Meinung und Hintergrund

Verkehrswende in Fürth: Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt

26.11.2021, 06:00 Uhr
Sie sind der Stein des Anstoßes: Die quer parkenden Autos zwischen den Bäumen entlang der Grünanlage. Sie beschädigen den Bewuchs und blockieren die Feuerwehr bei Einsätzen. 

© Winckler Sie sind der Stein des Anstoßes: Die quer parkenden Autos zwischen den Bäumen entlang der Grünanlage. Sie beschädigen den Bewuchs und blockieren die Feuerwehr bei Einsätzen. 

Nein, Städte, die aktuell versuchen, den Autoverkehr zu reduzieren, sind wahrlich nicht zu beneiden. Egal, ob Tübingen Anwohnerparkausweise für große Autos um ein Vielfaches verteuert, Köln mit einer autofreien Innenstadt ab 2030 liebäugelt oder eben Fürth den Parkraum im Hornschuchviertel eindampfen möchte: Unbeliebt machen sie sich mit solchen Vorhaben bei vielen.

Einfach sollte es sich allerdings auch keine Kommune machen beim Bemühen, den Blechlawinen am Straßenrand den Kampf anzusagen und die Verkehrswende anzugehen. Denn: Ja, es ist unbequem, auf einen Stellplatz in unmittelbarer Nähe der Wohnung zu verzichten – für viele aber bedeutet der Wegfall noch mehr als nur weniger Komfort.

Wie soll künftig etwa eine alte Dame den beschwerlichen Weg vom Parkhaus nach Hause mit ihrem Einkauf bewältigen können? Oder die Mutter mit ihren Kindern: Wird sie sich noch mit ihnen ins Schwimmbad aufmachen? Wenn der Weg sie, voll bepackt und mit den Kleinen an der Hand, durchs halbe Viertel führt, eher nicht. Gewerbetreibende fürchten zu Recht um ihr Geschäft, wenn der Stellplatz vor der Tür künftig nicht mehr ihren Kunden vorbehalten ist. Auch die Kosten, die sich mit einem Stellplatz im Parkhaus zu Miete und Nebenkosten summieren, sind ein Faktor, den man nicht klein reden sollte. Ein Auto darf deshalb nicht zum unerschwinglichen Luxusgut werden.

Und dennoch, trotz all dieser nachvollziehbaren Einwände, sollten Städte den Mut haben, sich Alternativen zu überlegen zu blockierten Straßenrändern und Autos, die in Endlosschleife unterwegs sind auf der Suche nach einer freien Lücke.

Fest steht nämlich auch: Metropolen werden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten heißer werden und trockener.

Mehr Grün wird dann gefragt sein, das als Klimaanlage fungiert und das, in Schneisen angelegt, mehr Frischluft in dicht bebautes Gebiet lotst.

Doch nicht nur als Rezept gegen den Klimawandel fungieren solche Flächen künftig. Sie bringen auch eine große Chance für die Menschen mit sich. Können Begegnungsstätten werden, Treffpunkte und Orte zum Spielen.

Aber bis diese Metamorphose gelingt, ist es auch für die Kommunen ein harter Kampf. Sie sind gefragt bei der Suche nach Lösungen, müssen Betroffene begleiten und ihnen bei der Umstellung auf neue Gegebenheiten helfen. Nur wenn man die Menschen dabei nicht alleine lässt, werden sie im besten Fall eines Tages erkennen, wie viel lebenswerter ihre Stadt mit weniger Autos sein kann. Dass die Bürgerbeteiligung, die die Stadt angestoßen hatte, in Sachen Parkplatzwegfall letztendlich wenig Gestaltungsspielraum für die Anwohner ließ, ist in diesem Fall umso bedauerlicher.

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