebenheiten vor Ort über die Form der Prüfungsvorbereitung entscheiden zu lassen.

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