Dachs-Kurs zeigt steil nach oben

Gänse-Plage, Invasion aus dem Osten, tödliche Viren: So verändert sich Bayerns Tierwelt

14.6.2021, 10:35 Uhr
„Der Feldhase braucht die Hasenapotheke, also eine Vielzahl von Kräutern. Klee zum Beispiel mag er für sein Leben gern“, betont Joachim Reddemann vom Bayerischen Jagdverband. Entscheidend sei die Vielfalt - und die komme in einer leergeräumten, monoton strukturierten Agrarlandschaft zunehmend zu kurz. „Die Population kann sich erst stabilisieren, wenn wir genug Lebensräume schaffen, zum Beispiel mit Blühwiesen und Kräutermischungen“, meint Reddemann. Mit der Population ist auch die Jagdstrecke gesunken. Wurden bis 2010 noch teilweise deutlich mehr als 100000 Feldhasen pro Jahr erlegt, so waren es zuletzt weniger als 60000. Feldhasen sind vor allem in Niederbayern, Ostunterfranken und Westmittelfranken verbreitet.
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Hasenapotheke ist leergeräumt

„Der Feldhase braucht die Hasenapotheke, also eine Vielzahl von Kräutern. Klee zum Beispiel mag er für sein Leben gern“, betont Joachim Reddemann vom Bayerischen Jagdverband. Entscheidend sei die Vielfalt - und die komme in einer leergeräumten, monoton strukturierten Agrarlandschaft zunehmend zu kurz. „Die Population kann sich erst stabilisieren, wenn wir genug Lebensräume schaffen, zum Beispiel mit Blühwiesen und Kräutermischungen“, meint Reddemann. Mit der Population ist auch die Jagdstrecke gesunken. Wurden bis 2010 noch teilweise deutlich mehr als 100000 Feldhasen pro Jahr erlegt, so waren es zuletzt weniger als 60000. Feldhasen sind vor allem in Niederbayern, Ostunterfranken und Westmittelfranken verbreitet. © Foto: Patrick Pleul/dpa

In den 1970ern war der Dachs in Bayern fast ausgerottet. Zur Bekämpfung der Tollwut hatte man lange Jahre Fuchsbauten begast – die Dachse mussten das mit dem Leben bezahlen. Seither wächst die Population wieder beständig, die Jagdstrecke erhöhte sich von 8000 Exemplaren Anfang der 1990er auf zuletzt wieder fast 24.000 Tiere. „Trotz der Bejagung gibt es immer mehr Dachse“, betont Reddemann. „Er ist ein Nahrungsopportunist, geht zum Beispiel in die Maisfelder, wirft die Stängel um und frisst Kolben und andere Pflanzenteile.“ Die Dachse profitieren von der modernen Kulturlandschaft, in der sie Mais, Getreide und Obst im Überfluss finden. Aber auch Regenwürmer, Käfer, Mäuse und Bodenbrütergelege stehen auf dem Speiseplan.
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Dachs-Kurs zeigt steil nach oben

In den 1970ern war der Dachs in Bayern fast ausgerottet. Zur Bekämpfung der Tollwut hatte man lange Jahre Fuchsbauten begast – die Dachse mussten das mit dem Leben bezahlen. Seither wächst die Population wieder beständig, die Jagdstrecke erhöhte sich von 8000 Exemplaren Anfang der 1990er auf zuletzt wieder fast 24.000 Tiere. „Trotz der Bejagung gibt es immer mehr Dachse“, betont Reddemann. „Er ist ein Nahrungsopportunist, geht zum Beispiel in die Maisfelder, wirft die Stängel um und frisst Kolben und andere Pflanzenteile.“ Die Dachse profitieren von der modernen Kulturlandschaft, in der sie Mais, Getreide und Obst im Überfluss finden. Aber auch Regenwürmer, Käfer, Mäuse und Bodenbrütergelege stehen auf dem Speiseplan. © Ralf Kistowski/imago images

Anders als die Gänse, die in Bayern immer häufiger und mancherorts schon zur Plage werden, geht bei den Enten eher die Population zurück. Das schlägt sich auch in der Jagdstrecke nieder. Wurden in den 1990ern im Freistaat noch um die 120.000 Individuen im Jahr erlegt, und in den Jahren darauf sogar teilweise über 140.000, so sind es mittlerweile weniger als 75.000. „Der Rückgang liegt auch an der Zunahme der Waschbären, die in Wassernähe in die Gelege gehen und sie ausräubern. Auch Jungtiere fressen sie“, erklärt Reddemann. Insbesondere für die hierzulande sehr präsenten Stockenten (im Foto zu sehen) bedeute das aber noch kein Artenschutz-Problem. Die Population ist in Bayern immer noch auf einem hohen Niveau.
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Den Enten geht es an den Kragen

Anders als die Gänse, die in Bayern immer häufiger und mancherorts schon zur Plage werden, geht bei den Enten eher die Population zurück. Das schlägt sich auch in der Jagdstrecke nieder. Wurden in den 1990ern im Freistaat noch um die 120.000 Individuen im Jahr erlegt, und in den Jahren darauf sogar teilweise über 140.000, so sind es mittlerweile weniger als 75.000. „Der Rückgang liegt auch an der Zunahme der Waschbären, die in Wassernähe in die Gelege gehen und sie ausräubern. Auch Jungtiere fressen sie“, erklärt Reddemann. Insbesondere für die hierzulande sehr präsenten Stockenten (im Foto zu sehen) bedeute das aber noch kein Artenschutz-Problem. Die Population ist in Bayern immer noch auf einem hohen Niveau. © Foto: Eibner/imago images

Eigentlich müssten die Fasanen-Bestände explodieren, denn der farbenprächtige Hühnervogel profitiert von heißen, trockenen Sommern. Schließlich stammt er aus Zentral- und Ostasien und wurde für die Jagd ab dem 12. Jahrhundert von höfischen Fasanerien nach Mitteleuropa gebracht. Konnten in den 1960ern und 1970ern in Bayern jedes Jahr noch weit über 100.000 Tiere erlegt werden, waren es 2013 nur noch knapp 10.000. Zuletzt stieg die Jagdstrecke wieder auf 15.000 Tiere. „Der Fasan profitiert vom Klimawandel. Wenn die sonstigen Bedingungen stimmen würden, wäre er der Gewinner der Stunde“, meint Reddemann. Doch es fehlt an Lebensräumen, etwa Wasserflächen oder Blühwiesen. Ohne die Nachzucht durch die BJV-Niederwildstation in Wunsiedel, von der pro Jahr 700 bis 1000 Tiere in geeigneten Revieren ausgesetzt werden, könnten sich die Bestände kaum stabilisieren.
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Klimawandel begünstigt Fasane

Eigentlich müssten die Fasanen-Bestände explodieren, denn der farbenprächtige Hühnervogel profitiert von heißen, trockenen Sommern. Schließlich stammt er aus Zentral- und Ostasien und wurde für die Jagd ab dem 12. Jahrhundert von höfischen Fasanerien nach Mitteleuropa gebracht. Konnten in den 1960ern und 1970ern in Bayern jedes Jahr noch weit über 100.000 Tiere erlegt werden, waren es 2013 nur noch knapp 10.000. Zuletzt stieg die Jagdstrecke wieder auf 15.000 Tiere. „Der Fasan profitiert vom Klimawandel. Wenn die sonstigen Bedingungen stimmen würden, wäre er der Gewinner der Stunde“, meint Reddemann. Doch es fehlt an Lebensräumen, etwa Wasserflächen oder Blühwiesen. Ohne die Nachzucht durch die BJV-Niederwildstation in Wunsiedel, von der pro Jahr 700 bis 1000 Tiere in geeigneten Revieren ausgesetzt werden, könnten sich die Bestände kaum stabilisieren. © Foto: Willi Rolfes/ Deutscher Jagdverband

Wildgänse sind in Bayern mittlerweile zu einer wahren Plage geworden. Die Tiere vermehrten sich in den vergangenen zehn bis 15 Jahren geradezu explosionsartig und bevölkern die Ufer etwa am Wöhrder See in Nürnberg (auf dem Foto mit einer Gruppe Kanadagänse) und im Fränkischen Seenland. Vor allem Graugänse werden immer häufiger, aber auch bei Nil- und Kanadagänsen wachsen die Populationen. Noch im Jahr 2005 wurden in Bayern weniger als 2000 der Tiere erlegt, dann stiegen die Jagdstrecken Jahr für Jahr. Zuletzt wurden mehr als 13.000 Tiere im Jahr getötet - trotzdem noch viel zu wenig, um das Wachstum zu stoppen. „Die Wintersterblichkeit ist mittlerweile viel geringer. Die Gänse haben gute Ernährungsbedingungen auf den bayerischen Getreidefeldern und brüten auf Inseln in Altarmen unserer Flüsse oder an Baggertümpeln“, erklärt Joachim Reddemann vom Jagdverband.
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Gänse werden zur Plage

Wildgänse sind in Bayern mittlerweile zu einer wahren Plage geworden. Die Tiere vermehrten sich in den vergangenen zehn bis 15 Jahren geradezu explosionsartig und bevölkern die Ufer etwa am Wöhrder See in Nürnberg (auf dem Foto mit einer Gruppe Kanadagänse) und im Fränkischen Seenland. Vor allem Graugänse werden immer häufiger, aber auch bei Nil- und Kanadagänsen wachsen die Populationen. Noch im Jahr 2005 wurden in Bayern weniger als 2000 der Tiere erlegt, dann stiegen die Jagdstrecken Jahr für Jahr. Zuletzt wurden mehr als 13.000 Tiere im Jahr getötet - trotzdem noch viel zu wenig, um das Wachstum zu stoppen. „Die Wintersterblichkeit ist mittlerweile viel geringer. Die Gänse haben gute Ernährungsbedingungen auf den bayerischen Getreidefeldern und brüten auf Inseln in Altarmen unserer Flüsse oder an Baggertümpeln“, erklärt Joachim Reddemann vom Jagdverband. © Foto: Stefan Hippel

Der etwa fuchsgroße Marderhund ist in Nordostdeutschland eine wahre Plage. Anfang des 20. Jahrhunderts waren Marderhunde zur Pelztierhaltung aus Asien in die Ukraine gebracht worden und dort in die Freiheit gelangt. Sie verbreiteten sich schnell westwärts. In Brandenburg gibt es sogar schon die Vermutung, dass sie den Fuchs verdrängen könnten. Diesseits der Elbe gibt es noch nicht so viele Exemplare, doch auch in Bayern wachsen Population und Jagdstrecke stetig, vor allem in Oberfranken und Teilen der Oberpfalz. „Der Marderhund ist ein sehr starker Räuber, der heimische Arten schädigt, vor allem auch Bodenbrüter“, erklärt Reddemann. Als invasive, gebietsfremde Art darf der Marderhund das ganze Jahr über bejagt werden.
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Invasion der Marderhunde

Der etwa fuchsgroße Marderhund ist in Nordostdeutschland eine wahre Plage. Anfang des 20. Jahrhunderts waren Marderhunde zur Pelztierhaltung aus Asien in die Ukraine gebracht worden und dort in die Freiheit gelangt. Sie verbreiteten sich schnell westwärts. In Brandenburg gibt es sogar schon die Vermutung, dass sie den Fuchs verdrängen könnten. Diesseits der Elbe gibt es noch nicht so viele Exemplare, doch auch in Bayern wachsen Population und Jagdstrecke stetig, vor allem in Oberfranken und Teilen der Oberpfalz. „Der Marderhund ist ein sehr starker Räuber, der heimische Arten schädigt, vor allem auch Bodenbrüter“, erklärt Reddemann. Als invasive, gebietsfremde Art darf der Marderhund das ganze Jahr über bejagt werden. © Foto: Dorian D. Dörge/dpa

Noch viel stärker als bei den Feldhasen geht die Population der Wildkaninchen zurück. Das liegt vor allem auch an den beiden Viruserkrankungen Myxomatose und RHD, die immer wieder zu einem Massensterben führen. „Kaninchen fühlen sich in bebauten Räumen sehr wohl. Während die Population auf dem Land meist stark abnimmt, steigt sie in der Stadt bisweilen sogar“, sagt Reddemann. Die Bauern dürften sich darüber freuen, verursachen die ursprünglich aus Spanien stammenden Tiere doch oft Fraß- und Trittschäden auf den Feldern, aber auch an Bäumen und Sträuchern. Im Jahr 1990 wurden in Bayern noch mehr als 25.000 Kaninchen erlegt, zuletzt waren es weniger als 5000 (wenn auch die Tendenz wieder leicht steigend war).
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Viren raffen Kaninchen dahin

Noch viel stärker als bei den Feldhasen geht die Population der Wildkaninchen zurück. Das liegt vor allem auch an den beiden Viruserkrankungen Myxomatose und RHD, die immer wieder zu einem Massensterben führen. „Kaninchen fühlen sich in bebauten Räumen sehr wohl. Während die Population auf dem Land meist stark abnimmt, steigt sie in der Stadt bisweilen sogar“, sagt Reddemann. Die Bauern dürften sich darüber freuen, verursachen die ursprünglich aus Spanien stammenden Tiere doch oft Fraß- und Trittschäden auf den Feldern, aber auch an Bäumen und Sträuchern. Im Jahr 1990 wurden in Bayern noch mehr als 25.000 Kaninchen erlegt, zuletzt waren es weniger als 5000 (wenn auch die Tendenz wieder leicht steigend war). © Foto: Soeren Stache/dpa

Dass der Waschbär mittlerweile überhandnimmt, liegt vor allem an Wilhelm Freiherr Sittich von Berlepsch, der 1934 zwei Waschbären-Pärchen in Nordhessen aussetzte. Von da an waren die Kleinbären nicht mehr zu stoppen und bauten vor allem in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen beträchtliche Populationen auf. In Bayern gibt es in Unterfranken die größte Dichte, die Tiere vermehren sich exponentiell und verbreiten sich weiter in Richtung Südosten. „Das ist eine ungeheuer starke Dynamik“, meint Reddemann. Die Zahl der erlegten Tiere in Bayern stieg von nahe Null 1998 auf zuletzt 4000 Tiere. „Sie sind kleiner als Marderhunde, aber ausgesprochen starke Räuber“, betont Reddemann. Sogar in Vogelhäuschen würden die Tiere reingreifen.
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Waschbären nicht zu stoppen

Dass der Waschbär mittlerweile überhandnimmt, liegt vor allem an Wilhelm Freiherr Sittich von Berlepsch, der 1934 zwei Waschbären-Pärchen in Nordhessen aussetzte. Von da an waren die Kleinbären nicht mehr zu stoppen und bauten vor allem in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen beträchtliche Populationen auf. In Bayern gibt es in Unterfranken die größte Dichte, die Tiere vermehren sich exponentiell und verbreiten sich weiter in Richtung Südosten. „Das ist eine ungeheuer starke Dynamik“, meint Reddemann. Die Zahl der erlegten Tiere in Bayern stieg von nahe Null 1998 auf zuletzt 4000 Tiere. „Sie sind kleiner als Marderhunde, aber ausgesprochen starke Räuber“, betont Reddemann. Sogar in Vogelhäuschen würden die Tiere reingreifen. © Foto: Peter Steffen/dpa